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12 in 12 – Spassfabrik “Ecole de Nice”

Die Cote d’Azur und insbesondere Nizza ist seit jeher ein Anziehungspunkt für Künstler. Marc Chagall, Henri Matisse und Nikki de Saint Phalle sind nur einige der grossen Namen, die in Nizza zu Hause waren.

Doch für mich gibt es nichts aufregenderes als die Ecole de Nice, jene Ende der 40er Jahre entstandene Vereinigung junger Wilder um Yves Klein und den Dichter Claude Pascal, die mit ihrer Aktionskunst und revolutionären Gedanken eine ganze Generation von Künstlern beeinflusst hat.

Angefangen hatte alles 1947. Yves Klein sass mit Claude Pascal und Arman Fernandez nach einer Trainingssession im Judoclub der Polizei am Strand in Nizza und starrte den Himmel an. Die drei begannen, die Welt unter sich aufzuteilen. Klein nahm für sich den Himmel, Pascal die Luft und Arman das Ufer. Klein machte sich sogleich auf in sein Atelier und versuchte, den Himmel auf die Leinwand zu bringen. Dabei entstand das für ihn so unverwechselbare „Infinite Blue“, das sich von da an wie ein blauer Faden durch die Werke des Künstlers zog.

Von Nouveau Réalisme, zu Fluxus und Supports/Surfaces prägte die Gruppe um Klein und Pascal  eine ganze Ära bis Mitte der siebziger Jahre, was 1977 in einer umjubelten Ausstellung im Centre Pompidou in Paris kulminierte. Klein war 1962 verstorben, doch die Bewegung lebte stärker als je zuvor.

A Propos Nice hiess die Ausstellung in Paris. Sie gilt bis heute als eines der grössten Ereignisse der modernen Kunst.

Yves Klein war schon immer jemand, der mich sehr beeindruckt hat. Als ich damals in New York lebte, versuchte ich, seine Körperabdrücke auf Leinwand nachzuahmen und fand dabei heraus, dass das gar nicht so einfach ist. Doch die Ecole de Nice war eine jener Gruppen, der es weniger um Technik, als um die Idee ging. Das war zu jener Zeit revolutionär.

Ein wichtiger Faktor unterscheidet die Ecole de Nice von anderen Bewegungen wie den Blauen Reitern. Sie hatten Spass, wenn sie sich an einem gedeckten Picknicktisch mitten auf die Strasse setzen und den Verkehr auf sich zuraten liessen, sie hatten Spass wenn sie diskutierten über Gott und die Welt und dabei eine immer verschworenere Gemeinschaft wurden, sie hatten Spass wenn sie miteinander die Welt eroberten und Paris Paris sein liessen.

IKB Blue Monochrome – die von Yves Klein patentierte Farbe.

In den 50er Jahren widmete sich Klein  übrigens den monochromen Bilder, in denen er zunehmend ein monochromes Ultramarinblau einsetzte, das er sich schliesslich 1960 unter der Bezeichnung International Klein Blue (I.K.B.)patentieren liess. Das Blau hat die unheimliche Wirkung den Betrachter tief und mitten in das Gemälde zu ziehen. Klein ist einer der wenigen Maler, der nicht nur ein grandioses Werk, sondern einen eigene Farbe kreiert hat.

Nochmals zurück zum Spass. Spass geht der modernen Kunst oft ab. Doch die Ecole de Nice hat in Perfektion gezeigt, dass sich Intellekt und Spass nicht zwangsläufig ausschliessen – im Gegenteil.

Spass und Intellekt sind wie Butter und Brot. Das eine ohne das andere ist oft nur schwer geniessbar – das Brot zu trocken und die Butter zu fett.  Doch zusammen ist es pure Magie.

Bis Ende Oktober findet übrigens im wiedererblühten Musée d’Art Moderne et d’Art Contemporain in Nizza (MAMAC) die Ausstellung L’Ecole de Nice statt, die äusserst sehenswert ist.

Noch der Vollständigkeit halber. All diese Künstler waren Mitglied der Ecole de Nice:

Marcel Alocco, Arman, Albert Chubac, Noël Dolla, Jean-Claude Farhi, Claude Gilli, Yves Klein, Robert Malaval, Jean Mas, Serge Oldenbourg, Bernard Pagès, Pierre Pinoncelli, Martial Raysse, Patrick Saytour, Ben, Bernar Venet, Sacha Sosno, Martin Miguel, Max Charvolen, Vivien Isnard, Serge Maccaferri, Louis Chacalllis.

12 in 12 – Der Mann am Haupthebel – Joseph Beuys

Ich war wohl etwa 11 Jahre alt, als ich zum ersten Mal mit dem deutschen Künstlers Joseph Beuys in Kontakt kam. Ich glaube, es war eine Ausstellung in Düsseldorf und die Geschichte, die am Familientisch erzählt wurde, war die einer mit Fett und Dreck gefüllten Badewanne, die Beuys im Museum aufgestellt hatte und die dann über Nacht vorn einer übereifrigen Putzfrau blitzblank geputzt wurde. Was für ein Scharlatan, dachte ich damals. Kunst ist das sicherlich nicht. Ich habe keine Ahnung, ob die Geschichte mit der Badewanne stimmt, doch so ist sie mir in Erinnerung und so passt sie auch hervorragend zu Joseph Beuys.

Meine frühe Meinung zu Beuys deckt sich mit seiner Eigenen. Der Mann mit dem Hut hatte sich nie als Künstler verstanden. “Erst wenn wir uns alle Künstler nennen, dann bin ich auch ein Künstler” hatte er immer gesagt. Auch mir ging es immer so, dass ich nicht recht wusste, was ich von den grossen Filz- und Fettskulpturen halten sollte, die ich schon so oft im Museum gesehen hatte. War Beuys ein Scharlatan, der seine Person und seine Visionen geschickt verkaufen konnte oder war er ein Genie?

Hier in Berlin im Hamburger Bahnhof gibt es eine der grössten Beuys-Sammlungen zu sehen. Dazu läuft derzeit gerade der Dokumentarfilm Beuys in den Kinos, der einem den Meister näher bringt. Unsere Museumsführerin im Hamburger Bahnhof brachte ein wenig Licht ins Dunkel der Kunst von Joseph Beuys. Die “Richtkräfte einer neuen Gesellschaft” genannten Wandtafeln, die scheinbar wahllos in einem Raum verstreut waren, finde ich seither umwerfend gelungen.

1974 beschriftete Joseph Beuys 100 britische Schultafeln aus den 60er-Jahren mit seinen gesellschaftlichen Theorien für die Ausstellung „Art into Society – Society into Art“ in der Kunsthalle ICA in London. Über die Galerie René Block in New York zog das Kunst-Objekt zur Biennale in Venedig, anschließend nach Berlin in die Neue Nationalgalerie, dann in den Hamburger Bahnhof.

100 Tafeln, bei denen auf einer an den Enden einer Linie die Worte „east“ und „west“ geschrieben waren und in der Mitte über einer Trennlinie die Worte „Eurasia“ und „Berlin wall“ – die Mauer als Linie der Trennung zweier unterschiedlicher Denksphären, die Beuys als „westlichen Privatkapitalismus“ und „östlichen Staatskapitalismus“ bezeichnete. “Show you wound” steht immer wieder auf den Tafeln. Zeige Deine Schwächen”, getrau dich, denn die Schwäche kann deine Stärke sein.  Beuys kann man durchaus als Erfinder der Aktionskunst und der multimedialen Kunst sehen.

Beuys war seiner Zeit sowas von voraus. Er hat schon vor 30 Jahren die richtigen Fragen gestellt, weil er in den politischen Raum hineingedacht hat und den Fragen nicht nachgelaufen war. Beuys war “Der Mann am Haupthebel”, der immer Ideen hatte und diese dann auch Konsequent umsetzte und dabei stand er immer auch selbst am Hebel.

“Das erste Produkt menschlicher Kreativität ist der Gedanke” sagt Beuys im Dokumentarfilm  “Beuys”. Gedanken = Plastik = Freiheit. Gedanken können die Welt verändern. Das hört sich idealistisch an; stimmt aber.

Beuys stand auch politisch oft direkt am Hebel. Er war Mitgründer der Grünen Partei, warnte vor der eigenständigen Vermehrung des Geldes die Finanzkrise lässt grüssen), sorgte sich um die Umwelt und das Wohl der Allgemeinheit und durchbrach immer wieder Grenzen. Ein kleines Beispiel seiner Sturheit:

Nachdem Kunstprofessor Beuys im Juli 1971 insgesamt 142 von der Akademie abgelehnte Studenten in seine Klasse aufgenommen und das Sekretariat der Kunstakademie besetzt hatte, entließ ihn der damalige Wissenschaftsminister Johannes Rau (SPD). Studenten reagierten mit Hungerstreik und Vorlesungsboykott, Künstler und Schriftsteller wie Heinrich Böll, Martin Walser, David Hockney, Gerhard Richter und Günther Uecker machten sich für seine Wiedereinsetzung stark.

Also, ich habe mich entschieden.  Der Mann mit dem Hut ist sicher kein Scharlatan, sondern einer der wichtigsten Deutschen seiner Generation. Jeder, der über Beuys lacht oder verständnislos vor seinen skulpturartigen Werken steht, sollte ihm noch eine Chance geben. Deutschland ist ärmer ohne Beuys. Verstorben ist er 1986 – drei Jahre vor dem Mauerfall. Doch in seiner Kunst (auch wenn er sie selber nicht so nennt) lebt er weiter.

Der Trailer zum Film Beuys:

12 in 12 – Rosen im Wasser von Giverny

Ich erinnere mich, als ob es gestern war. Es war Ende der achtziger Jahre. Ich stand in London’s National Gallery vor Claude Monet’s Bild der Seerosen unter der japanischen Brücke. Ich war hypnotisiert und tauchte ein ins tiefe Grün der Pflanzen und des Wassers. Ich hatte sie gefunden, meine Einstiegsdroge in die Kunst. Eine Droge, die mich nie mehr losgelassen hat.

Ich stieg zwar später auf andere Drogen um, auf Pollock, Richter, Abramovic, Sherman, Gurksy und Bacon. Monet war mir zu süss und zu Mainstream. Doch ganz verloren ging die Wirkung seiner Werke nie. Monet schafft es, wie wohl kein anderer, eine Unschuld und Ruhe zu kreieren, ohne dabei ins Seichte und Gekünstelte abzudriften.

Ich hatte mir nie wirklich Gedanken gemacht, wo Monet  seine Inspiration hergeholt und die Seerosen unter der japanischen Brücke gemalt hat. Wo sass er, gab es den Ort wirkich, und wenn ja in welcher Stadt und in welchem Land?

Ich hatte vom Garten in Giverny nie gehört. Umso faszinierter war ich, als ich davon erfuhr, dass der Garten in Giverny Monet nicht nur gehörte, sondern dass er dort jede einzelne Pflanze nach einem genauen Plan anpflanzen liess und oft auch selbst Hand anlegte.

Giverny liegt weniger als eine Autostunde von Paris entfernt. Der Garten ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Noch Fragen? Da musste ich hin. Die Brücke und die Seerosen nicht nur sehen, sondern spüren und erleben. Was kann schöner sein?

Ich möchte Euch nicht mit Einzelheiten langweilen. Doch wer hier in Giverny nicht zum Romantiker wird und wer hier nicht spürt, wie schön das Leben sein kann, dem ist nicht mehr zu helfen.

Ja klar, ihr müsst anstehen, um in den Garten zu kommen und allein werdet ihr nicht auf der Brücke stehen können. Doch all das ist egal. Wenn sich die Sonne im Wasser spiegelt, die Seerosen blühen, die Luft vibriert und die Bäume sanft im Wind rauschen, dann verstummen alle Nebengeräusche; dann gibt es nur Monet, die Rosen und dich. Dann kannst du hören, wie der Pinsel die Leinwand streichelt, die Farbe mit Sorgfalt gemischt wird und wie pure Magie entsteht. Dann ist alles im Einklang.

Insgesamt hat Monet 250 Bilder mit seinen “Water Lilys” in Giverny  gemalt. Eines grandioser als das Andere. Monet, der 86 Jahre alt wurde (1840-1926), malte die letzten 30 Jahre seines Lebens kaum ein anderes Motiv als seine Seerosen.

Monet war von seinem Anwesen in Giverny besessen. Er bezeichnete denn auch seinen Garten und nicht eines seiner Bilder als sein grösstes Meisterwerk. Da möchte ich dem Meister lieber nicht widersprechen.

 

12 in 12 – Es muss Sennelier sein

Wir schreiben die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Paris  befindet sich im Umbruch. Schnell und rasant geht es voran. Auf Anordnung des Präfekten George-Eugène Haussmann werden ganze Häuserreihen abgerissen, unzählige Parks angepflanzt und der Eiffelturm errichtet. Paris ist der Nabel der Welt. Mit der Industrialisierung kommt auch die Moderne. Die Attitüde der Bürger verändert sich. In dieser Zeit entsteht in Paris etwas, das die Kunstwelt für immer verändern wird: Der Impressionismus.

Die Darstellung des Lichts und der atmosphärischen Bedingungen in leicht abstrakter aber noch immer leicht erkennbarer Weise, begleiten die Zeit. Neue Techniken werden getestet und verfeinert. Ein weiteres Merkmal: Der teilweise Verzicht auf Schwarz und erdige Farbtöne lässt die gesamte Farbpalette aufhellen.

Während die Impressionisten auch heute noch jedes Kind kennt, hat ein Mann nur geringe Berühmtheit erlangt, ohne den die Karriere von Monet, Cézanne, Turner Gauguin und auch Picasso nicht denkbar gewesen wäre: Gustave Sennelier. Der Chemiker kreierte in seinem Geschäft  am 3, Quai Voltaire  im 7 ème Arrondissement, auf der gegenüberliegenden Seite des Louvre, Farben und vor allem Pigmente. Die Maler der Zeit trafen sich bei ihm und warteten ungeduldig darauf, dass Sennellier neue Pigmente auf den Ladentisch zauberte. Bei Senellier  unterhielten sie sich, prahlten mit neuen Techniken und versuchten gleichzeitig, ihre Konkurrenten auszuspionieren und Aufträge an Land zu ziehen.

Senneliers Farben waren das stille Geheimnis des Impressionismus . Das Grün, mit dem Monet für seine Wasserlinien gemalt und das Blau, mit dem Gauguin seine blauen Bäume auf die Leinwand gezaubert hat, wäre ohne den Chemiker nie und nimmer so unvergesslich geworden.

Der Laden ist bis heute unverändert. Ein Urenkel von Gustave führt den Shop. Bei Senellier gibt es alles, was sich ein Künstler wünscht. Wasserfarben mit hoher Pigmentdichte, Ölfarben in allen Variationen, Aquarellfarben und und und…. Noch heute malen Künstler, die etwas auf sich halten, mit Sennelier.  Da können auch Graham, Winsor und  Gamblin nicht mithalten.

Aber eines dürfen ich und andere Hobbymaler trotz der richtigen Farbenmarke in ihrem Überschwang nicht vergessen: Farbe ist das Eine, Talent das Andere…

12 in 12 – The 14th Factory

Ein verlassenes Lagerhaus in Lincoln Heights, nur wenige Kilometer von Downtown Los Angeles entfernt und dennoch kurz vor dem Zerfall. Die Strassen sind leergefegt und die Gegend ist nicht ganz koscher.

Doch hinter der Tür des Lagerhauses verbirgt sich die beeindruckendste Kunstausstellung, die ich je gesehen habe: 14th Factory von Simon Birch und einer Kollektive von 20 Künstlern, darunter Gary Gun, Doug Foster und Paul Kember. Videoinstallationen, Skulpturen und Bilder, die die Sinne anregen. Ich komme aus dem Staunen kaum noch raus.

Das Ganze ist als Kommentar zu einem Moment in unserer Geschichte, in dem wir so nahe wie noch nie an einem grossen Desaster stehen, zu sehen. Sei es der Umgang mit uns selbst, die Interaktion mit der Welt, die Gewalt, der wir ausgesetzt sind, psychischer oder physischer Art oder die Hilflosigkeit angesichts der Übermächtigkeit der Ungewissheiten – das alles spürt man, wenn man in der 14th Factory steht.

Ich bin überwältigt, als ich mich durch die oft dunklen Räume bewege. Tausende von Gedanken schiessen mir durch den Kopf. Ich bin Neugierig und zögerlich zugleich, fasse Mut, habe Respekt, frage antworte und hinterfrage dann die Antwort.

Ein Autounfall, streitende Arbeiter, Stanley Kubrik, Körper, Gebäude, Höhen und Tiefen, Gigantismus, Bewegung und Stillstand sind nur einige Stichworte. Ich will die einzelnen Werke gar nicht im Einzelnen Beschreiben – auch ein Paar Bilder können nicht erklären, was man hier spürt,

Doch für mich ist das moderne Kunst in seiner Vollendung. Kein simples Abbild der Realität, sondern Inspiration mit einer klaren Handschrift. Bravo.

Ich fühle mich wie in einer Mischung aus Eyes Wide Shut und The Shining. Hier ist alles möglich und zwar in jedem Moment.

Ich bin verwirrt, erleuchtet, traurig, glücklich und ratlos. Was passiert hier gerade mit mir?

Das Projekt soll keinen Gewinn machen. Kunst wird hier keine verkauft. Solange die Leute kommen und das Geld reicht, wird die 14th Factory am Leben bleiben. Wenn alles gut geht, ist das noch bis Ende November.

SImon Birch dreht über die 14th Factory und die Themen drum herum einen Dokumentarfilm, auf den man gespannt sein darf. Ich kann es kaum erwarten.

Das grösste Kunsterlebnis, das ich je hatte. Danke, Simon Birch.

Eine etwas fundiertere Erklärung der 14th Factory als die meine kriegt ihr hier:


 

12 in 12 – Kunst oder keine Kunst?

Traditionelle japanische Kunst ist zwar zum sterben schön, doch kann auch etwas langweilig sein. Immer wieder die gleichen Kampfszenen der Samurai, Frauen im Kimono , Tempel, Hügellandschaften und Kirschblüten, ja natürlich Kirschblüten.

Doch was ist mit der modernen japanischen Kunst? Was hat Japan ausser Takashi Murakami und Yayoi Kusama noch zu bieten? Kein Event bietet dazu eine bessere Übersicht als die International Tokyo Art Fair, an der 150 japanische Top-Gallerien teilnehmen und ihr bestes Pferd im Stall ins Rennen schicken.

Dabei will ich euch gar nicht zu stark mit Namen langweilen und Euch einfach visuell zeigen, was es zu sehen gab. Ich bin beileibe kein Kunstkritiker und bitte, sagt mir wenn ihr das anders seht. Doch ich habe meine Eindrücke in drei Kategorien aufgeteilt: “Das ist Kunst”, “Das ist keine Kunst” und “Ist das Kunst?”

Das ist Kunst

Das ist keine Kunst

Ist das Kunst?

Einverstanden, empört oder entsetzt?

12 in 12 – Frida und Diego

Ihr Schmerz ist in jedem ihrer Bilder sichtbar, ihre Energie unmittelbar spürbar und ihre Zielstrebigkeit und das Chaos auf den ersten Blick erkennbar. Umso erstaunlicher ist es, dass das Atelier Mexikos berühmtester Tochter Frida Kahlo eine Ruhe ausstrahlt, wie kaum ein anderer Platz auf dieser Welt. Hier im Süden von Mexico City, im Stadtteil San Angel, hat Frida zusammen mit ihrem Diego zwischen 1934 und 1940  ihre wichtigsten Werke geschaffen: Sie im blauen und Diego im weissen Haus. Das vom Bauhaus beeinflusste Gebäude wurde für die beiden Streithähne vom gemeinsamen Freund und Stararchitekten Juan Gorman gebaut.

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Diego ist übrigens kein geringerer als Diego Riviera, Mexikos liebster Sohn und bedeutendster Maler, der unsterblich in Frida verliebt war, sie dennoch immer wieder unglücklich machte und sie gleich zweimal geheiratet hat. Die Ehe als wild zu bezeichnen, ist sicher eine Untertreibung.

Ich bin mir nicht ganz sicher, warum mich Frida Kahlo so fasziniert. Wie wohl die Meisten bin ich erst 2002 in Kontakt mit der grossen Künstlerin gekommen, als Salma Hayek die Hauptrolle in “Frida” spielte, und Frida sowohl die Frauen- als auch die Männerwelt zu Füssen lag. Der biographische Film, der zwei Oscars abräumte, brachte  die Symbolfigur des Feminismus, die sich weigerte, ihre kräftigen Augenbrauen auszudünnen und ihren Damenbart zu rasieren und der es  dennoch gelang, Männer wie Trotsky, Picasso, Max Ernst, Paul Éluard, Joan Miró und Kandinsky in ihren Bann zu ziehen, einem breiten Publikum nahe.

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Zeit ihres Lebens litt Frida unter den Folgen eines Busunfalls. Kurz nach ihrem 18. Geburtstag wurde ihr eine Stange durch den Rücken gebohrt. Über Jahre hinweg trug sie deshalb ein Korsett und verspürte immer wieder grosse Schmerzen.  Ihre unzähligen Selbstportraits haben auch deshalb immer etwas sehr strenges und unnahbares an sich.

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Diese Schmerzen ertrug sie ihr ganzes Leben lang, rauchte, trank und erzählte unanständige Witze. Einmal sagte sie: “Doktor, wenn sie mich diesen Tequila trinken lassen, dann verspreche ich Ihnen, dass ich zu meiner Beerdigung nicht trinken werde.” Frida Kahlo schuf mit ihren Bildern etwas völlig Neuartiges – Dinge und Motive, die zu ihrer Zeit alles andere als normal waren. So malte Frida Kahlo farbenfrohe Pflanzen, Tiere, traumähnliche, mystische und religiöse Motive ebenso wie nackte und verwundete Körper, Skelette und Totenköpfe – häufig thematisiert sie in ihren Bildern Geburt und Tod, Sexualität und Gewalt.

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Die Künstlerin zog immer wieder Männerkleidung an und hob in einigen ihrer Selbstporträts ihren Damenbart und ihre kräftigen Augenbrauen besonders hervor. Ein Enfant Terrible, das sich keine Grenzen setzen liess und sich auch sexuell immer genau das machte, was ihr Spass machte. Sie liess sich nie unterkriegen, egal wie schwer gerade alles war. Zitat von ihr:

“Letztlich sind wir fähig, sehr viel mehr auszuhalten, als wir uns vorstellen können.”

1954 im Alter von 47 Jahren starb Frida offiziell an einer Lungenentzündung – die meisten Kunsthistoriker gehen jedoch von einem Selbstmord aus. Diego Riviera kam über ihren Tod nie hinweg. Hier in San Angel ist all das  spürbar. Doch neben all diesem Schmerz spüre ich noch etwas anderes. Ich spüre, dass im Leben vieles möglich ist. Man muss, wie es Frida immer getan hat, nur daran glauben und es auch versuchen. Das kann in Glück oder in Schmerzen Enden. Beides gehört zum Leben und beides sind Erfahrungen, die das Leben bereichern.

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Übrigens, der Vater von Frida kam aus einer bürgerlichen deutschen Familie aus Pforzheim wanderte jedoch mit 18 Jahren nach Mexiko aus. Aus Carl Wilhelm wurde vier Jahre später Guillermo Kahlo, der 1898 die Tochter eines Fotografen heiratete. Frida erblickte neun Jahre später, am 6. Juni 1907, das Licht der Welt.

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Hier der Link zum vollständigen Film, ganz umsonst auf Youtube:

https://www.youtube.com/watch?v=z32lIlzHMvQ

12 in 12 – Der Junge aus dem 1. Jahrhundert

Ich weiss nicht, wie es Euch geht. Doch bei mit kommt es nicht sehr oft vor, dass ein Kunstwerk bleibenden Eindruck hinterlässt oder mich gar prägt. Die wenigen Male, wo dem so war, werde ich allerdings nie vergessen. Es begann mit der japanischen Brücke von Claude Monet, die ich mir als Teenager in der National Gallery in London immer und immer wieder angeschaut habe, dann kam die Landkarte von Jasper Jones, 99 Cents von Andreas Gursky, die Kreidefelsen von Rügen von Kaspar David Friedrich und Black in Deep Red von Mark Rothko.

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Wenn es um alte Kunst geht – und damit meine ich die ganz alte Kunst der Ägypter, Römer und Griechen, bin ich in der Regel immun. Seit gestern has sich das geändert. Ich bin mir nicht einmal ganz sicher warum. Doch es war so.  Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet. Das Museo Barrocco besuchten wir mehr wegen der schönen Villa, als wegen der griechischen und römischen Kunstschätze. Doch als ich im zweiten Stockwerk vor der Büste eines Jungen stand, von der nicht viel mehr bekannt ist, als dass sie aus dem ersten Jahrhundert nach Christus stammt, lief mir ein kalter Schauer den Rücken herunter. Ich sah den Jungen an und war mir sicher, dass er lebte. Er starrte mich an und erzählte mir von seinem Leiden, von seiner Jugend, von seinen Problemen und Ängsten. Ich fühlte mich in die Zeit der Römer zurückversetzt und vergass alles um mich herum. Ich war hypnotisiert ohne Gefühl für Zeit und Raum. Keine Ahnung, wie lange ich vor der Büste stand. Angesicht in Angesicht. Wie kann ein Kopf aus Marmor nur so eine Aura haben? Ich hatte schon hunderte, wenn nicht Tausende ihrer Art gesehen. Normalerweise laufe ich einfach daran vorbei. Ich weiss es nicht und es ist auch egal. Ich weiss allerdings, dass eine Verbindung da war, die mich gleichzeitig traurig und auch glücklich gemacht hat.
Morgen werde ich wieder hingehen ins Museo Barocco. Ich muss wissen, was mir der Junge aus dem ersten Jahrundert dann zu erzählen hat.

 

Die New Yorker Subway – Subway Art

subway_art_copertinaDas ursprünglich 1984 erschienene Buch kommt zum 25. Jubiläum in einer Coffee-Table-Version im Format 29 x 42 cm auf den Markt. Das Buch ist der Goldstandard für alle Graffitikünstler und absolut legendär. Die Stars der Szene, darunter Dondi, Blade, LEE, Zephyr, Seen UA, Duster und Pink sind allesamt verewigt. Das Buch soll übrigens das meist geklaute Buch in den Bibliotheken Amerikas gewesen sein. TrendEngel schlägt vor, die Bibliotheken in Ruhe zu lassen und das Buch ganz einfach im Handel zu erwerben. Subway Art kostet rund 20 Euro bzw. 30. Fr. Falls ihr es online bestellt, nicht mit der Paperback-Ausgabe verwechseln. Mehr dazu auch im folgenden Video:

Wer alles erdenkliche  zur zeitgenössischen Subway-Art wissen will, der sollte mal den Blog http://subwayartblog.com/ testen.

Euer TrendEngel.