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12 in 12 – Jeden Tag ein König

Von mir gibt es eine Fotoserie, wie ich als Baby auf dem “Töpfchen” sitze und so tue, als ob ich eine grosse Rede schwinge. Damals muss ich mich in dem Moment wie ein kleiner König gefühlt haben.

In Japan bin ich  jeden Tag ein König, wenn ich aufs “Töpfchen” gehe. Wie so vieles im Land der aufgehenden Sonne ist auch die Toilette perfektioniert. Das fängt damit an, dass der Klodeckel automatisch nach oben klappt, sobald man sich der Toilette nähert. Der Sitz ist bereits vorgeheizt. Besonders an kalten Wintertagen ist das willkommen. Alles ist supersauber. Meist spielt beruhigende Musik, die einen so richtig entspannen lässt.

Wer zum ersten Mal eine japanische Toilette besucht, ist total überfordert. Schwer zu verstehende Zeichen und dutzende von Knöpfen weisen darauf hin, was das Klo alles kann. Man hat Angst überhaupt einen Knopf zu drücken. Doch wenn man sich etwas Zeit nimmt, dann wird schnell klar, wie es funktioniert.

Wer das Geschäft verrichtet hat, der greift nicht zum WC-Papier, sondern  drückt auf den Knopf, der einen sanften Wasserstrahl auslöst, der alles fein säuberlich und automatisch putzt. Die Stärke wird individuell angepasst und die Temperatur ist genau die Richtige. Japanische Forscher haben herausgefunden, dass die bevorzugte Strahltemperatur knapp über der Körpertemperatur liegt – etwa bei 38 °C. Die Düsenposition lässt sich ebenfalls manuell ändern. Spitzenmodelle bieten sogar vibrierende und pulsierende Wasserstrahlen, die nach Angaben der Hersteller gegen Verstopfung und Hämorrhoiden wirksam sein sollen. Die neuesten Typen können sogar Seife in den Wasserstrahl mischen, um bessere Reinigungsergebnisse zu erreichen. Eine andere weitverbreitete Funktion ist das Warmluftgebläse, meist zwischen 40 und 60 °C variierbar, um die mit dem Wasserstrahl gereinigten Körperregionen zu trocknen.

Zum Schluss wird das ganze WC automatisch geputzt und desinfiziert. Auch der Geruch verschwindet einfach so und völlig magisch. Topmodelle sind gar in der Lage, den Stuhl und Urin zu analysieren und vor sich anbahnenden Krankheiten zu warnen.

Ich hatte solche Toiletten zwar auch schon mal gesehen, doch ich dachte immer, das wäre nur ein Gimmick, den kaum ein Japaner wirklich benutzt. Doch eine Statistik zeigt, dass 78% der Japaner so ein Ding zu Hause haben. In Restaurants und öffentlichen Toiletten sind die Alleskönner sogar die absolute Regel.

Mit den Toiletten ist es mit so vielem im Leben. So lange man es nicht kennt, vermisst man es auch nicht. Doch wenn man es einmal erlebt hat, dann kann man nur schwer zurück – oder könnt ihr Euch vorstellen ohne Internet, Geschirrspüler oder, um eine extremes Beispiel zu wählen, Strom zu leben?

Und noch was. In Japan begann das Zeitalter der High-Tech-Klos im  1980 mit der Einführung der Washlet G-Serie durch Toto. Das Washlet basierte ursprünglich auf einer Erfindung des Schweizers Hans Maurer, der 1957 das Dusch-WC unter dem Namen Closomat erfand und im europäischen Markt ohne grossen Erfolg einführte.

Ach ja und einen Vorteil hab ich fast vergessen. Einen Vorteil, der viele Beziehungskrisen verhindert und für Harmonie sorgt. Der WC-Deckel schliess am Ende des Besuchs automatisch!

12 in 12 – Die innere Ruhe finden

Ob ihr es glaubt, oder nicht, es ist gar nicht so einfach, sich auf so einer Reise mal so richtig zu entspannen, runter zu kommen, die Gedanken des Alltags beiseite zu legen und einfach nur zu sein. Ich weiss nicht wie es euch geht, doch ich stehe ständig unter Strom und habe das Gefühl, ich müsse jetzt gleich was tun.

Die Japaner haben ein gutes Mittel gegen diese innere Unruhe und das heisst Onsen. Onsen ist die japanische Bezeichnung für eine heisse Quelle. Ganz Japan befindet sich auf vulkanisch aktivem Gebiet und deshalb gibt es fast überall im Land unzählige Onsen. Ja, ich weiss, was ihr jetzt denkt. Jetzt ist der Schwalbe richtig alt geworden. Er geht in ein Thermalbad und pflegt dort seine alten Knochen. Jaja, schon gut. Wartet doch einen Augenblick.

Also,  zurück zum Onsen. Die schönsten Onsen gibt es in Hakone, rund zwei Stunden Zugfahrt von Tokio entfernt. In den Wäldern unweit des Mount Fuji gibt es vulkanische Quellen, die magische Heilwirkung haben sollen. Fast jedes Hotel hat sein eigenes Onsen und hütet es wie seinen Augapfel.

Ein Onsen zu besuchen ist ein kleines Abenteuer. Natürlich ist man hier die einzige Langnase und Englisch ist für die meisten ein Fremdwort. Das wäre ja im Prinzip auch nicht weiter schlimm. Doch da es im Onsen unzählige Verhaltensregeln gibt, bewegt man sich in den ersten Minuten wie auf Eierschalen.

Alles ist nach Geschlechtern getrennt. Die Schuhe müssen sofort ausgezogen und in einen Sack gesteckt werden. Dann zieht man sich aus und schreitet nur mit einem Waschlappen bewaffnet, in den Baderaum. Es dampft überall. Erst wäscht man sich kräftig. Man rubbelt und schrubbt und kriegt dazu alle erdenklichen Hilfsmittel. In der Regel gibt es zwei oder drei Badebecken drinnen, eine Sauna und einige Becken draussen, meist mitten im Wald mit viel Bambus und Naturstein und  atemberaubender Aussicht.

Man schaut mit einem Auge, wie die ebenfalls nur mit einem Waschlappen bewaffneten Einheimischen die Sache angehen und macht einfach alles nach. Vor allem wird sich im Onsen so richtig entspannt. Das hört sich genau so an wie im Thermalbad, sagt ihr jetzt bestimmt und habt damit auch nicht ganz unrecht.

Doch dann macht es plötzlich “klick”. Auf einen Schlag fühle ich mich wie in einer anderen Welt. Der Bambuswald rückt näher, das Sulfat des Wassers steigt mir zu Kopf, ich höre sanfte Klänge, die direkt aus dem Wald kommen und der Naturstein wärmt sich langsam auf.  Der ganze Ballast löst sich und ich schwebe im Wasser. Es ist schön hier im Onsen. Ich vergesse die Zeit und auch den Raum und lasse mich von meinen Gedanken treiben. Ich weiss nicht, ob es die Dämpfe des Bads sind, die Umgebung oder ob es nur an meiner positiven Einstellung liegt, doch ich habe mich schon lange nicht mehr so gut gefühlt.

Im Onsen hier in Hakone habe ich meine innere Ruhe gefunden. Danke Hakone. Wenn ich zurück in Tokio bin, dann werde ich bestimmt dem Sento in unserer Strasse einen Besuch erstatten. Ein Sento ist sozusagen der kleinere Bruder des Onsen und ihn gibt es in  Japan in jedem Quartier. Im Gegensatz zum Onsen muss ein Sento das Wasser nicht von einer Heilquelle beziehen, funktioniert sonst aber nach dem gleichen Prinzip. Ein Sento ist wie wie der Onsen ein Ort der Entspannung, wo der strikte Verhaltenskodex, der das soziale Leben regelt, gelockert ist und die Hierarchien eingeebnet sind. Im Sento schwitzt der kleine Angestellte gleichberechtigt neben dem Firmenboss – in Japan sonst ein nur selten anzutreffendes Bild.

Schwalbe fliegt nach…12 in 12 in der NZZ

Der nächste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ ist erschienen. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Diese Episode beschäftigt sich mit Bangkok. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.

Hier nochmals der ganze Link, falls ihr lieber so klickt:
Genau hier drauf klicken, um zur NZZ-Seite zu gelangen.

12 in 12 – Perfekt, perfekter, Japan

Es ist bereits dunkel in Tokio. Wir biegen im Stadtteil Shibuya in eine schummrige Gasse ein und laufen den Bahngleisen entlang.  Ein leerer Zug rattert vorbei. Kaum ein Licht brennt in den Fenstern der kleinen, dicht aneinandergereihten, Häuser. Weit und breit keine Menschenseele.  Die Athmosphäre ist gespenstig. Endlich. Da ist sie, die kleine Tür mit dem Graffiti, genau so wie sie mir Tomoko beschrieben hatte. Hinter dieser Tür soll sich der legendäre Underground-Rock-Club Circus befinden und hier soll gleich die japanische Band Cinnamons auftreten.Die Tür ist zu. Keine Klingel. Ich klopfe. Die Tür geht auf. Eine junge Frau steht dahinter und begrüsst uns. Sie ist munter und fidel. 4000 Yen Eintritt und wir sind drin. Sie gibt uns noch einen Getränkegutschein, den wir an der Bar einlösen können.

Was von aussen dunkel und ich gebe es zu, durchaus etwas gefährlich aussah, entpuppt sich von innen als ultracooler Rockclub, in dem alles äusserst gesittet zu und her geht. Wir sind hier ja schliesslich in Japan. Das Konzert hat schon angefangen. Trotzdem halte ich noch kurz an der Bar und bestelle wie meist einen Gin und Tonic. Spätestens seit Oasis die legendären Songzeilen:

I need to be myself
I can’t be no one else
I’m feeling supersonic
Give me gin and tonic

1994 mit ihrem allerersten Song Supersonic unsterblich gemacht haben, ist G&T mein Getränk.

Keine Plastikbecher, keine Sodapistole mit Chlorgeschmack, kein billiger Gin und kein Cocktail, der nur aus Eis besteht. Nachdem ich dem Barkeeper klar gemacht habe, dass ich kein Ginger Ale, sondern einen Gin and Tonic will, ist er in seinem Element.  Er nimmt ein gut gekühltes, wohl geformtes Glas aus dem Kühlschrank. Es könnte durchaus handgeblasen sein. Die Eiswürfel sind gross, denn sie sollen kühlen und das Getränk nicht verwässern.  Der Gin ist von Sipsmith und kommt, wie es sich bei einem G&T gehört, aus dem Tiefkühler. Das Tonic schüttet er aus der kleinen, traditionellen 19cl-Flasche dazu. Das Verältnis stimmt. Drei Teile Tonic, ein Teil Gin. Dann natürlich noch ein Schnitz frisch geschnittene Limette; ja, unbedingt Limette und keine Zitrone, denn die ist etwas zu süss. Mit einem weiteren Limettenschnitz reibt der Barkeeper, der übrigens blond gefärbte Haare hat, ein schwarzes Metallica-T-Shirt trägt und wohl knapp über 20 ist, den Glasrand ein. So verspürt man beim Trinken zu allererst einen leicht limettigen Geschmack.  Dann noch kurz umgerührt und fertig ist der Gin and Tonic.

Ich habe mittlerweile zwar einen Song der Cinnamons verpasst. Doch das war es wert. Der perfekte Gin and Tonic in einem Rockklub an den Bahngleisen von  Shibuya. Wer hätte das gedacht

Unten im Konzertsaal spielen die  Cinnamons. Ich stehe da und höre zu. Ich weiss gar nicht, woran ich mich mehr efreuen soll, an der japanischen Indie-Musik, die so was von gute Laune macht oder an meinem perfekten Gin and Tonic. Perfekt, perfekter Japan.

12 in 12 – Sushi essen leicht gemacht

Sushi oder genauer gesagt Nigiri Sushi essen ist einfach. Das kleine Päckchen mit Fisch und Reis mit den Stäbchen greifen, kräftig in Soja-Sauce gemischt mit Wasabi tunken, abbeissen und dann einen Haufen Ingwer hinterher. Haaaaaaaaaaaalt! So geht das auf keinen Fall. So werdet ihr in Tokio bestimmt aus dem Restaurant geworfen – na gut, das vielleicht nicht, weil die Japaner viel zu höflich sind – aber auf jeden Fall werdet ihr dort nicht viele Punkte sammeln.

Hier ein paar nützliche Grundregeln:

  • Das Sushi nie von oben mit den Stäbchen greifen, sondern immer von der Seite. So zerfällt der Reis nicht. Entgegen der landläufigen Meinung ist guter Sushireis nicht extrem klebrig und kalt, sondern eher locker und noch leicht warm. Deshalb zerfällt das Sushi auch gerne mal, wenn man es von oben packt. Es gibt übrigens auch eine Sushi-Schule, die untersagt, überhaupt Stäbchen zu verwenden. Deshalb ist es auch im besten Sushi-Restaurant mehr als nur OK das Sushi mit den Händen zu essen. Keine Angst, ich lege euch damit nicht rein, damit ihr euch das nächste Mal bei Nobu lächerlich macht. Indianerehrenwort.
  • Sushi nie in Soja-Sauce tunken. OK, mit billigem Sushi vom Take Away könnt ihr das gerne mal machen, aber bitte nicht mit Qualitäts-Sushi. Warum wollt ihr wissen? Der Reis ist wichtiger Bestandteil des Sushi. Taucht man ihn in Soja saugt er sich voll und man schmeckt ihn nicht mehr richtig. Zudem wird der Geschmack des Fischs übertüncht. Falls der Sushi-Chef vergisst, etwas Soja über den Fisch zu streichen und du starkes Verlangen nach Soja hast, dann nimm den Shoga (das ist der eingelegte Ingwer), tauche ihn in Soja und streiche ihn sanft über den Fisch. Das reicht. Hat da jemand Wasabi gesagt? Ja genau, dafür gilt die gleiche Regel.
  • Nicht vom Sushi abbeissen, schon gar nicht, wenn noch ein Topping drauf ist. Sushi ist so zubereitet, dass es genau in den Mund passt. Alle Zutaten sind exakt aufeinander abgestimmt.
  • Keine Berge des Shoga bzw. Gari (Ingwer) essen. Shoga ist dazu da, den Gaumen zu reinigen, um den Geschmack des nächsten Stücks würdigen zu können, Dazu reicht ein ganz kleines Stück. Wer zu viel Ingwer isst, der schmeckt danach gar nichts mehr. Als Gaumenreiniger ist auch der Grüntee gedacht. Warm wirkt er am besten.
  • Wenn Du das Sushi in den Mund nimmst, liegt der Fisch unten, damit er direkt mit der Zunge in Berührung kommt. Nur so kommt der Geschmack richtig zur Geltung.
  • Als Bauernregel gilt: Erst den weissen Fisch essen, dann den Thunfisch, dann Lachs, dann das Ding mit dem Ei drauf sozusagen als Nachtisch und am Schluss noch eine kleine Rolle. So signalisiert man dem Sushi-Chef, dass man fertig bestellt hat.

Ach ja, noch ein paar Kleinigkeiten. Die Miso-Suppe trinkt man direkt aus der Schale, die Stäbchen reibt man nicht aneinander, da das als Affront für das Restaurant gilt (billige Stäbchen), der Wasabi wird nicht mit Soja verrührt auch nicht bei Billig-Sushi und Ketchup gehört auch nicht auf den Fisch (Hinweis: Letzteres war nur ein Scherz).

P.S. Sushi ist übrigens immer Fisch mit Reis drunter. Ist es nur roher Fisch, dann heisst das Sashimi und wenn es gerollt ist mit dem Algenblatt nach aussen, dann heisst es Maki, wenn der Reis aussen ist, dann ist es Uramaki.

Itadakimasu (das heisst guten Appetit und das sagt man mit einer kleinen Verbeugung zu sich selbst und nicht den anderen)

12 in 12 – Gesichtsmasken überall

Es ist 9 Uhr morgens in der U-Bahn in Tokio. Ich stehe auf dem Gleis und steche aus der Menge hervor. Das liegt nicht nur daran, dass ich der einzige Gaijin bin, sondern auch daran, dass ich keine chirurgische Maske trage. Was wir in Europa nur von Michael Jackson oder dem einen oder anderen asiatischen Touristen kennen, ist hier ganz normal. Ja klar, auch in anderen asiatischen Städten trägt der eine oder andere eine Gesichtsmaske. Doch in Tokio ist es wohl fast  jeder Zweite. Ein schräger Anblick.

Die Gründe dafür sind nicht ganz die, die ihr euch vielleicht  vorstellt. Wie so vieles in Japan rührt der Ursprung des Maskentragens von den vielen Verhaltensregeln, die uns völlig fremd sind. Als Höflichkeit gegenüber seinen Mitarbeitern ist es in Japan seit Jahrzehnten üblich, dass der kranke Mitarbeiter, der eine Grippe wegen seines dicht gedrängten Terminkalenders einfach nicht zu Hause auskurieren kann, eine Gesichtsmaske trägt. So soll verhindert werden, dass sich die anderen anstecken. Kein Schutz für sich selber also, sondern ein Schutz der anderen.

In den letzten Jahren hat sich das geändert. Eine Maske zu tragen ist in Tokio total normal und hat das Stigma eines Kranken verloren. Einige tragen die Maske, da man so auf das Make-Up verzichten kann. Bei Hautproblemen wird der Fokus so auf die Augen gerichtet. Einige tragen eine Maske, weil sie sich so besser konzentrieren können und andere, weil sie im Winter so schön wärmt.

Dann gibt mittlerweile natürlich auch den Selbstschutz. Schweine- und Vogelgrippe haben bestimmt auch das ihrige dazu beigetragen, dass die Japaner heute ein Volk der Maskenträger sind. Die neueren Masken halten Pollen fern und helfen bei Asthma. Einige Japaner tragen die Maske 24 Stunden lang, da sie Atembeschwerden auch im Bett lindern soll. In vielen Schulen werden die Kinder dazu angehalten, mit Gesichtsschutz zur Schule zu kommen. Vorschrift ist es allerdings noch nicht.

Mittlerweile gilt die Maske gerade bei Teenagern als Mode-Accessoire. Es gibt Masken mit Tiergesichtern und Mustern und dann – das ist kein Scherz – gibt es Gesichtssutz mit Geschmack – also genauer gesagt Masken, die nach etwas Schönem riechen. Zuckerwatte ist besonders populär.

Ich bin gespannt, wie lange es gehen wird, bis die Maske Europa erreicht. Ich hoffe, dass es noch lange dauert, bis nicht nur der Velokurier mit dem Ding herumfährt. Wir kapseln uns Tag für Tag schon genug ab, sei das mit unserem Smart Phone, Kopfhörern oder dem Tablet. Ich sage nein zur Maske.

 

12 in 12 – Westworld meets Blade Runner

Hattet ihr das auch schon mal, dass ihr durch die Strassen irrt und Euch fragt, ob das wirklich alles gerade passiert oder ob ihr nur träumt? Dass ihr irgendwie auf Wolken schwebt und das Gefühl habt, ihr seid nicht wirklich da, sondern beobachtet alles nur aus der Distanz? Hattet ihr Euch auch schon mal gefragt, was Realität überhaupt ist und ob ihr gerade in der realen Welt lebt?

Genau so fühlt man sich in Tokio; wie in einem Traum oder wie im Film „Westworld meets Blade Runner“. Alles ist irgendwie unwirklich und unverständlich aber perfekt, fast zu perfekt. Auch der Film Truman Show fällt mir dazu ein. Der Zug ist immer auf die Sekunde pünktlich, die Leute sind so hilfsbereit und freundlich als seien sie dazu programmiert, in den Läden ist immer alles so aufgeräumt und schön aufgestellt, dass man sich fragt, wer das immer wieder so herrichtet. So perfekt kann doch niemand sein.

Alles sieht aus, wie eine Filmkulisse. Man weiss nicht, ob hinter der Fassade der Häuser überhaupt irgendjemand wohnt oder ob da einfach Nichts ist. Alles ist sowas von geordnet, und das kommt von jemandem, der im wohl geordnetsten der geordneten Länder aufgewachsen ist – dachte ich zumindest.

Tokio ist fremd und vertraut zugleich. Ein Supermarkt ist auch hier ein Supermarkt und die U-Bahn die U-Bahn. Dennoch ist alles anders. Das liegt meiner Meinung nach nicht nur an den japanischen Schriftzeichen, sondern an der japanischen Kultur, die über hunderte von Jahren gewachsen ist, ohne grosse Einflüsse von Aussen zu haben. Japan als High-tech-Leader hat vieles selber entwickelt und nicht einfach übernommen oder kopiert. Deshalb ist es so wunderschön anders. Realität oder nicht? Westwolrld oder Truman Show? Egal. Mir gefällt es in Tokio. Bis jetzt ist vieles zwar noch Lost in Translation. Doch ich arbeite daran und kann es kaum erwarten, mehr über diese Traumwelt zu erfahren.

12 in 12 – Bangkok loves Tokyo

In Bangkok ist alles japanisch. Sushi-Restaurants, Ramen, Gyoza, japanische Mode, J-Pop, Anime, Manga, japanische Filme in den Kinos und und und. Während japanische Touristen in Europa und besonders in den USA oft  belächelt werden, sind sie hier die grossen Stars.

“Ich liebe Japan” sagt die knapp 30-jährige Aunyawee, die ein japanisches Comme-dse-Garcons-Shirt an hat. “Wenn die was machen, dann aber richtig” sagt sie. Thailänder wachsen mit der japanischen Kultur auf. Cartoons wie Sailor Moon und Doraemon laufen hier im Fernsehen rauf und runter. Japaner gelten als “sophisticated”, reich und schön.

Japan ist der grösste Investor in Thailand. 4500 Unternehmen aus dem Land der aufgehenden Sonne haben hier eine Niederlassung. Ein grosser Teil der Infrastruktur in Thailand wird ebenfalls von Japan aus finanziert. Vergessen sind die Differenzen aus dem zweiten Weltkrieg. Damals wechselte Thailand kurz vor Kriegsende die Seiten und in den Strassen wurde gefeiert, als Japan kapitulierte.

Wer in Thailand etwas auf sich hält, der fliegt nach Japan. Dank der Billig-Airline Air Asia und dem wirtschaftlichen Boom ist das für viele Thailänder durchaus erschwinglich geworden. Die japanische Küche vor Ort erleben, einmal an einer Manga-Convention dabei sein und die Lieblings-J-Pop-Band endlich mal live sehen. Das steht ganz oben auf der Liste der jungen Thais.

Zwischen den beiden Ländern gibt es durchaus Parallelen. Beide haben einen König, Buddhismus spielt eine besondere Rolle, die Länder sind sicher, die Leute freundlich und hilfsbereit. Die Thailänder bewundern die Japaner. Sie möchten auch gerne so sein – innen und aussen.  Weiss, weisser, am weissesten, japanisch…oder so ähnlich.

Einen grossen Unterschied gibt es aber. Während in Japan der soziale und gesellschaftliche Druck und die Konformität wohl so ausgeprägt ist, wie nirgends andes auf der Welt, gilt in Thailand weitgehend: Leben und Leben lassen. Ich hoffe, das bleibt auch so, denn die Unbeschwertheit ist genau das, was das Land ausmacht.

12 in 12 – Was wäre, wenn…

Habt ihr euch auch schon mal überlegt, was wäre, wenn ihr in einer anderen Stadt geboren wäret? Was wäre aus euch geworden, wo hätte es euch hingetrieben, wäret ihr glücklich oder unglücklich, überhaupt noch am Leben oder schon lange nicht mehr da?

Ich mache mir manchmal solche Gedanken; besonders wenn ich in fremden Städten bin und sehe, wie hart man dort kämpfen muss, um oben auf zu schwimmen. Was wäre, wenn ich in Chai Nat, einer Kleinstadt, rund 4 Stunden von Bangkok entfernt, sozusagen im Niemandsland, geboren und aufgewachsen wäre?

Hätte ich es dann auch nach Bangkok geschafft und würde heute für die Bangkok Times schreiben oder wäre ich auf den Reisfeldern Chai Nats geblieben und wenn ja, wäre das wirklich so schlimm? Wäre ich auf den Reisfeldern oder beim pflücken der Pomelo-Frucht weniger glücklich?

Wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass ich es aus Chai Nat raus geschafft hätte und wenn ja, wäre ich bestimmt vom Grossstadtdschungel  Bangkok geschluckt worden. So gern ich glauben würde, dass ich es geschafft hätte, wie Kamon im Thai-Boxing-Stadion die Fäden der Wettgemeinschaft zu ziehen, so realistisch muss ich zugeben, dass die Chancen dafür ungleich geringer sind, als für jemanden, der in der Nähe von Zürich geboren und aufgewachsen ist, zum Moderator des Auslandsjournals aufzusteigen.

Überlegt euch doch auch mal, was aus euch geworden wäre, wenn. Das muss gar nicht unbedingt eine grosse Metropole im Ausland sein. Manchmal reicht schon ein anderer Kanton oder ein anderes Bundesland und alles hätte sich sowas von anders entwickelt. Oder was wäre, wenn ihr einen wichtigen Entscheid im Leben anders getroffen hättet? Wenn ihr den Job nicht angenommen hättet, die Freundin nicht verlassen hättet, das Bein beim Skifahren nicht gebrochen oder den besten Freund trotz Streit doch angerufen hättet

Wenn schon kleine Veränderungen eine grosse Wirkung zeigen , dann würde die radikale Entwurzelung und die Verpflanzung in eine andere Stadt oder einen anderen Kontinent bestimmt alles völlig durcheinander bringen, oder doch nicht? Setzt man sich durch, egal wo oder eben nicht?

Wäre ich in Sydney tatsächlich Rettungsschwimmer von Bondi Beach geworden, in Buenos Aires Profifussballer, in Mexico City Starkoch, in Rom Barrista und in Moskau Theaterintendant oder würde ich in Sydney bei Coles die Regale füllen, in Buenos Aires Papier sammeln, in Mexico Orangensaft pressen, in Rom arbeitslos sein und in Moskau Stahl giessen?

Und ganz abgesehen von meinem Werdegang, hätte ich die gleichen Gedanken, Träume und Meinungen? Wäre ich liberal oder radikal, stolz oder unsicher, schüchtern oder draufgängerisch? Die berühmte “Nurture vs. Nature” Debatte.

Was wäre, wenn?

12 in 12 – Michelin auf der Strasse

Seit zehn Jahren baut Trang an diese Strassenecke ihren kleinen Wagen auf und zaubert Bananen-Pfannekuchen aus dem Hut bzw. aus ihrer portablen Kochplatte. Genau so muss ein Banana-Pancake schmecken. DerTeig ist aussen knusprig und innen noch ein wenig teigig, die Banane ist auf den Punkt  gereift, ein klein wenig Zucker und leicht gesüsste Kondensmilch sorgen für das gewisse Etwas.

Zehn Jahre bereitet Trang ein einziges Gericht zu. Jeder Handgriff sitzt. Das muss einfach gut sein. Sonst würden die Leute nicht Tag für Tag wiederkommen und umgerechnet weniger als 1 Euro dafür bezahlen.

Wer sich in Bangkok davor scheut, an den Strassenständen zu essen, der verpasst was. Alles ist ultrafrisch und köstlich. Ich habe hier an keinem einzigen Stand etwas ausprobiert und es danach bereut. Im Gegenteil. Ich wünschte, ich könnte sie alle testen. Alle an einmem Tag und wieder von vorne.

Ich bin ja ein im Prinzip grosser Freund des “Fine Dining“. Doch es gibt Küchen, bei denen sich Fine Dining  in ein Michelin-Restaurant einfach nicht lohnt. Thailand ist so ein Beispiel – Rom und Mexico City ebenfalls.

Die heimlichen Michelin-Stern-Köche in Bangkok sind die Street-Food-Anbieter. Gar keine Frage: Den Green Papaya Salat an der BTS-Station in Ari gleich unten an der Rolltreppe kann man nicht besser machen. Von mir kriegt der einen Michelin-Stern.

Gerichte wie Khao Soy (curried egg noodles), Hainanese-style chicken rice (khao mun gai), Khao gang (curry rice)  oder kanom pang sankaya (steamed bread with coconut custard dipping sauce) sind nur einige der Höhepunkte.  Von den meisten Gerichten, die ich probiert habe, weiss ich nicht einmal den Namen, geschweige denn was da genau drinnen war. Doch das macht gar nichts. Hauptsache es schmeckt.

Den Thais ist das Essen enorm wichtig. Wohl das Wichtigste überhaupt. Wichtiger als Religion und Shopping. Ob Strassenstand oder das neuste durchgestylte Food-Konzept. In Bangkok steht man auch gerne mal an, um den Gaumen zu verwöhnen.

Dazu fällt mir die schöne Geschichte ein, die uns ein Freund neulich erzählt hat. Seit einigen Wochen ging er in ein Buddhisten-Kloster, um dort etwas Ruhe zu finden. Er war von den Mönchen in ihren orangen Gewändern fasziniert.

Er hörte ihnen stundenlang zu und bewunderte ihre ruhigen Gespräche, ohne zu verstehen, worum es ging. Er nahm sich fest vor, besser Thailändisch zu lernen, nur um die Mönche zu verstehen und dann vielleicht erleuchtet zu werden.

Nach einigen Wochen war es dann so weit. Die ersten Gesprächsfetzen kamen bei ihm an.  “Die haben sich den ganzen Tag über Essen unterhalten – über Essen!”

Gross war seine Enttäuschung. Doch Mönche sind eben auch nur Menschen…