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12 in 12 – Fisch, wie ihr ihn noch nie gesehen habt

Das soll schon alles sein? Enttäuscht trotte ich durch die zwei Hallen des Fischmarkts. Ein paar Stände links und rechts. Nicht grösser als der Fischmarkt im Hamburger Hafen. Das ist doch Tokio, das ist der Tsukiji Fish Market, gemäss Reiseführer der grösste und bekannteste Markt der Welt. Vielleicht hätte ich doch früher kommen sollen – um 3 Uhr morgens, damit ich einen Platz für die Thunfischauktion um 5 Uhr gehabt hätte. Vielleicht wäre das besser gewesen. Der Tipp aus dem unfehlbaren Internet, es reiche, wenn man vor 8 Uhr da sei, denn das Treiben sei dann noch genau so spannend, war mal wieder ein Flop.

Ich trete niedergeschlagen aus der letzten Markthalle  ans Tageslicht. Was ist denn das? Auf der anderen Seite der Strasse fährt ein Gabelstapler mit grossen Fischkisten. Schnell hinterher. Der Gabelstapler biegt um die Ecke und… da ist er. Majestätisch thront der Fischmarkt vor mir. Hallen über Hallen, Getümmel, Geschrei, Durcheinander und vor allem enorm viel Fisch. So ähnlich hatte ich es mir zwar vorgestellt.

Doch wenn man dann tatsächlich davor steht, fehlen einem einfach die Worte. Ich kann mir nicht verkneifen, kurz “wow” zu sagen und steuere auf den Markt zu. Der Tsukiji-Markt, der im Prinzip schon lange einem Modernen, neuen und natürlich viel besseren Fischmarkt Platz machen sollte, ist immer noch da – zum Glück.

Plötzlich befinde ich mich mitten im inneren Markt, wo die Grosshändler die ganz heissen Deals aushandeln. Ich weiss, dass man hier als Tourist eigentlich nichts verloren hat, doch ich lasse es mal darauf ankommen. Schliesslich gibt es nirgends ein Schild, das ich entziffern kann und mir den Durchgang verbietet.

Niemand scheint sich an mir zu stören. Hier wird Aalen das Genick gebrochen, werden Tintenfische fein säuberlich filetiert, mit grossen Sägen Thunfische auseinandergenommen, Krebse in Sägemehl gedreht und Seeigel geknackt und verpackt. Insgesamt gibt es hier 400 verschiedene Arten Fisch und Krustentiere – inklusive Walfleisch.

Irgendwas ist anders, als ich mir das vorgestellt habe. Irgendwas. Doch ich komme im Moment nicht drauf. 900 Grosshändler mit insgesamt 60’000 Angestellten haben hier ihre Bleibe. Sie sind seit Morgens um 3 Uhr vor Ort und packen kurz nach 9 wieder ihre Sachen. Hier kann man sich verlaufen. Unendliche Gänge und Fisch, so weit das Auge reicht.

Der Fischmarkt wurde während des grossen Erdbebens 1923, das grosse Teil Tokios verwüstete, zerstört. 12 Jahre dauerte es, ehe der Tsukiji Market fertiggestellt war und zwischen dem schicken Stadtteil Ginza und dem Sumida-Fluss  sein zu Hause fand. Etwas mehr als 80 Jahre später sollte der Markt im Vorfeld der olympischen Spiele weichen. Doch der Boden der neu gewählten Lokalität soll verseucht oder verschmutzt sein (so genau weiss das niemand) und alles ist erst mal auf Eis gelegt.

Die Thunfischauktion ist legendär. Am letzten Neujahrstag wurde für einen einzigen Thunfisch eine halbe Million Dollar hingeblättert.  Pro Tag werden bis zu 3000 Thunfische verscherbelt. Es gibt sie also noch, die Delikatesse des Meeres, deren Bestand Jahr für Jahr bedrohlich abnimmt. Die Japaner essen vor allem Blue Fin Tuna, was soviel wie Thunfisch mit blauer Flosse heisst. 80% der Blue Fins werden in Japan vertilgt – 80%!!!. Niemand isst so viel Fisch wie die Japaner.

Alles dreht sich in Japan um den Thunfisch. Während ich zu Hause ein gutes Stück Lachs-Sashimi jederzeit einem Stück Thunfisch vorziehe, bin ich in Japan mittlerweile auf den Geschmack gekommen. Das liegt daran, dass der Thunfisch bei uns meist nach Nichts schmeckt und mich teilweise gar anekelt. In Japan schmeckt der  Thunfisch wie aus einer anderen Galaxie. Wer einmal Fatty Tuna der höchsten Qualität gegessen hat, für den ist Thunfisch von Yo-Sushi oder wie auch immer Eure lokale Sushi-Spelunke heisst, gestorben. Hört sich total versnobbt an, ist aber Tatsache.

Ach ja, irgendwas ist hier anders, als ich mir das vorgestellt hatte, hatte ich euch doch erzählt, doch ich wusste nicht genau warum. Jetzt weiss ich es. Es riecht hier nicht nach Fisch. Kein Fischgeruch weit und breit. Das liegt wohl daran, dass der Fisch hier so frisch ist, wie sonst nur direkt vom Fischerboot. Weder die Aale, noch sonst einer der Fische riechen nach Fisch. Total überraschend.

Ach ja, ich kann dann auch gleich noch mit einem weiteren Vorurteil aufräumen. Japan sei teuer und der Fischmarkt auch. Alles falsch. Japan ist billiger als Europa und Fisch kriegt man wohl nirgends auf der Welt so günstig wie hier auf dem Markt in Tokio.

12 in 12: Mutig oder dumm wie Brot? Der Fugu-Test

Menschen tun immer wieder Sachen, die sie eigentlich nicht tun sollten. Mit Haien schwimmen gehen, Free Climbing, Base Jumping, Fallschirmspringen, Drogen nehmen und und und… Die Suche nach dem nächsten Nervenkitzel ist für viele ein Lebenselixier.  Gehört ihr auch dazu?

Ich würde mich nicht unbedingt als Draufgänger bezeichnen. Doch hin und wieder packt mich auch der Wahnsinn. Schon als Teenager hatte ich von dem sagenumwobenen Fisch namens Fugu gehört, den die Japaner essen, obwohl er das Gift Tetrodotoxin in  sich trägt, das bis zu 1000 Mal stärker ist Zyanid und unweigerlich zum Tod führt. In Japan gibt es nur wenige Spezialisten, die den Fisch sezieren können, ohne dass sich Gift und Fleisch vermischen. Zwei Jahre Training und dann eine enorm schwierige Prüfung sind die Voraussetzung für den Job. In Europa ist der Verkauf des Fisches denn auch in den meisten Ländern verboten.

Fugu essen gilt als Mutprobe aber auch als Delikatesse. Er soll zudem eine aphrodisierende und  berauschende Wirkung haben. Doch schon nur das Gift in der Menge eines Stecknadelkopfes führt in kürzester Zeit zum Tod, einem unangenehmen Tod, in dem man gelähmt wird und dann sozusagen im Wachschlaf leidet, bis man nicht mehr kann. Toll, warum will das jemand freiwillig ausprobieren, ja warum?

In Tokyo gibt es eine ganze Reihe von Fugu-Restaurants und auch auf dem Fischmarkt gibt es einige Spezialisten, die Fugu-Sashimi zubereiten. Mit einem speziellen Messer sezieren sie den Fisch und schneiden hauchdünne Scheiben ab. Sie wissen, was sie machen und haben einen guten “Track Record”. Die meisten Unfälle mit Fugu passieren denn auch nicht, wenn ein Spezialist am Werk ist, sondern wenn ein Angler sich den Fugu selbst zubereiten will.

Im Prinzip wollte ich keinen Fugu essen. Doch als mich ein Freund darauf ansprach, ob ich denn schon Fugu gegessen hätte, packte mich doch die Neugierde. Für weniger als 20 Franken ist eine kleine Portion superfrisches Fugu-Sashimi zu haben. Wie schlimm kann den das schon sein? Da will ich mich mal nicht lumpen lassen und kaufe gleich mal eine Portion. In gebrochenem Englisch erklärt mir der Verkäufer, Fugu sei auf dem Teller nicht gefährlich, sondern nur lebend im Aquarium. Ich solle Tiger-Fugu kaufen, denn der sei der Beste. Jaja, der sei auch giftig, schmeckt dafür aber besonders gut.

Dem Rat folge ich denn auch. Tiger-Fugu soll es sein. Mit der Beute im Rucksack mache ich mich auf den Weg nach Hause. Im japanischen Zimmer wird die Köstlichkeit ausgepackt. Etwas Bedenken habe ich schon. Jahr für Jahr beissen einige Japaner ins Gras, die vom Fugu Wunderdinge erwarten. Erst soll es auf der Zunge etwas kribbeln, dann wird sie betäubt und nach und nach setzen die Funktionen im ganzen Körper aus.

Mhhh….jetzt könnte ich noch zurück. Niemand treibt mich, Fugu zu essen. Es steht keine Wette aus und der Stolz würde nicht verletzt, wenn ich es nicht tue. Doch neugierig bin ich schon, wie so ein Fugu schmeckt. OK, ich tue es. Es ist so weit. Damit ihr ganz nahe dabei sein könnt, habe ich den Moment auf Video aufgenommen. Will he eat it or not, will he die or will he survive? Schaut Euch das Video an, dann wisst ihr mehr: