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12 in 12 – Oper erst ab 50

Placido Domingo steht auf der Bühne. Ja, genau, DER Placido Domingo. Zusammen mit der wundervollen Sondra Radvanovsky singt er  “Orfanella Il tetto umile” aus Giuseppe Verdi‘s Simon Boccanegra, möglicherweise das schönste Duett aus Verdi’s Feder.

Man könnte eine Stecknadel fallen hören in der Oper von Los Angeles. Die Chemie zwischen dem 76-jährigen Tenor und Radvanovsky stimmt. Es ist ein Genuss, den beiden zuzuhören. Als sie später noch “Lippen schweigen, ‘s flüstern Geigen”  aus der Operette Lustige Witwe von Franz Lehar singen, ist das Publikum seelig.

Ich bin kein Opern-Spezialist und habe immer gesagt, dass ich  erst mit 50 so richtig anfangen werde, mich für Oper zu interessieren. Dazu habe ich ja noch ein paar Jahre Zeit. Doch schön war’s schon, heute Abend mit Placido und Sondra. Auch das Ave Maria in Rom in der Kirche, die Kremelsänger in Moskau, die Tenöre in Buenos Aires und die versammelten  Stars der japanischen Opernwelt in Tokio haben mir viel Spass bereitet.  Sollte ich mein Mantra, dass mich Oper erst nach 50 interessiert, nochmals überdenken?

Der Vorhang ist gefallen, Placido Domingo hat sich verabschiedet. Ich steige ins Auto und fahre aus Downtown Los Angeles Richtung Echo Park, wo ich noch ein spätes Konzert gebucht habe. Dort spielt die britische Rockband Wire, die schon Ende der siebziger Jahre mit ihren schrägen Klängen für Aufsehen und Beifall der Kritiker gesorgt hatte.

Als ich im Echoplex ankomme, hat Wire schon angefangen. Das Konzert läuft auf Hochtouren. Der Raum ist dunkel und die Decke tief. Ich habe keinen reservierten Sitzplatz und Champagner wird hier im Gegensatz zur Oper auch nicht gereicht. Ich schlängle mich durch die Menge und stehe wenige Meter von der Bühne entfernt. Colin Newman ist vol in seinem Element und singt, was das Zeug hält. Ja, seine Stimme ist nie und nimmer so gut wie die von Placido Domingo. Doch das muss sie auch nicht sein. Ich stehe im Saal und bin gefesselt. Hier und da läuft mir ein kalter Schauer den Rücken herunter und es kribbelt am ganzen Körper. Ich freue mich und bin glücklich. Solche Momente gibt es für mich nur, wenn ich kreativ gefordert und angeregt bin. Ich schwebe und lasse mich nur noch treiben.

Musik und das Empfinden, wenn man Musik hört, ist subjektiv. Wenn ich jetzt sage, dass Wire besser ist, als Placido Domingo, dann ist das nur dumm. Doch für mich persönlich muss Musik etwas ganz tief in mir drinnen auslösen und das hat Wire geschafft, während ich bei Domingo und Radvanovsky mehr mit offenem Mund staunend dasass und nicht wirklich mittendrin war.

Wenn ich sage, dass ich lieber Erdbeer-Eis als Vanille-Eis esse, dann heisst das ja nicht, dass ich nie Vanille-Eis esse, sondern mehr, dass wenn ich die Wahl habe, dass ich dann Erdbeer wähle. Wenn ich die Wahl habe, dann wähle ich Wire und nicht Domingo. Also, ich behalte mein Mantra doch weiter bei, dass ich mich so richtig erst nach 50 für Oper interessieren werde – vielleicht auch 55.

Hier einer der zugänglicheren Songs von Wire von ihrem 1988 Album “A Bell Is A Cup Until It Is Struck” – Kidney Bingo

12 in 12 – Welcome to the Hotel California

“Hotel California” von den Eagles aus dem Jahr 1976. Wer bringt mit diesem Song nicht irgendeine unsägliche Schülerparty, eine unendlich lange Autofahrt oder eine durchzechte Nacht in Verbindung. Ich habe eine extreme Hassliebe gegenüber dem Song entwickelt. Ja, es ist ein grossartiger Song, doch ich habe ihn zu oft gehört.

Wie oft habt ihr den Song schon gehört? Zehn Mal? Hudert Mal? oder gar Tausend Mal? Und worum geht es in dem Song? Wisst ihr das? Die meisten Leute meinen, es geht um das unbeschwerte Leben in Kalifornien, um Sonne, Strand und Palmen. Weit gefehlt.

Es geht um die vermeintlichen Ideale des American Dream, um die Dekadenz und den Verfall des American Way of Life in den 70er Jahren, um Süchte, Sehnsüchte und vielleicht auch um den Teufel…

Lest Euch mal diese Textzeile aus dem Song durch. Tausend mal gehört und tausend mal ist nichts passiert:

Last thing I remember, I was
Running for the door
I had to find the passage back to the place I was before
‘Relax’ said the night man,
‘We are programmed to receive.
You can check out any time you like,
But you can never leave!’

YOU CAN CHECK OUT ANY TIME YOU LIKE
BUT YOU CAN NEVER LEAVE

Für mich persönlich ist das die perfekte Charakterisierung von Los Angeles. Du wirst wie ein Magnet von dieser Stadt angezogen und Du kannst die Stadt auch wieder verlassen, doch loslassen wird sie dich nie.

Einige Interpretationen gehen deutlich weiter. Beim Hotel California soll es sich um eine Hippie-Sekte, eine Gemeinschaft von Satanisten um Anton Szandor LaVey oder um eine geschlossene psychiatrische Einrichtung handeln, aus der kein Entkommen möglich ist. Auch wenn Don Henley von den Eagles das immer dementiert, würde das auch gut zum Song passen.

Das Hotel California per se gibt es übrigens nicht. Auf dem Plattencover ist das legendäre Beverly Hilton in Los Angeles abgebildet. Auch das Chateau Marmont in L.A. wird oft als Referenz herangezogen. Für mich kann es so gut wie jedes Motel oder Hotel in Los Angeles sein. Es gibt kaum eines, das nicht seine kleinen Geheimnisse hat.

Dann noch diese Strophe:

Her mind is Tiffany-twisted, she got the Mercedes bends
She got a lot of pretty, pretty boys, that she calls friends
How they dance in the courtyard, sweet summer sweat
Some dance to remember, some dance to forget

Hier wird die  Oberflächlichkeit des Lebens im Luxus charakterisiert (pretty boys, that she calls friends) zudem haben die Zeilen etwas geheimnisvoll/mystisches (some dance to remember, some dance to forget) – Da ist mehr drin, als man denkt.

Ach ja, noch kurz zum Satan. Auf dem Cover des Albums steht ein Wesen im ersten Stock in den Arkaden, das vage an den Teufel erinnert.

Die Songzeilen

They stab it with their steely knives
But they just can’t kill the beast

soll die Resistenz und Übermächtigkeit des Teufels beschreiben…und dann natürlich wieder

YOU CAN CHECK OUT ANY TIME YOU LIKE
BUT YOU CAN NEVER LEAVE

Für die, die sich nicht mehr erinnern können: Der Song:
https://www.youtube.com/watch?v=jFi2ZM_7FnM

Schwalbe fliegt nach…12 in 12 in der NZZ

Ein kleiner Break von Los Angeles. Der nächste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ ist erschienen. Dieses Mal ist Tokio an der Reihe. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Diese Episode beschäftigt sich mit Bangkok. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.

Hier nochmals der ganze Link, falls ihr lieber so klickt:
Genau hier drauf klicken, um zur NZZ-Seite zu gelangen.

12 in 12 – Die coolste Flagge und die Berner

Im Bootleg Theater, einem kleinen Konzertsaal mitten in Angelino Heights, nicht weit von Echo Park entfernt, hängt sie an der Wand. Die Flagge des Bundesstaates Kalifornien. Ein Grizzlybär, ein roter Stern und die Aufschrift California Republic. Der Sänger der australischen Band Methyl Ethel kann sich nicht einkriegen. “Shit, Ihr habt die coolste Flagge, die ich je gesehen habe”, sagt er, nachdem die Band den Song “Twilight Driving” gerade zur Perfektion abgeliefert hat.

Die heutige Staatsflagge Kaliforiens

Die coolste Flagge. Da kann ich nur zustimmen. Vielleicht auch die Schönste. Ein Bär im Zentrum, ein roter Stern und die Aufschrift California Republic und drunter ein schmaler roter Balken. Irgendwie sieht das so aus, wie eine Collage, die ein dreizehnjähriger Teenager mit etwas künstlerischem Flair mal eben so hingeklebt hat – aber genau das macht die Coolness aus. Die Flagge schreit nach Rebellion. Hey, mit uns ist nicht zu Spassen. Lasst uns in Ruhe und lasst uns so leben wie wir wollen.

Woher kommt die sogenannte “Bear Flag” überhaupt? Hat sie das coole Image überhaupt verdient?

Der Rote Stern stammt aus der Rebellion von 1836. Damals versuchte Juan Alvarado, die Unabhängigkeit Kaliforniens von Mexiko  zu erzwingen. Alvarado wurde zwar Gouverneur von Kalifornien, doch die Unabhängigkeit schaffte er nicht. 1846 begann der amerikanisch-mexikanische Krieg. Die Siedler Kaliforniens hissten in Sonoma die Flagge der California Republic. Der Bär kam als Symbol der Unbeugsamkeit dazu. Die Unionstruppen ersetzten die Flagge zwar temporär gegen die US-Flagge. Doch das liessen sich die Kalifornier nicht lange bieten und liessen die Bear-Flag an jeder Ecke wehen.

 

Die Flagge von 1846

Eine Theorie besagt übrigens, dass die Idee des Bären von der Stadt Bern abgekupfert wurde. Fort Sutter, das in der Nähe von Sacramento lag, hatte grossen Einfluss auf Kalifornien. Namensgeber und Gründer des Forts war John Sutter, der tatsächlich aus Bern stammte und der die Berner Flagge immer mit dabei hatte. Der erste Bär auf der kalifornischen Flagge steht denn auch aufrecht und hat wie der Berner Bär eine sichtbare Zunge. Falls es nicht stimmt ist es zumindest eine schöne Geschichte.

 

Als 1861 im amerikanischen Bürgerkrieg um die Unabhängigkeit Kaliforniens und Amerikas von Grossbritannien gekämpft wird, waren besonders die Bürger von Los Angeles klar für eine unabhängige Republik. Die Flagge mit dem Bären wurde wiederum als Symbol dieser Bewegung gebraucht. Offiziell wurde die Bear Flag 1911 zur Flagge des Bundsstaates Kalifornien – und das ist sie heute noch.

Über die Jahre hat sich die Flagge leicht verändert. Doch unter dem Strich verkörpert sie noch immer diesen Spirit der Unabhängigkeit und des Leben und Leben lassens. Dennoch gibt es im Moment eine Bewegung in Kalifornien, die eine neue Flagge fordert. Die Flagge sei veraltet und wurde damals von Radikalen eingeführt, die nicht zuletzt auch Rassisten waren, wird in der Kampagne ins Feld geführt.

OK- das lass ich jetzt einfach mal so stehen. Immerhin hat Donald Trump in Kalifornien bei den Präsidentschaftswahlen nur gerade Mal 30% der Stimmen erhalten – in Los Angeles waren es gar nur 20%.

Die kalifornische Flagge. Schon der Anblick schreit nach Freiheit. Ja, es ist nur eine Flagge und das allein bewirkt herzlich wenig. Doch es hilft… California Republic

 

 

 

12 in 12 – Hallo mein Freund, ich habe dich vermisst

Es war nicht Liebe auf den ersten Blick. Bestimmt nicht. Los Angeles ist eine kleine Diva und lässt nicht so leicht jemanden an sich ran. Spröde, hässlich, unnahbar, unverständlich und unberechenbar ist die Stadt der Engel.

Die erste Bekanntschaft mit Los Angeles habe ich schon zu meiner Schulzeit gemacht, als ich mit meinem Vater per Greyhound-Bus Amerika durchquert hatte. Damals kam mir alles noch so gross und unheimlich vor…  Ich kenne Los Angeles mittlerweile länger als die meisten meiner Freunde. Die Beziehung ist mit der Zeit immer intensiver geworden. Seit über zehn Jahren komme ich jedes Jahr mindestens zwei Wochen hierher. Die Stadt hat mich in ihren Bann gezogen. Ich glaube, ich verstehe sie mittlerweile – zumindest ein bisschen. Sie ist wunderschön, magisch, vertraut, altmodisch und fortschrittlich zugleich und die Uhr tickt hier etwas langsamer als im Rest der Welt.

Vielleicht ist es genau das, was ich so mag an Los Angeles. Die Uhr tickt langsamer. Hier gelingt es mir, wie in kaum einer anderen Stadt, mein Tempo zu verlangsamen, mich treiben zu lassen und nicht alles so Ernst zu nehmen. Es ist zwar ein Klischee mit dem Californian Way of Life. Doch irgendwie hat es schon was. Amerikanische Städte haben oft keine Identität. Los Angeles ist da eine Ausnahme. Multiple Identities können auch was Gutes sein.

Ich habe dich vermisst, Los Angeles und bin froh, wieder bei dir zu sein.

Geborgen im Palmenmeer

Sorglos die Strasse entlang

Inspiriert die Augen öffnen

Zufrieden Neues und Altes entdecken

Das ist Los Angeles

 

 

12 in 12 – Städterating Tokio

Der letzte Eintrag aus Tokio. Der Moment, die Stadt zu bewerten ist gekommen.

Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 8

Die Tokioter sind unglaublich liebenswert und hilfreich. Jeder gibt sich Mühe, deinen Tag zu verbessern und das macht grossen Spass. Die Japaner sind stolz auf ihr Land und freuen sich extrem, dass du Interesse an ihnen und ihrem Land zeigst. In Tokio ist man als Europäer noch immer ein Exote – wie in keiner anderen Grossstadt dieses Kalibers.

Kulturelles Angebot: 8

Tokio bietet alles, was das Herz begehrt. Ob klassische Musik, J-Pop, unzählige Ausstellungen oder typisch japanische Veranstaltungen wie Karate, Sumo und Kabuki. Hier gibt es immer was zu entdecken. Die Kunst ist, überhaupt über diese Veranstaltungen zu erfahren. Viele Websites sind nur auf Japanisch un das ist trotz Web Translation nicht so einfach.

Food: 9

Tokio ist so viel mehr als Sushi und Ramen. Was man hier essen kann ist “outstanding”. Die Restaurants sind meist klein und auf ein bis zwei Gerichte spezialisiert. Der Service ist immer makellos und der Preis meist tief.  Oft kommen die Angestellten mit rasu und winken dir nach, wenn du gehst. So shööööön. Überraschend war auch, dass es hier nicht nur japanische Küche auf höchstem Niveau gibt, sondern auch internationale Einflüsse ihren Platz haben. Den Wagyu-Burger, den ich hier gegessen habe, werde ich nicht so schnell vergessen.

Preisniveau: 6

Man hört immer wieder Räubergeschichten, wenn es um die Preise in Japan geht. Ein Apfel soll 10 Euro kosten und das Restaurant könne man sich kaum leisten. Alles falsch. Tokio ist auf jeden Fall billiger als die meisten europäischen Städte. Mittagessen für 5 Euro und die Preise  im Supermarkt sind absolut OK.

Öffentlicher Verkehr: 7

Das U-Bahn-System in Tokio hält die  grösste Metropole der Welt zusammen. Immer auf die Minute pünktlich und immer supersauber und perfekt. Die Grösse der Stadt macht die Navigation manchmal etwas zeitaufwendig und das fehlende Fahrradsystem wäre eine schöner Bonus. Vielleicht gibt es das ja rechtzeitig für Olympia 2020.

Wetter/Klima: 5

März ist rund einen Monat zu früh für Tokio. Zwar war das Wetter nicht schlecht, doch ein paar Grad mehr wäre doch schön gewesen. Tokio hat vier Jahreszeiten. Im Winter kann es durchaus kühl werden und der Sommer soll fast unerträglich heiss und feucht sein. Das Klima hier ist vergleichbar mit Mitteleuropa.

Sicherheit: 10

Die Leute schliessen hier ihre Türen oft nicht ab. Als wir unseren Vermieter fragten, wie das sei mit der Sicherheit, war die Antwort: Das ist Tokio – Übersetzt: Tokio ist die sicherste Stadt auf diesem Planeten und man braucht sich nie und nirgendwo Sorgen machen.

Fun/Feel-Good-Factor: 8

Tokio ist ein Fest für die Sinne. Hier fällt einem immer wieder etwas Neues auf. Spannung an jeder Ecke. Wem es hier langweilig wird, der ist selber Schuld.

Coolness/Kreativität: 8

Kreativität kennt in Tokio keine Grenzen – ob Architektur, Design Konsum oder Gastronomie, hier ist alles auf höchstem Niveau. Manchmal hat man allerdings etwas das Gefühl, dass alles nur nach dem letzten Trend schreit und man sich nicht gross von der Menge abheben will. Doch unter dem Strich: Wow.

Gesamtergebnis: 69 Punkte

Hier der Vergleich zu den anderen Städten. Tokio hat Mexiko CIty den Spitzenplatz abgenommen.

12 in 12 – Genau das braucht die Welt

Japan ist Weltmeister der Effizienz und Funktionalität. Hier läuft alles am Schnürchen, alles ist kompakt und durchdacht. Schliesslich sind die meisten Apartments hier in Tokio nur knapp 10 Quadratmeter gross und da muss alles reinpassen, was ein Leben lebenswert macht.  Doch gleichzeitig lieben Japaner auch alle Produkte, die die Welt nicht braucht…äh ich meine natürlich, die die Welt braucht und ohne die ich nicht mehr leben möchte bzw. kann. Hier ein paar dieser Produkte, die ich natürlich alle gekauft habe.

Ein Bär, der mir den Vorhang zurück hält. Genau das habe ich gesucht und dann noch in meiner Farbe…

…dazu passend noch gleich die Socken für meinen Stuhl. Euer Stuhl hat keine Socken? Was seit ihr nur für Menschen?

Ein beleuchtetes Ohrenstäbchen. Juhui…halt, eigentlich gar nicht so dumm. Ich kauf mir gleich noch eins.

Wie langweilig waren Würstchen bis gestern. Doch damit ist Schluss. Meine Servelat sieht ab jetzt aus wie ein kleines Schweinchen. Wie süss…

…und passend dazu. Das gekochte ein in Herzform. Wenn das nicht Euer Geschenk für den  nächsten Valentinstag ist, dann weiss ich auch nicht.

Einen hab ich noch…

In den japanischen Game Halls ist im Moment ein Spiel angesagt und das heisst Panzer Kraftwagen IV und wird mit der Tagline “Girls und Panzer” angepriesen. Kein Scherz. Das hab nicht ich frei übersetzt, sondern das wird genau so beworben. Panzer Kraftwagen IV: “Girls und Panzer. Nicht auf Japanisch, sondern…jaja, schon gut, ich weiss, ihr habt den Witz verstanden. Krass drauf,  diese Japaner.

Girls und Panzer ist übrigens auch eine super erfolgreiche Anime-TV-Serie, die seit 2012 läuft und  zu der drei MangaHefte und ein Roman erschienen ist. Letztes Jahr kam dann der erste Girls und Panzer Film in die Kinos.

Bevor ihr denkt, dass ich jetzt total durchgeknallt bin, die Handlung von Girls und Panzer in Kurzform. Gar nicht so dumm, wie es sich zunächst anhört (t:

Die Handlung spielt in einer fiktiven Welt, in der die militärische Schwerindustrie aus wirtschaftlichen Gründen mit in den allgemeinen Zivilalltag eingeblendet wurde. So ist es in Japan seit Jahrzehnten schon Sitte, dass – in einer extremen Anwendung des Begriffs “Schulschiff” – heranwachsende Mädchen und Jungen ihre Schulzeit auf umfunktionierten Flugzeugträgern verbringen, die in eigenständige schwimmende Gemeinden verwandelt wurden, die sämtliche Komforts einer Kleinstadt an Land bieten.

In dieser Welt ist es ein traditioneller Kampfsport für Mädchen, mit Panzern aus dem Zweiten Weltkrieg Wettkämpfe auszufechten, wobei der Sport Senshadō genannt wird. Die Hauptfigur der Serie ist Miho Nishizumi, die aus einer Familie mit langer Senshadō-Tradition stammt. Nachdem sie an ihrer alten Schule für deren Niederlage im Endausscheid, nach einer neunjährigen Siegessträhne, verantwortlich war, schwor sie dem Senshadō ab und wechselte an eine Mädchenschule. Doch es dauert nicht Lange, bis sie zum Senshadō zurückfindet…

Na, seit ihr jetzt angebaggert? Gebt’s schon zu.

12 in 12 – Schuhe aus

Ihr habt bestimmt auch schon mal davon gehört, dass man in Japan so gut wie immer die Schuhe ausziehen muss, wenn man einen Raum betritt. Das ist keine Sage, sondern das ist tatsächlich so. Wer in Japan ein Haus betritt, der zieht seine Schuhe aus. Meist  stehen für die Gäste Hausschuhe bereit, oder man läuft ganz einfach in Socken oder Barfuss herum. Als ich hier in unserer Wohnung am ersten Tag die Treppe rauf rennen wollte, schrie Tomoko ganz entsetzt: “Halt, du hast die Schuhe noch an”….und als ich bei Uniqlo in die Umkleidekabine gehen wollte, um eine Hose anzuprobieren, rannte der Verkäuferwie von der Tarantel gestochen herbei, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass die Schuhe vor der Kabine bleiben müssen.

Während es bei uns als engstirnig und penibel angesehen wird, wenn jemand seine Gäste darum bittet, die Schuhe auszuziehen, gilt es in Japan als respektlos, die Schuhe anzulassen.

Jeder hält sich daran. Sogar Einbrecher, die danach das ganze Haus leer räumen, ziehen zu allererst mal die Schuhe aus – hat man mir zumindest erzählt… Doch woher kommt dieser Brauch? Wisst ihr es? Ich dachte immer, dass die Sache mit den Schuhen einen ganz tiefgründigen philosophischen Grund haben muss. Irgendwas mit Zen oder Buddhismus oder Shinto muss das doch sein.

Weit gefehlt. Der Grund, warum man in Japan die Schuhe ausziehen muss, ist rein hygienischer Art. Man will damit die Wohnung schonen. Wer einige Hundert Jahre zurückdenkt, der versteht, warum das so ist. Japanische Häuser sind oft mit Strohmatten, den sogenannten Tatami ausgelegt. Wer dann von draussen mit seinen dreckigen Schuhen aus Matsch und Schlamm kam, der tat wohl daran, die Schuhe auszuziehen. Das hat sich bis heute so eingebürgert. In Mietverträgen gibt es gar eine Klausel, die das Schuhe tragen verbietet.

Ich habe mich daran gewöhnt, immer ohne Schuhe herumzulaufen, ja es gefällt mir. Vielleicht mache ich das zu Hause von jetzt an auch so – vielleicht…

12 in 12 – In Japan ohne ein zu Hause

Ich weiss nicht genau warum. Doch ich hätte mein ganzes Vermögen darauf gewettet, dass es in Japan keine Obdachlosen gibt. In einer Gesellschaft, die so gut durchorganisiert ist und in der viel getan wird, um den Schein zu wahren, hatte ich irgendwie vermutet, dass man das Problem der Obdachlosen unter den Teppich kehrt bzw. kurzer Hand beseitigt, was das auch immer heissen mag.

Umso überraschter war ich, als ich einen Steinwurf vom Imperial Palace einige Obdachlose im Park übernachten sah. In Plastikplanen eingewickelt mit Wucherbart und wirrem Haar, froren die sich bei rund 6 Grad einen ab. Das ist kein Einzelfall. Als ich gestern auf der Suche nach den Kirschblüten durch den Yoyogi-Park schlenderte, fielen mir unzählige Zelte auf, die im Bambuswald verstreut waren. Manche hatten ein Fahrrad vor der Tür und andere waren grösser, als die kleinen Zehn-Quadratmeter-Wohnungen, in denen die meisten Japaner leben.

Obdachlosigkeit gilt in Tokio als Schande. Die meisten, die hier ihr Zelt aufgeschlagen haben, verheimlichen ihren Status vor Freunden und Familie so gut das geht. Die meisten Obdachlosen sind über 70. Sie sind zu alt, um einen Job zu finden und zu arm, um sich eine Wohnung zu  leisten. Gemäss inoffiziellen Statistiken gibt es in Tokio rund 6000 Obdachlose – offiziell sind es weit weniger als 1000. In den japanischen Zeitungen werden sie “die Unsichtbaren” genannt, da sie sich hüten, auf den Strassen zu betteln und sich zurückziehen soweit das nur geht.

Die Regierung unternimmt mittlerweile einiges, um das Problem in den Griff zu bekommen. Auch immer mehr Non Profit Organisationen nehmen sich dem Schicksal der Homeless an. Den Japanern graust es davor, 2020, wenn die Olympischen Sommerspiele in Tokio stattfinden, Bilder mit Obdachlosen in den schönen Parks um die Welt zu schicken. Auch wenn das eine scheinheilige Motivation ist, im Endeffekt wird es helfen. Wenn sich die Japaner was vornehmen, dann schaffen sie es auch.

12 in 12 – Kunst oder keine Kunst?

Traditionelle japanische Kunst ist zwar zum sterben schön, doch kann auch etwas langweilig sein. Immer wieder die gleichen Kampfszenen der Samurai, Frauen im Kimono , Tempel, Hügellandschaften und Kirschblüten, ja natürlich Kirschblüten.

Doch was ist mit der modernen japanischen Kunst? Was hat Japan ausser Takashi Murakami und Yayoi Kusama noch zu bieten? Kein Event bietet dazu eine bessere Übersicht als die International Tokyo Art Fair, an der 150 japanische Top-Gallerien teilnehmen und ihr bestes Pferd im Stall ins Rennen schicken.

Dabei will ich euch gar nicht zu stark mit Namen langweilen und Euch einfach visuell zeigen, was es zu sehen gab. Ich bin beileibe kein Kunstkritiker und bitte, sagt mir wenn ihr das anders seht. Doch ich habe meine Eindrücke in drei Kategorien aufgeteilt: “Das ist Kunst”, “Das ist keine Kunst” und “Ist das Kunst?”

Das ist Kunst

Das ist keine Kunst

Ist das Kunst?

Einverstanden, empört oder entsetzt?