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12 in 12 – So trinkt man einen Caffè

caffe-2Wie trinkt man einen Caffè? Eine dumme Frage? Vielleicht. Ich will hier auch niemanden belehren. Richtig oder falsch gibt es nicht. Doch hier meine Methode, die ich mir in Rom angeeignet habe:

Zuallererst die Basics. Ein Caffè ist in Italien immer ein Espresso – in meinen Augen die einzig akzeptable Art, Kaffee zu trinken. Wer also in Italien in eine Bar geht und einen Caffè bestellt, kriegt einen Caffè, nicht einen Latte, nicht einen Americano, nicht eine Schale oder einen was auch immer: einen Caffè.

Die wichtigste Regel gleich vorweg: Von dem Moment an, wo man den Caffè kriegt, hat man 10 bis maximal 20 Sekunden Zeit, bevor der Caffè stirbt.

Stirbt? Ja, genau. Stirbt, tot, aus und vorbei. Danach kann man ihn gleich weggiessen.
Und ja, genau deshalb trinken die Italiener ihren Caffè immer an der Bar. Sie wollen ihn nicht sterben sehen.

Warum die 20- (oder für manche auch  10) Sekundenregel? Also: Der Espresso und damit die schwarze Flüssigkeit, ist das Herz des Caffè, die Crema (nennen wir sie mal salopp Schaum) die Seele. Die Crema ist der bittere Teil des Caffè. Sie “schwimmt” obenauf  und an ihr beissen sich Barristas (und Jura-Kaffeemaschinen) oft die Zähne aus. Nach spätestens 20 Sekunden löst sich die Crema mehr oder weniger auf und verschwindet aus dem Caffè. Die Seele steigt in den Himmel, der Geschmack auch und der Kaffee ist tot.

Also, wenn man die Tasse kriegt, dann mit dem Löffel kurz umrühren, um Luft in die Flüssigkeit zu rühren, Herz und Seele etwas zu vermischen, wodurch sich das Aroma erst so richtig entfaltet. Dann mit zwei oder maximal drei kleinen Schlucken den Caffè trinken.

Der Caffè wird mit ca. 80 Grad oder etwas drüber gebrüht. Die Tasse ist vorgewärmt. Dennoch kühlt sich der Caffè gleich etwas ab. Der Metalllöffel hilft da auch nicht.  Die Temperatur bleibt für 20 Sekunden auf rund 65 Grad. Das ist perfekt.

Ein Glas Wasser zum Caffè ist nicht Pflicht, aber ratsam. So neutralisiert man die Geschmacksnerven, um den Kaffee richtig geniessen zu können.
So einfach ist das.

Bester Caffè in Rom? Roscioli. Der Kaffee dort ist von Gianni Frasi di Giamaica Caffè aus Venedig. Kostenpunkt: 1 Euro. Der Italiener sagt übrigens: Sobald Du mehr als einen Euro für einen Caffê bezahlst, wurdest Du über den Tisch gezogen.

12 in 12 – Cinema Farnese – Kapitel 4

Cinema Farnese
Ein Fall für Alfredo Conte

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Kapitel 4

30 Jahre wohnt Roberto Ginelli in der gleichen Wohnung. Er ist bescheiden geblieben. Daran hat auch der grosse Erfolg seines Forno Campo de’ Fiori nichts geändert. Das Mansardenzimmer liegt nur einen Steinwurf von seiner Bäckerei entfernt, an der Vicolo delle Grotte, fünf Stockwerke die steilen Treppen hinauf. Inspektor Alfredo Conte ist ganz ausser Atem, als er oben ankommt. Er muss erstmal tief durchatmen.

Das Klingeln hat Ginelli nicht gehört.  Conte klopft dreimal sanft an der Tür. Ein Schlurfen, ein Schlüsseldrehen und die Tür geht auf. Dunkel war es in der Wohnung von Ginelli. Ein mächtiges durcheinander und zwar nicht das der Sorte geordnetes Chaos, sondern schlimmer. Papierhaufen überall und ein unangenehmer Geruch. Hinter den Stapeln sieht man die Umrisse eines Cheminées. Auf dessen Sims steht schön eingerahmt ein Schwarz-Weissfoto von seiner grossen Liebe Mariella Novelli aus der Schulzeit. Irgendwie traurig anzusehen. Die unerwiderte Liebe. Doch für Sentimentalitäten war jetzt keine Zeit. Das wusste der Inspektor.

„Komm, wir gehen nach draussen“ sagt Ginelli, zieht den Vorhang auf und öffnet die Balkontüre. Wow. Das ist Magie. Vom kleinen Balkon sieht man über die Dächer von Rom, direkt auf die Hügel Trasteveres und die wunderschöne Chiesa San Trinidad del Pellegrini. In der Ferne ist der Petersdom zu sehen. „Giuliano, ich muss ein ernstes Wörtchen mit dir reden“ kommt Conte gleich zur Sache. „Ich habe gehört, du hast Novelli am Abend vor seinem Tod in der Öffentlichkeit bedroht. Du hast zu ihm gesagt, er habe dein Leben zerstört, dich verraten und getäuscht und dafür werde er büssen, schwer büssen.“

Ginelli nickt. Er lässt den Blick Richtung Trastevere schweifen. „Ich habe ihm aber nichts angetan. Das musst du mir glauben, Alfredo, auch wenn ich zugeben muss, dass mich Novellis Tod nicht trifft. Er hat nichts anderes verdient. „Das hat niemand verdient,“ entgegnet Conte und schickt die Frage nach der Beretta hinterher. „Ja, das stimmt. Ich habe eine Beretta. Die ist auch ganz legal angemeldet. Irgendwo hier muss sie sein.” Ginelli macht sich daran, einige der Papierhaufen zur Seite zu schieben. Dann bückt er sich und nimmt einen Teil der Fussleiste ab. Aus dem Geheimfach zieht er eine Schachtel, die er sogleich öffnet. Sie ist leer.

Keine Beretta. Ginelli ist entsetzt. „Ich weiss auch nicht…sie war letzte Woche noch da. Ganz bestimmt. Das kann nicht sein. Niemand wusste, wo ich sie versteckt habe und Besuch hatte ich auch keinen. Ich weiss nicht.” Conte bleibt gelassen und legt Ginelli die Hand auf die Schulter. “OK, wenn du es wirklich nicht weisst, brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen. Ich bitte dich trotzdem, die Stadt vorerst nicht zu verlassen. Ich muss da ein paar Sachen klären.

Es sah nicht gut aus für Ginelli. Doch war er tatsächlich in der Lage, jemandem den Revolver an die Schläfe zu legen und  eiskalt abzudrücken?

Zurück auf dem Revier findet Conte einen Zettel auf seinem Schreibtisch. GEHEN SIE ZUM GRUNDBUCHAMT steht dort in grossen Lettern drauf. Hatte das mit dem Mord im Cinema Farnese zu tun? Warum zum Grundbuchamt? Ging es ums Kino, um das Hotel, die Bäckerei oder vielleicht das Theater oder gab es eine weitere Spur, die er bisher noch nicht berücksichtigt hatte? Conte knöpfte sein hellbeiges Hemd zu und machte sich auf den Weg. Draussen fegte der Wind durch die Strassen des Centro Storico. Der Inspektor wollte sich auf keinen Fall erkälten.

Cinema Farnese Kapitel 1
Cinema Farnese Kapitel 2
Cinema Farnese Kapitel 3

12 in 12 – Einbahnstrasse – Clet Abraham

Hier im Centro Storico von Rom gibt es einen witzigen Graffitikünstler, der sein Unwesen treibt. Ist Banksy in Rom oder hat Invader, der Franzose mit den witzigen Space Invader Mosaiken, eine neue Passion?

Nein, die veränderten Verkehrsschilder sollen von Clet Abraham gesprayt werden, heisst es. Er ist ursprünglich Franzose und damit seit einigen Jahren auch in anderen Städten in Italien, sowie international in New York und London unterwegs. Auf Instagram seht ihr, was er alles so cooles macht.

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12 in 12 – Was zu Hause ist

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„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird“, hatte schon der deutsche Dichter Christian Morgenstern vor über 100 Jahren festgestellt.

Ich weiss nicht wie es Euch geht. Doch für mich hat der alte Herr Morgenstern damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Zu Hause zu sein, sich zu Hause zu fühlen, ist die Grundvoraussetzung fürs Glücklich sein. Das Gefühl, mit einer Landschaft, mit Menschen, mit Gewohnheiten, Sitten und Gebräuchen verbunden zu sein, gehört zu unseren wichtigsten Grundemotionen.

Zu Hause ist für mich nicht dort, wo ich geboren oder zur Schule gegangen bin und auch nicht dort, wo ich meine erste eigene Wohnung oder ersten Job hatte, sondern dort, wo ich mich wohl fühle oder wie es Morgenstern besser sagte: verstanden werde.

Doch was trägt dazu bei, dass man sich wohl fühlt bzw. verstanden wird? Ist es der Ort, die Bleibe oder die Leute, mit denen man sich umgibt? Wie schnell entsteht ein zu Hause und wie lange ist es das? Eine Bauernregel dazu gibt es keine und eine Antwort darauf kann ich auch nicht geben – doch subjektive Empfindungen habe ich schon.

Moskau schenkte mir die wunderschöne Erfahrung, mich schon nach nur einer Woche zu Hause zu fühlen. Das war ein Glücksfall – ein unerwarteter. Unsere Wohnung war dabei der zentrale Faktor. Hier war ein Künstler zu Hause. Hier hatte jeder einzelne Gegenstand seine Bedeutung. Hier lagen positive Gedanken in der Luft. Auf wundersame Weise führte das zu einer Vertrautheit und einem Wohlfühlen, das mir Sicherheit, Ruhe und Geborgenheit gegeben hat. Wie ist das bei Euch zu Hause?

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In Rom erlebe ich Ähnliches. Zwar lässt mich die modern und unpersönlich eingerichtete Wohnung, ganz nahe des so charmanten Campo de’ Fiori, kalt. Doch schon das Schweifen lassen des Blickes von der Terrasse über die Dächer Roms, die Geräusche, die von der Strasse nach oben dringen und die Spaziergänge durch verwinkelte Gassen, machen mich zufrieden und lassen mich ein ganz klein wenig zu Hause fühlen.

Es wird oft unterschätzt, dass auch eine Stadt ein Freund sein kann. Ein guter, richtiger Freund. Ein Freund, der zu einem steht und der einen nie enttäuscht. New York beispielsweise ist mein Freund. Mein Freund New York, mit dem ich sechs Jahre zusammenlebte, aber den ich vor über zehn Jahren verlasen habe, wartet auf mich und ist immer für mich da, wenn ich ihn brauche. Ich verstehe ihn und er mich, auch wenn ich ihn eine Weile nicht gesehen habe. Er gibt mir Geborgenheit, in der Sekunde, in der ich wieder die Luft um ihn einatme. Dieser Freund hört mich, unterstützt mich, lacht mich nicht aus, lässt mich in Ruhe, tritt mir in den Arsch, stärkt mir den Rücken, bewahrt mich vor Fehlern und lässt mich gleichzeitig Fehler machen. Er kämpft für mich.

Ich bin gespannt, welche der 12 Städte, die wir in den nächsten Monaten besuchen, auch zu meinem Freund und Partner in Crime werden. Ich will da noch gar kein Urteil fällen – auch nicht für Moskau und Rom. Denn Freundschaften bzw. Freunde werden erst so richtig getestet, wenn man sich länger nicht mehr sieht.

Ich bin davon überzeugt, dass das Heimatgefühl auch davon geprägt wird, wie lange man irgendwo verweilt. Wiederholte Abläufe, die sich emotional positiv auswirken, tragen dazu bei. Der allmorgendliche Gang zum Forno Campo de Fiori und die flotte Begrüssung dort, das Erwachen der Stadt beim Joggen entlang des Tibers, das Lächeln des Barristas bei Roscioli, wenn er mich fragt, ob ich noch ein Glas Wasser will, das „Salve“ beim Tabacchiere wenn ich die Buskarte kaufe – das alles kann, je öfter sich die Abläufe wiederholen, Heimatgefühle auslösen und zwar starke und bleibende.

Die Wohnung, die Stadt und die Leute. Ja, die Leute. Ich könnte mir kaum vorstellen, dass sich ein zu Hause entwickeln kann, ohne die Vertrautheit und Liebe einer oder mehrerer Personen. Das zu entwicklen an einem neuen Ort ist schwierig – sehr schwierig.  Einen guten Freund oder einen Partner zu finden, der einem Vertrautheit, Geborgenheit und…ja genau, Heimatgefühle gibt, ist die Grundvoraussetzung für Zufriedenheit. Da habe ich grosses Glück, dass diese Person bei mir in jeder Stadt ganz einfach immer mit dabei ist.

Heimat ist ein innerer Zustand.

12 in 12 – Gammarelli: Hier trifft man den Papst

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Habt ihr Euch auch schon mal gefragt, wo der Papst seine Klamotten einkauft? Nimmt er sein MacBook, geht auf Papst.com und klickt sich seine neue Soutane, die Mozzetta und das Pileolus in den Farben der Saison versandkostenfrei in den Vatikan? Natürlich nicht. Der Papst wird seit 1846, als damals Pius IX gewählt wurde, von Gammarelli eingekleidet.

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Gammarelli ist ein von aussen unscheinbares Geschäft an der Via di Santa Chiara 34, gleich um die Ecke des Pantheon. Im Schaufenster ist die neuste Kollektion der liturgischen Gewänder ausgestellt. Echt schick. Preisschilder gibt es selbstverständlich keine. Es braucht etwas Überwindung, in den Laden einzutreten. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich dürfe hier nicht rein. Ich weiss auch nicht warum. Komm schon, nur Mut.

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Einmal drin, wird einem die Scheu genommen. Edle Stoffe überall, Dankesschreiben der hohen Geistlichen und die Portraits der letzten neun Päpste an der Wand. „Schaut Euch nur um”, sagt der Verkäufer. Wir sind ganz alleine im Laden – allein mit unzähligen Roben und Gewändern.

Wieviel die päpstliche Robe kotet, will uns der Herr im Laden nicht verraten. Ein schlichtes schwarzes Gewand für einen Prister koste so 500 bis 1’000 Euro, sagt er.  Na das sind doch vernünftige Preise – immerhin ist’s massgeschneidert.

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Im Schaufenster fallen mir zwei Paar Socken auf. Eines in rot, eines in Lila. Soll ich mir ein Paar kaufen oder ist das schon Blasphemie, schiesst mir durch den Kopf. Ach, was weiss ich denn schon, doch lieber nicht. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich versuche, an etwas anderes zu denken. An die Geschichte der Gammarellis beispielsweise. Der Laden wurde 1798 gegründet und befindet sich noch immer in Familienbesitz – in der siebten Generation. Es soll der älteste ständig von der gleichen Familie geführte Laden in Rom sein.

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Im Laufe der Jahrhunderte wurden von Gammarelli tausende Seminaristen und Priester, sowie hunderte Bischöfe, Kardinäle und Päpste ausgestattet. Während der Konklave, wo alle Kardinäle den Papst wählen, werden von Gammarelli drei weisse Gewänder in unterschiedlichen Grössen für den neuen Papst angefertigt. Allzeit bereit sozusagen.

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Zeit, wieder zu gehen. Ich verabschiede mich freundlich, ja so freundlich, dass ich mich leicht verbeuge. Was sollte das denn? Auf keinen Fall negativ auffallen, wenn ich schon nichts gekauft habe, dachte ich wohl. Als ich aus dem Laden trete, kommt mir ein Geistlicher in weisser Kutte entgegen. Der ist bestimmt hier, um sich von der neuen Winterkollektion von Gammarelli was Schönes auszusuchen. Wen interessiert da schon die Paris Fashion Week.

12 in 12 – Cinema Farnese – Kapitel 3

Cinema Farnese
Ein Fall für Alfredo Conte

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Kapitel 3

Als Inspektor Conte von der Piazza Santa Caterina della Rota auf das Caffe Peru zusteuert, sieht er sie schon dort sitzen. Theatermaestro Emanuele Bruno, Hotelbesitzer Mauro Piselli und Gastrokönig Stefano Totti. Der vierte Platz ist leer. Conte kannte Piselli und Totti gut. Er war mit ihnen zur Schule gegangen. Die Beiden waren in der Klasse über ihm und fanden schon deshalb, sie seien ihm weit überlegen. Das hatte sich in den letzten 30 Jahren nicht geändert.

„Ist der Stuhl noch frei?“ fragt Conte und setzt sich ohne auf einen Antwort zu warten hin. „Schlimme Sache“ bricht Emanuele Bruno das etwas zu lange andauernde Schweigen. Die beiden anderen nicken. „Was erzählt man sich denn so im Quartier?“, versucht Conte das Gespräch anzukurbeln. Wieder ist es Bruno, der zuerst antwortet. „ Dies und das. Nichts Konkretes.“

Conte merkt, dass er heute ausnahmsweise nicht auf die Redseligkeit der Gruppe zählen kann. Er ändert die Strategie. „Wir wissen, dass Novelli von jemandem erschossen wurde, der ihn gut kannte. Der Mörder sass direkt neben Novelli, wohl in ein Gespräch verwickelt, zog seine Pistole und schoss ihn eiskalt in die Schläfe“. Das sitzt. Die drei gut betuchten älteren Herren rutschen unruhig auf ihrem Stuhl hin- und her und schauen sich gegenseitig an. „Na gut, sie werden es ja ohnehin von jemandem erfahren. Da kann es ja auch von mir sein“ ergreift Mauro Piselli das Wort. „Roberto Ginelli kam vorgestern Abend so um 6 Uhr hier im Caffe vorbei. Wir sassen zu viert am Tisch und spielten Karten. Roberto nahm sich einen Stuhl, setzte sich zu uns, schaute eine Weile stumm zu und dann schrie er Giuliano an – aus heiterem Himmel. Er habe sein Leben zerstört, ihn verraten und getäuscht und dafür werde er büssen, schwer büssen. Dann stand er auf und machte sich aus dem Staub.“

Na, das war doch schon mal was, denkt sich Conte. Doch irgendwie war das alles viel zu einfach. „Da fällt mir ein, dass Ginelli immer schon eine Beretta hatte“ doppelt Totti nach. „Vielleicht kann man da mal nachhaken.“ „Vielen Dank, das werde ich tun“ entgegnet Conte.

Ein Alibi hatten die drei. Piselli sei mit Totti und einer Flasche Wein bis spät in die Nacht auf dessen Terrasse gewesen, Emanuele Bruno mit seiner Frau in der Pizzeria Montecarlo. Da gäbe es genügend Tischnachbarn, die dies bezeugen können.

Bevor sich der Inspektor verabschiedet, fragt er Totti noch, wie es den Plänen für seine neue Osteria gehe. Die Vierte im Quartier,  die ihm gehören würde. Warum er dies wissen wolle, fragt Totti forsch. Ach, nur so, sei nicht weiter wichtig . „Ich habe einen Standort im Auge, doch im Moment liegt die Sache auf Eis“ erklärt Totti in wieder etwas freundlicherem Ton.

Conte ordnet seine Gedanken. Das Alibi von Bruno schien wasserdicht. Totti und Piselli hingegen deckten sich gegenseitig. Piselli hatte Geldsorgen. Das wusste Conte. Das Hotel Lunetti war langsam baufällig, eine Renovation unausweichlich. Doch die Banken bockten. Totti hatte Piselli deshalb angeboten, das Hotel zu kaufen und ihn dann als Geschäftsführer einzusetzen. Doch das liess sein Stolz nicht zu.

Wenn es um Novelli ging, war Totti immer etwas distanziert. Bei den grossen Premieren im Cinema Farnese  blieb er selten bis zum Schluss und auch im Caffe Peru war er nur dabei, wenn Pieselli und Bruno auch mit am Tisch sassen. Doch das musste nichts bedeuten. Erstmal war es die Plicht des Inspektors, sich nochmals Bäckermeister Ginelli vorzuknöpfen. Warum hatte der ihm nichts vom Vorfall im Caffe Peru erzählt und wo war seine Beretta?

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12 in 12 – Der allererste San Lorenzo Carnival

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Die Musik dröhnt durch die Strassen. Südamerikanische Klänge und Rhythmen, die auch noch so zurückhaltende Passanten dazu animieren, das Tanzbein zu schwingen oder mindestens leicht mit dem Fuss zu wippen.  Das ist der allererste San Lorenzo Carnival, der in direkter Zusammenarbeit mit seinem Pendant im Londoner Stadtteil Notting Hill ins Leben gerufen wurde. Eine wunderbar farbige Angelegenheit. Frohe, glückliche Gesichter überall, eine begeisternde Atmosphäre, pure Lebensfreude  und eine ganz grosse Prise Spontanität. So wie es in Notting Hill wohl vor 30 Jahren mal war, bevor dort der Kommerz einzog.

Dass die Veranstaltung in San Lorenzo,  Roms vielfältigstem und spannendsten Quartier, weitab vom Luxus der Via Condotti, stattfindet, ist kein Zufall. Künstler, Arbeiter und Studenten leben hier Schulter an Schulter. Das ist noch das richtige Rom.  Die grösste Universität Europas, die Sapienza mit seinen 200 000 Studenten, ein wunderschönes ethnisches Wirrwarr, Graffitis an den Wänden, unzählige Bars und Clubs. Das macht San Lorenzo zu einem Mikrokosmos unseres Planeten – so wie wir (oder zumindest ich) ihn gerne überall hätten.

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Schwalbe fliegt nach… – 12 in 12 in der NZZ

c7115924-66cd-4d01-bf61-52a67e07ee48Heute ist der erste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ erschienen. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Den Anfang macht Moskau. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.

Hier nochmals der ganze  Link, falls ihr lieber so klickt:
Genau hier drauf klicken, um zur NZZ-Seite zu gelangen

 

 

12 in 12 – Essen in Italien: Traum oder Albtraum?

Die Pizza Rosso vom Forno Campo de' Fiori ist ein Gedicht.
Die Pizza Rosso vom Forno Campo de’ Fiori ist ein Gedicht.

In irgendwelchen Seminaren habe ich mal gelernt, dass man eine Kritik immer mit einem Lob einleiten soll. „Softening the blow“ nennt man das auf Englisch treffend. Also wende ich diesen Trick doch gleich mal an.

Das Essen in der italienischen Hauptstadt ist ein Traum. Die Pizza von Da Remo, das Tiramisu von Zum, die Carbonara von Roscioli, das Suppli von Supplizio, die Bianca vom Forno Campo de Fiori und das Eis vom Palazzo Del Freddo – ein Gedicht. Ohne mit der Wimper zu zucken, kann ich sagen, dass ich diese Klassiker noch nirgends so gut in dieser Qualität gegessen habe. Perfektion. Absolute Perfektion.

Doch darüber hinaus?  – und ich bin mir bewusst, dass ich hier viele in ihrem Stolz verletze und wohl auf wenig Gegenliebe stosse. Darüber hinaus gibt es in Rom nichts, wenn es um die Gaumenfreuden geht. Hier gibt es nur italienische Küche und zwar meist genau so, wie es die Nonna schon damals, als alles noch besser war, gekocht hat und kein bisschen anders. Ja, das schmeckt zwar ausgezeichnet. Doch es ist auch langweilig. Sehr langweilig. Zum einschlafen langweilig.

Zu einer Hauptstadt, die Weltformat haben will, gehört auch die internationale Küche. Ja klar, es gibt hier Sushi und auch mal einen passablen Burger. Doch gross ist die Auswahl nicht. Während es in anderen Grossstädten nur so von Thais, Vietnamesen, Mexikanern, Indern, Peruanern, Franzosen, Spaniern, Amerikanern und ja – Italienern! wimmelt, und jedes interessante Gastrokonzept immer wieder neu erfunden und gemischt wird, ist hier Funkstille.

Im Gambero Rosso, Italiens wichtigstem Restaurantfüher, gibt es über ein Dutzend Restaurantkategorien, die jede eine eigene Rangliste hat. Von der Pizzeria, zur Trattoria über die Osteria bis hin zur Rosticceria… alles wird bewertet. Eine einzige Kategorie beschäftigt sich mit der Küche ausserhalb Italiens und die heisst lapidar: Ethnisch. Sie steht ganz verschupft am Ende des Buches. Acht der zehn Top-Restaurants in der Kategorie ethnisch sind Japaner…

Warum ist das so? Warum haben die Italiener (und sogar die eher aufgeschlossenen Grosstädter aus Rom) Angst vor Veränderung, Angst (oder von mir aus auch keine Lust), etwas Neues auszuprobieren? Die einfache Antwort ist: Wer eine so gute Küche hat, wie wir, der braucht kein Sushi und kein Curry. Doch dass das engstirnig und reaktionär ist, das muss ich hoffentlich niemandem beweisen. Die Angst vor Veränderung gibt es nicht nur bei den Gaumenfreuden, sondern zieht sich in Italien durch alle Zweige der Gesellschaft. Die Mode der Masse hat sich in den letzten 50 Jahren erstaunlich wenig verändert, das Fernsehprogramm, die italienischen Schlager, das Kulturangebot und die Produkte im Supermarkt: alles wie gehabt.

Man lebt in der Vergangenheit und merkt nicht, dass sich die Welt weiter dreht. Ich will jetzt nicht behaupten, dass das auch der Grund ist, warum Italien wirtschaftlich nicht mehr so solide da steht und Innovationen, die zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit beitragen, fehlen. Doch denkt mal darüber nach…

So schön das Gefühl der Italianita und des Bella Italia ist, schön wäre es, wenn man etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung und Offenheit für Neues zeigen würde. Doch zwingen kann man dazu niemanden.

So, es ist Zeit, ans Mittagessen zu denken. Ich habe richtig Lust auf eine Portion Spaghetti Amatriciana – wahrscheinlich gehe ich zu Da Enzo.

12 in 12 – Das Fenster

Das Fenster spielt in Rom eine ganz besondere Rolle. Nirgends habe ich bisher so viele Leute gesehen, die sich die Welt von ihrem Fenster aus anschauen. Der Römer verkriecht sich nicht in seinen vier Wänden, sondern wenn er schon keine Zeit hat, auf der Piazza seine Runden zu drehen, dann ist er am Fenster zu finden. Er beobachtet, grüsst, ruft herunter, schreit nach innen, isst, diskutiert, seufzt, lacht oder denkt ganz einfach nach. Das Leben am Fenster… bella Italia!

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