Der nächste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ ist erschienen. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Diese Episode beschäftigt sich mit Los Angeles. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor über 15 Jahren an den Washington Square Park in Manhattan zog. Damals kam mir das Village noch wild und ungeordnet vor. Doch für die Alteingesessenen war da schon eines klar: Die Gentrifizierung macht unser Quartier kaputt.
Kein Künstler könne sich mehr leisten, hier zu wohnen, nur noch die finanzkräftige Wirtschaftselite habe das Geld, hier ein Apartment zu mieten oder zu kaufen. Die ersten Starbucks-Filialen setzten sich fest, das Multiplex-Kino, ein H&M und schicke Restaurants waren die Vorboten von dem, was noch kommen sollte.
Ich fand diese Klagerei immer etwas bemühend. Jaja, früher war alles besser. Früher, als Du aufpassen musstest, dass Du unten auf der Strasse nicht überfallen wurdest, früher, als Du noch jung warst und keine Verantwortung hattest, früher als der Kaffee noch einen Dollar kostete…
Ich fand das Village inspirierend. Ich konnte es kaum abwarten, die Cupcakes der Magnolia Bakery zu probieren, den Käse von Murray’s zu kaufen, bei Babbo das Tasting-Menu für 35 Dollar zu kosten und mir bei Joe’s einen Kaffee zu holen. All das hatte für mich immer noch viel Authentizität und Dynamik, strotzte vor Kreativität und Energie und war Spannung pur. Es gab keinen Ort, an dem ich zu dieser Zeit lieber gewesen wäre, als im Village oder auch in Soho.
15 Jahre später bin ich wieder in New York. Klar, ich war in der Zwischenzeit einige Male zu Besuch hier. Doch meist eher kurz, Freunde besuchen und gut essen. Da hatte ich jeweils nicht so richtig gemerkt, dass sich die Stadt verändert hatte.
Sie hat sich verändert und zwar wie. Genrifizierung in Vollendung würde ich mal sagen, was immer das heissen mag. Die Häuser sind noch immer traumhaft schön, das Kopfsteinpflaster hat noch immer Löcher und die Fassaden sehen auf den ersten Blick noch total nach Vintage aus. Doch wenn ich genauer hinsehe, dann steckt hinter dieser “unperfekten” Oberfläche viel Perfektion – zu viel. Alles ist so aufbereitet, wie man sich New York aus dem Bilderbuch vorstellt.
Jeder Laden ist ein Millionengeschäft. Wer nicht eine “Big Brand” vertritt, der hat hier keinen Platz mehr. Besonders Soho fühlt sich mittlerweile an wie Disney World. Eine grosse Open Air Mall fast ausschliesslich mit Touristen gefüllt, ohne Herz und ohne Seele.
Gentrifizierung. Jaja, früher war alles besser. Ich hasse es, wenn das jemand sagt. Ehrlich gesagt habe ich nichts gegen einen gewissen Grad an Gentrifizierung. Für mich bedeutet das auch Sicherheit und Qualität. Doch was zu weit geht, das geht zu weit. Ich habe keine Lust, dass die viellecht “greatest city on earth” bald so aussieht, wie irgend eine x-beliebige moderne Stadt in China. New York soll New York bleiben.
Zurück zur Frage: Wieviel Gentrifizierung ist zuviel… soviel wie in Soho und leider auch im Village ist die Antwort.
Der letzte Eintrag aus Los Angeles. Der Moment, die Stadt zu bewerten, ist gekommen.
Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:
Die Leute: 7
Die Leute in LA sind extrem freundlich und entgegenkommend. Für ein kurzes Gespräch sind sie immer gerne zu haben. Manchmal fehlt es etwas an Tiefe, doch manchmal finde ich gerade das sehr angenehm…manchmal.
Kulturelles Angebot: 9
Wem es hier langweilig wird, der ist selber Schuld. In Sachen Musik und Film gibt es wohl kaum eine bessere Stadt und auch Kunst und Theater sind hier gut vertreten. Dazu kommen unzählige schräge Events, die es nur in L.A. gibt.
Food: 9
Los Angeles steht ganz oben, wenn es um das kulinarische Wohl geht. Besonders wenn es um Street- oder Fast-Food geht ist die City of Angels nicht zu schlagen.
Preisniveau: 6
Los Angeles ist eine günstige Stadt, wenn man sie mit anderen entwickelten Metropolen vergleicht. Hier kann man für 10 Dollar super essen und zwar jede erdenkliche Küche auf allerhöchstem Niveau.
Öffentlicher Verkehr: 3
Ohne Auto ist man hier ziemlich aufgeschmissen. Zwar gibt es Metro und Busse und wird bald auch nochmals kräftig in den ÜV investiert. Doch auch danach wird es nicht Moskau oder Tokio sein. Wer ein Auto hat (und das hat fast jeder) und nicht allzu grosse Distanzen zurücklegen muss, für den ist L.A. allerdings sher angenehm zu navigieren. Es macht Spass, hier mit dem Auto unterwegs zu sein (falls man der Rush Hour entwischt).
Wetter/Klima: 10
Es gibt Untersuchungen, die sich mit dem besten Klima auf diesem Planeten beschäftigen. Los Angeles steht dabei immer ganz oben auf der Liste. Bei mir auch. Es gibt kein angenehmeres Klima als in L.A. Warm am Tage und etwas kühler in der Nacht. Dazu die kalifornische Sonne, die wirklich immer scheint.
Sicherheit: 8
Der Ruf von L.A. ist schlechter als die Realität. Mir ist in L.A. noch nie auch nur annähernd was passiert. Die Stadt ist total sicher. EInige Gegenden sollte man vielleicht meiden. Doch das ist ja wohl überall so.
Fun/Feel-Good-Factor: 9
Der Vibe in dieser Stadt ist unschlagbar. Mein Stimmungsbarometer steigt ins Unendliche, sobald ich hier ankomme. Alles ist locker, der Californian Lifestyle ist kein Werbeslogan, sondern existiert wirklich und ist einfach ansteckend.
Coolness/Kreativität: 8
Los Angeles ist für mich der Trendsetter in den USA schlechthin. Hier sitzen die Kreativen des Landes und das merkt man. Die Mischung aus Retro und Neu passt ganz genau,
Gesamtergebnis: 69 Punkte
Das ist zusammen mit Tokio der Spitzenplatz,
Hier die Übersicht:
Los Angeles ist eine der spannendsten, wenn nicht gar die spannendste Stadt überhaupt, wenn es um Food geht. Doch bevor ich Euch die besten Tipps für den Magen verrate, noch was Anderes. Scheut euch nicht davor, mal Ferien nur in Los Angeles zu machen. Vergesst San Francisco und die Fahrt auf dem Highway Nr 1. Los Angeles bietet alles und noch viel mehr. Und in Los Angeles bitte nicht den Anfängerfehler begehen und in Santa Monica übernachten. Mietet Euch eine Wohnung in Silver Lake, dem coolsten Stadtteil der Stadt.
Hier die Food-Tipps:
Porto’s Bakery
Als die Porto-Familie 1960 aus Kuba nach Los Angeles kam, hätten sie sich nicht träumen lassen, dass sie mal ein Imperium an Bäckereien führen würden, die von allen neidlos als die besten der Stadt anerkannt werden. Ob das Cuban Sandwich, die Dulce de Leche Kekse, den Cheesecake, den Guava-Strudel, die Florentiner oder der Kaffee – bei Porto’s schmeckt alles sowas von lecker. Die Filialen sind übrigens alle auf der “anderen” Seite des kleinen Hügels namens Hollywood Hills. Früher wars da mal uncool. Das war früher…
Von In-N-Out-Burger hab ich euch ja schon vorgeschwärmt. Immer alles frisch, nichts aus der Dose oder tiefgefroren. Für mich der perfekte Burger. Bestellt den Double-Double mit grilled onions und seit sprachlos, wenn ihr dafür weniger als 4 Dollar bezahlt. Wer ganz mutig ist, der bestellt Fries Animal Style. Ist nicht auf der Karte – doch versucht es einfach.
Katsu-Ya Sushi
Los Angeles kann es mit Tokio aufnehmen, wenn es um Sushi geht. Wenns um Sushi-Rolls geht, ist Los Angeles gar einen Schritt voraus. Mein Liebling ist Katsu-Ya und zwar der am Ventura Boulevard in Studio City. Der Lunch Special ist unschlagbar und Crispy Rice und Popcorn Shrimps ein Genuss.
Guerilla Tacos
Einer der besten Food-Trucks neben Kogi ist Guerilla Tacos. Hier werden mexikanische Tacos neu erfunden. So kreativ und alles extrem frisch. Jakobsmuscheln auf dem Taco? Kein Problem. Sweet Potatoes and goat cheese? Yummy. Frisch gefangener Schwertfisch? Voila.
Sqirl
Das Ricotta Brioche von Sqirl ist to die for. Auch der Crispy Rice und der French Toast dürfen sich sehen lassen. Einer der ersten Vertreter der farm to table Bewegung ist noch immer ganz oben auf meiner Liste.
Baco Mercat
Baco Mercat in Downtown LA hat vor einigen Jahren mal den Preis des Trendengel-Restaurants des Jahres gewonnen. An der Qualität der Bacos hat sich nichts geändert. Einfach top.
Es ist kurz nach neun Uhr Abends am Sunset Boulevard mitten in Hollywood. Gleich fängt im legendären Comedy Store die Late Show an. Der Laden ist sowas wie das Wembley Stadion der Stand-Up-Comedians. Seit bald 50 Jahren tritt hier auf, was Rang und Namen hat. Der Comedy Store hat die Karriere von Chevy Chase, Chris Rock, Jerry Seinfeld, Amy Schumer, Martin Lawrence, David Letterman, Eddie Murphy, Robin Williams und vielen anderen lanciert.
Heute Abend stehen gleich 5 Superstars auf dem Programm und das alles für gerade mal 20 Dollar. Margaret Cho, Dane Cook, Kevin Nealon, Mark Maron und Tom Green alle in der selben Show. Ein ganz normaler Abend im Comedy Store. Tom Green? Echt? Das kann doch nicht sein, sagt ihr jetzt bestimmt. Doch, das kann sein. Es ist tatsächlich Tom Green, der Tom Green. Der Tom Green? Der Groschen vielleicht doch nicht gefallen? Dann helfe ich Euch gerne etwas nach.
Ende der neunziger Jahre war Tom Green ein Superstar – auch bei uns. Auf MTV (damals war MTV noch relevant) hatte er die Tom Green Show, in der er lustige Streiche spielte und hier und da mal einen Schritt zu weit ging. Der Vorgänger und das Vorbild von Jackass & Co, Der Feind aller Eltern und der Held aller Unangepassten…zwischen Peinlichkeit und Genie (keine Ahnung, wie ich mich damals krumm lachen konnte). Danach heiratete Green kurzerhand die Schauspielerin Drew Barrymore, liess sich nach nur einem Jahr wieder scheiden und war spätestens 2001 seit dem Film “Freddy Got Fingered”….endgültig weg vom Fenster.
Endgültig? Nicht ganz. Da steht er nun wieder auf der Bühne im Comedy Store. 45 Jahre alt, unverheiratet, keine Freundin und keine Kinder. “Ja, ich weiss ich bin alt. Doch dann brauch ich wenigstens keine Angst davor zu haben, dass ich jung sterbe” sagt er, und ich weiss nicht genau, ob ich lachen soll oder nicht.
“Kinder? Dann hab ich schon lieber einen Hund. Wenn ich mit dem Auto aus der Garage fahre und aus Versehen den Hund aus überfahre, dann sammel ich den Hund einfach auf, stecke ihn in eine Plastiktüte und rein in die Mülltonne. Danach gehe ich wieder zur Tagesordnung über, als ob nichts geschehen ist. Wenn mir das Gleiche mit einem Kind passiert, dann muss ich zumindest ein paar Formulare ausfüllen (then there is paperwork involved)”. Krass findet ihr? Ich finde das lustig…
So ist die amerikanische Stand-Up-Comedy. Immer die Grenzen ausloten. Political correctness wird im Comedy Store vor der Tür gelassen.recht so.
“Vor den Wahlen hatten so viele Amerikaner gesagt: Wenn Trump gewinnt, dann ziehe ich nach Kanada.” Wie habt ihr Euch das eigentlich gedacht? Einfach nach Kanada ziehen? Das ist ein anderes Land!!! Das ist genau so, als ob jemand von Mexiko in die USA zieht. Das geht nicht einfach so. You are the fucking Mexicans now!!!!
Tom Green mag zwar nicht mehr den Madison Square Garden füllen wie Dane Cook, keine Sitcom im TV haben wie Kevin Nealon und Mark Maron. Doch ihm zuzuschauen ist ein Genuss bzw. ein Guilty Pleasure. Im Comedy Store ist die Welt noch in Ordnung. Hier wird zwei Stunden nonstop gelacht. Auf der Bühne stehen Vollprofis, die nicht so peinlich sind wie Möchtegern-Comedians unserer Breitengrade Bülent Ceylan, Oliver Pocher und Andreas Thiel.
In Los Angeles gibt es Comedy Clubs wie Sand am Meer. Jeden Abend steigen im Comedy Store, der Laugh Factory, im Improv, im Groundlings, im UCB und im Icehouse zwischen 2 und 5 Shows. Jeden Abend. Egal ob alleine oder in der Gruppe. Hier kommt man auf andere Gedanken und manchmal ist das genau das, wonach man sucht.
Ich war übrigens vier Mal in einem Monat im Comedy Store. Eine Neuentdeckung möchte ich Euch nicht vorenthalten. Iliza Schlesinger. Statt erzählen, wie gut sie ist, hier ein Video:
Und hier ein Flashback zur Tom Green Show (ich habe Euch gewarnt):
Ein verlassenes Lagerhaus in Lincoln Heights, nur wenige Kilometer von Downtown Los Angeles entfernt und dennoch kurz vor dem Zerfall. Die Strassen sind leergefegt und die Gegend ist nicht ganz koscher.
Doch hinter der Tür des Lagerhauses verbirgt sich die beeindruckendste Kunstausstellung, die ich je gesehen habe: 14th Factory von Simon Birch und einer Kollektive von 20 Künstlern, darunter Gary Gun, Doug Foster und Paul Kember. Videoinstallationen, Skulpturen und Bilder, die die Sinne anregen. Ich komme aus dem Staunen kaum noch raus.
Das Ganze ist als Kommentar zu einem Moment in unserer Geschichte, in dem wir so nahe wie noch nie an einem grossen Desaster stehen, zu sehen. Sei es der Umgang mit uns selbst, die Interaktion mit der Welt, die Gewalt, der wir ausgesetzt sind, psychischer oder physischer Art oder die Hilflosigkeit angesichts der Übermächtigkeit der Ungewissheiten – das alles spürt man, wenn man in der 14th Factory steht.
Ich bin überwältigt, als ich mich durch die oft dunklen Räume bewege. Tausende von Gedanken schiessen mir durch den Kopf. Ich bin Neugierig und zögerlich zugleich, fasse Mut, habe Respekt, frage antworte und hinterfrage dann die Antwort.
Ein Autounfall, streitende Arbeiter, Stanley Kubrik, Körper, Gebäude, Höhen und Tiefen, Gigantismus, Bewegung und Stillstand sind nur einige Stichworte. Ich will die einzelnen Werke gar nicht im Einzelnen Beschreiben – auch ein Paar Bilder können nicht erklären, was man hier spürt,
Doch für mich ist das moderne Kunst in seiner Vollendung. Kein simples Abbild der Realität, sondern Inspiration mit einer klaren Handschrift. Bravo.
Ich fühle mich wie in einer Mischung aus Eyes Wide Shut und The Shining. Hier ist alles möglich und zwar in jedem Moment.
Ich bin verwirrt, erleuchtet, traurig, glücklich und ratlos. Was passiert hier gerade mit mir?
Das Projekt soll keinen Gewinn machen. Kunst wird hier keine verkauft. Solange die Leute kommen und das Geld reicht, wird die 14th Factory am Leben bleiben. Wenn alles gut geht, ist das noch bis Ende November.
SImon Birch dreht über die 14th Factory und die Themen drum herum einen Dokumentarfilm, auf den man gespannt sein darf. Ich kann es kaum erwarten.
Das grösste Kunsterlebnis, das ich je hatte. Danke, Simon Birch.
Eine etwas fundiertere Erklärung der 14th Factory als die meine kriegt ihr hier:
Ich habe in meinem Leben so einige Vorbilder gehabt. Mache habe ich noch immer. Eines davon ist der Maler und Regisseur David Lynch. Filme wie Blue Velvet, Lost Highway und Wild At Heart haben meine Jugend geprägt und seine Kunst löst bei mir so viele Emotionen aus. So nahe wie im neuen Dokumentarfilm; David Lynch: The Art Life, der hier in Los Angeles gerade im Kino läuft, war ich ihm jedoch noch nie.
Ein Zitat des grossen Malers und Regisseurs aus dem magischen Film ist mir besonders geblieben:
“Als ich zum ersten Mal in Los Angeles die Sonne Kaliforniens gesehen habe, hat mich alle Angst verlassen”.
Das war 1970, als er Lynch ein Stipendium am Center for Advanced Film Studies in Los Angeles erhielt und aus dem grauen Philadelphia nach Kalifornien kam. Seither lebt und arbeitet Lynch in Los Angeles.
Es hört sich etwas pathetisch an. Doch genauso wie Lynch geht es mir auch immer, wenn ich in Los Angeles ankomme. Sobald ich die Sonne sehe, verliere ich meine ganze Angst. Es gibt kein schöneres Gefühl, als alle Angst zu verlieren. Das nenne ich dann Freiheit.
Was ist wichtiger für Euch? Dass das Arbeitsklima oder die Qualität Eures Jobs? Ist es egal, wenn ihr Euch nicht mit Euren Mitarbeitern versteht und jeder gegen jeden kämpft statt alle miteinander, solange ihr einen fetten Pay Check mit nach Hause nehmt und die Arbeit an sich herausfordernd und interessant ist oder ist das Gift?
Für mich ist die Antwort klar: Ohne gutes Arbeitsklima macht kein Job der Welt Spass. Ein gutes Klima und Zusammenhalt ist für mich das A und O, damit ich am Morgen gerne aufstehe und mit Freude zur Arbeit gehe. Im Englischen gibt es den schönen Ausdruck: “You might be flipping burgers”. Dieses Idiom wird eingesetzt, wenn sich jemand über seinen Job beschwert nach dem Motto: Weisst Du eigentlich, wie gut Du es hast – Du könntest ja auch in einem Burgerladen arbeiten und den ganzen Tag Burger wenden.
OK, den ganzen Tag Burger wenden ist nicht mein Traumjob. Doch wer diesen Ausspruch erfunden hat, war bestimmt nie in der Burgerkette In-N-Out. Das 1946 gegründete kalifornische Fast-Food-Restaurant, das in seinen über 300 Filialen die besten Burger der Welt zu wahnwitzig tiefen Preisen produziert, ist das Paradebeispiel, dass Arbeit, die auf den ersten Blick langweilig aussieht, dennoch erfüllend sein kann.
Hinter der Kasse und in der Burgerküche bei In-N-Out stehen unzählige Helfer, die dafür sorgen, dass die Burger frisch und lecker an die Schlange stehenden Gäste geliefert werden. Die Angestellten tragen eine Retro-Uniform und sind immer guter Laune, wirklich immer.
Schon in dem Moment, wo man In-N-Out Burger betritt, fange auch ich an zu lächeln. Die glücklichen Gesichter der Angestellten sind ansteckend. Hier kann ich nicht anders, als alle Sorgen vor der Tür zu lassen und einen Burger geniessen. Bein In-N-Out möchte ich auch gerne mal “Burger flippen”. Hier herrscht Teamgeist, jeder Einzelne ist stolz, für In-N-Out arbeiten zu dürfen und fühlt sich pudelwohl. Auf Indeed.com belegt In-N-Out jeweils einen der aller vordersten Plätze, wenn es um den besten Arbeitgeber geht. Dafür gibt einige Gründe. In-N-Out zahlt 17% mehr als andere Fast-Food-Ketten, die Angestellten kriegen einen Retirement Plan und weitere Benefits, es gibt einen klaren Karriereplan und wer es zum Manager schafft, kann ein sechsstelliges Jahresgehalt verdienen, der Arbeitsplan wird auf die persönlichen Bedürfnisse ausgerichtet, Teilzeit ist möglich. 80% der Store Manager der über 300 In-N-Out-Burger haben ganz unten im Unternehmen angefangen.
Warum erzähle ich Euch das? Nur wer ein gutes Arbeitsklima hat, wer Lob und Anerkennung für seinen Einsatz erhält und wer stolz ist, für seinen Arbeitgeber zu arbeiten, ist wirklich glücklich. Die angenehme Nebenwirkung: Die Produktivität eines Unternehmens steigt, wenn die Angestellten gerne zur Arbeit kommen. Druck und Drohungen wirken allerhöchstens kurzfristig, denn Loyalität und Engagement leiden, wenn man sich nicht wohl fühlt.
Ich habe zwar nicht vor, bald Burger zu flippen – doch ich weiss, dass ich in einem Job – ob als Manager oder als Arbeiter – vor allem ein Ziel habe – zum guten Arbeitsklima beizutragen.
Es gibt Filme, die an der Kinokasse durchgefallen sind, aber dennoch eine riesige Fangemeinde haben. Donnie Darko ist ein Solcher. Vor 15 Jahren kam Donnie Darko in die Kinos. Für mich einer der coolsten Filme aller Zeiten. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, im wunderschönen Vista-Theater in Los Angeles, eine Aufführung mit dem Regisseur Richard Kelly und einem Teil der Schauspieler zusammen anzuschauen.
Zwar war Kelly auch dieses Mal nicht bereit, zu erklären, worum es im Film genau geht. Doch das hätte ich auch nicht gewollt. “Es geht um das Ende der Reagan-Zeit” – mehr ist aus ihm nicht rauszuholen.
Wer sich nicht mehr an Donnie Darko – übrigens die erste richtige Rolle von Jake Gyllenhaal – erinnert, hier ist eine Synopsis:
Die Handlung spielt im Oktober des Jahres 1988. Donnie Darko ist ein intelligenter und kreativer, aber psychisch labiler Teenager, der mit seinen Eltern, einer älteren und einer jüngeren Schwester in einer Kleinstadt in Middlesex, Virginia, lebt. Er wird von einer Psychiaterin in Sitzungen und mit Medikamenten behandelt. In der Nacht des 2. Oktober stürzt das Triebwerk eines Flugzeuges auf das Haus seiner Familie und trifft Donnies Zimmer. Er überlebt nur deshalb, weil ihm in der Nacht zuvor ein Wesen namens „Frank“ in einem Hasenkostüm erschienen ist. „Frank“ hatte Donnie dazu gebracht, das Haus zu verlassen.
Wer jetzt immer noch nicht weiss, wovon ich spreche – hier ist der Trailer:
Und wenn ihr jetzt immer noch nicht wisst, was Sache ist….WATCH THE MOOOOOOOVIEEEEEE!!!
Der Saal war übrigens bis zum letzten Platz ausverkauft. Einige der Zuschauer hatten ihr Hasenkostüm mitgebracht…only in L.A.
Ich hatte schon fast vergessen, wie nervenaufreibend es damals war, als ich nach New York gezogen bin und versucht habe, die Infrastruktur in meiner kleinen Wohnung im Village aufzubauen. Ich weiss nicht, wie lange ich damals mit dem Internet-Anbieter Time Warner an der Strippe war – doch insgesamt waren es Tage und keine Stunden. Traumatische Erlebnisse…
Ich kenne sie mittlerweile alle, die Kundendienstzentren dieses Landes, in deren Telefondschungel man hilflos umherirrt und von einem Band zum anderen verwiesen wird, um im Endeffekt erfolglos wieder aufzulegen. Doch wie gesagt, ich hatte sie fast vergessen oder besser gesagt verdrängt, diese Erlebnisse. Bis heute.
Silverlake, Los Angeles. Im Mietwagen auf dem Weg in unsere Wohnung. Da versagt plötzlich die Gangschaltung des automatischen Getriebes. Der Motor bleibt im ersten Gang stecken und der Rückwärtsgang geht gar nicht mehr. Ich schaffe gerade noch die letzten Meter nach Hause. Den Mietvertrag des Autos rausgeholt und sofort bei Dollar angerufen. Welch ein Wunder. Nach einigen Minuten habe ich eine richtige Stimme am Draht. Judy wird’s schon richten. Ich weiss, dass ich Geduld haben muss. Freundlich sein, ist die Devise. Judy tut, was sie kann. Nach einer halben Stunde hat sie mit dem Flughafen Burbank Kontakt aufgenommen und mit der Station dort vereinbart, dass sie einen neuen Wagen vorbei bringen. Zwei Stunden oder weniger soll das gehen, sagt sie. Keinesfalls mehr. Wir sollen auf der Strasse warten und das schon in circa 30 Minuten. Man weiss ja nie wieviel früher die Jungs aus Burbank kommen, meint sie.
Toll, das klappt ja wie am Schnürchen. Meine Frau und ich wechseln uns mit dem Warten ab. Nach 30 Minuten sind wir draussen. Wir wollen den Retter in der Not ja schliesslich nicht verpassen. 60 Minuten: Fehlanzeige. 90 Minuten – noch immer nichts. Gleich wird er kommen. Ich habe es im Blut. Zwei Stunden oder weniger hiess es ja.
2 Stunden sind um. Kein Auto weit und breit. Es ist heiss in der kalifornischen Sonne. Als nach zweieinhalb Stunden noch niemand da ist, rufe ich nochmal bei Dollar an. Der Abschleppwagen sei bereits losgefahren, heisst es, als ich endlich wieder jemanden am Apparat habe. OK, dann kann es sich ja nur noch um Minuten handeln. Burbank ist ja nur 10 Meilen von uns entfernt. Ich bin guter Dinge.
Eine weiter Stunde später ist noch immer nichts von Dollar zu sehen oder zu hören. Wieder rufe ich den Kundendienst an. Nochmals die gleichen Fragen: Are you safe? Who am I speaking to? What is your phone number und und und… meine Nerven. Der Wagen sei losgefahren, heisst es ein weiteres Mal. Ich sage, das hätte man mir schon vor einer Stunde gesagt und er solle nochmals nachhaken. Das tut er.
Eine weitere Stunde später. Während ich mit dem Customer Service telefoniere und wieder die gleiche Leier abspule, schaltet sich endlich der Abschleppwagen ein. Der Customer Service verbindet mich. Er ist in der Nähe – endlich. Ich gehe ihm entgegen. Fast sechs Stunden später habe ich ein neues Auto. Ich steige ein, lasse den Motor an und schaue auf den Screen. “Maintenance required” heisst es da. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ein neues Auto und dann das? “Wartung erforderlich”. Ich schalte das Auto aus und wieder ein. Wie beim Computer ist das immer die beste Lösung. Doch da ist sie wieder diese Anzeige: “Maintenance required”. Pahh. Der Typ vom Abschleppdienst sagt, er habe es auch bemerkt, doch das falle nicht in seinen Bereich. Ich solle das einfach bei Dollar melden. Wahrscheinlich nur ein Ölwechsel der ansteht, meint er.
Wieder hänge ich mich ans Telefon und melde den Fehler. “Thank you for calling Dollar” meint Dave. Ich bleibe ruhig und freundlich. Dave kann ja nichts dafür. Ich habe absolut keine Lust, den Wagen wieder einzutauschen. “Fährt das Auto”, fragt mich Dave. “Ja”, sage ich, “noch fährt es”. Dave rät mir, bis zum Ende der Mietzeit mit der Warnmeldung durchzuhalten. Also, drückt mir die Daumen, dass der Wagen hält. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und der Tag gelaufen. Thank you Dollar. Amerika, you have a problem…