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12 in 12 – Alle Wege führen zum Étoile

Heute mach ich mal einen kleinen Quiz mit Euch. Jeder kennt bestimmt den Arc de Triomphe. Der Triumphbogen steht in Mitten des Place Charles-de-Gaulle oder des Étoile, wie ihn die Pariser nennen. Die Champs-Elisées kommt vom Place de la Concorde und führt sozusagen direkt durch den Bogen. Auf der anderen Seite des Bogens heisst sie dann übrigens Avenue de la Grande-Armée.

Doch wieviele Strassen bzw. Avenues gehen insgesamt vom Triumphbogen aus weg bzw. führen direkt zum Étoile? Was meint ihr? Eine Kreuzung bzw. ein Kreisel mit wie vielen Abzweigungen? Überlegt mal kurz.

Ihr wisst es nicht? Höchstens sieben? OK, dann will ich euch etwas auf die Sprünge helfen. Eine normale Kreuzung hat vier “Ausgänge”. Der Étoile ist keine normale Kreuzung, sondern ein riesiger Kreisel. Dann sagen wir doch mal, dass er neben den üblichen vier Ausgängen nochmals jeweils einen zwischendurch hat. Das wären dann acht Strassen, die vom Triumphbogen in alle Himmelsrichtungen weggehen.

Doch das reicht noch nicht.  Acht sind zu wenige. Dann nehmen wir auf jeder Seite nochmals eine weitere Abzweigung dazu und kommen auf zehn. Fast – aber noch nicht ganz. Insgesamt sind es 12 Wege, die zum Étoile führen. 12 Strassen bzw. 12 Avenues mit unterschiedlichen Namen.

Ich glaube nicht, dass es irgendwo noch eine verwirrendere Kreuzung gibt – die Grösste ist sie auf jeden Fall noch immer. Kleine Mutprobe gefällig? Fahrt mal mit dem Fahrrad um den Place Charles-de-Gaulle. Ihr seid echt gut, falls ihr es schon beim ersten Versuch in die richtige Avenue schafft.

12 in 12 – Macron und ich

Scharfschützen auf den Dächern, Secret Service  Agenten überall und ein ganzer Haufen geladene Gäste aus der Pariser High Society. Ich stehe mitten im Innenhof des Elysée Palastes und wundere mich, wie ich nur hierher gekommen bin.

Im Prinzip wollte ich mir ja nur kurz von aussen anschauen, wie der französische Präsident Emmanuel Macron und seine Gattin Brigitte  an der  Rue du Faubourg Saint-Honoré im Elysée-Palast wohnen. Schon nur vor die Tore des Palastes zu kommen, ist ein Spiessrutenlauf um unzählige Sicherheitsschranken und Absperrungen. Immer wieder muss ich meine Einkaufstüte vorzeigen und werde von bewaffneten Polizisten  kontrolliert.

Doch dann stehe ich plötzlich und unverhofft auf der gegenüberliegenden Strassenseite der Residenz. Rüber kann ich nicht. Dafür sorgen weitere Absperrungen und zwei Polizisten. Na, macht ja auch nichts. Ist ja von hier aus schon sehr beeindruckend. Schnell ein Photo gemacht und dann weiter. Aus der Gegenrichtung kommt eine Schulklasse, die direkt auf den Polizisten zusteuert. Der öffnet die Absperrung. Die Klasse geht durch. Ich werfe dem Polizisten einen erstaunten Blick zu. “Allez-y” sagt der und winkt mich durch.

Was war das denn? Plötzlich stehe ich vor dem grossen Tor des Palastes. Eine weitere Sicherheitskontrolle steht mir bevor. Ich habe weder eine Einladung, noch sonst was. Wenigstens habe ich meine Identitätskarte dabei. Jetzt komme ich dran. Keinen Ausweis wollen die bis an die Zähne bewaffneten Polizisten sehen. Nur meine Flasche Wasser schauen sie interessiert an und werfen sie in ein Testgerät. Keine Bombe. Glück gehabt. “Guten Abend und viel Spass” sagt der Gendarme und drin bin ich.

Im Innenhof spielt ein Orchester. Dutzende von Fernsehkamera sind aufgestellt. Die Stimmung ist festlich. Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht. Mittlerweile stehe ich direkt vor dem Eingang des Palsates. Überall Secret Service Agenten. Auf den Dächern des gegenüber liegenden Hauses kann ich Scharfschützen sehen. Was wird denn hier gespielt?

Kommt etwa Emmanuel Macron bald höchstpersönlich aus dem Haus? Kann doch nicht sein. Mal abwarten. Ich komme mir vor, wie in einem James-Bond-Film. Inmitten der Pariser Elite stehe ich und das in einem weissen T-Shirt, kurzer Hose und Sandalen. Wie schräg. Gleich tritt ein kolumbianisches Jugendorchester auf. Sollte hier etwa der kolumbianische Präsident zum Staatsbesuch erwartet werden?

“Da ist Brigitte” schreit die Dame neben mir ganz entzückt. Tatsächlich. Brigitte Macron, die Gattin des Präsidenten, die nicht zuletzt wegen ihres grossen Altersunterschieds zu ihrem Emmanuel in aller Munde ist, steht in einem schwarzen Kleid vor dem Eingang des Elysée. Sie begrüsst die Gäste und steht einen halben Meter vor mir. Jetzt kommt auch Emmanuel. Die grosse neue Hoffnung Europas sieht unglaublich jung aus. Fast wie ein kleiner Schuljunge. Doch genau das macht ihn wohl so sympathisch.

Seine Frau und er gehen zum Eingang des Palastes und holen Juan Manuel Santos, den kolumbianischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger samt  Gattin  ab. Sie hören sich das Orchester an, schwatzen, bleiben stehen, reden mit den Gästen und das alles bei 36 Grad im Schatten. Brigitte und Emmanuel sind ein schönes Paar. Frankreich kann sich glücklich schätzen. Ich finde es toll, dass sie 24 Jahre älter ist als er. Die Frau an seiner Seite verleiht dem jugendlich wirkenden Politiker Macron die Reife und Erfahrung, die ihm fehlt. Gleichzeitig lässt sie den ewigen Musterschüler wie einen Rebellen wirken, der keine Angst hat, Konventionen zu brechen. Bravo.

Doch halt, ich schweife ab. Die Ehrengäste sind mittlerweile auch da. Die Sicherheitsagenten in ihren grauen Anzügen schwitzen, was das Zeug hält. Das Bankett ist angerichtet. Brigitte schüttelt Hände und streckt ihre Hand auch in meine Richtung. “Bonsoir” sage ich und sowas wie “bien fait” oder so. Keine Ahnung mehr, ehrlich gesagt. Dann ist der Spuk vorbei. Ich trete wieder auf die Strasse und kann immer noch nicht fassen, was gerade passiert ist.

Ein ganz gewöhnlicher Tag in Paris.

 

 

 

12 in 12 – Es muss Sennelier sein

Wir schreiben die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Paris  befindet sich im Umbruch. Schnell und rasant geht es voran. Auf Anordnung des Präfekten George-Eugène Haussmann werden ganze Häuserreihen abgerissen, unzählige Parks angepflanzt und der Eiffelturm errichtet. Paris ist der Nabel der Welt. Mit der Industrialisierung kommt auch die Moderne. Die Attitüde der Bürger verändert sich. In dieser Zeit entsteht in Paris etwas, das die Kunstwelt für immer verändern wird: Der Impressionismus.

Die Darstellung des Lichts und der atmosphärischen Bedingungen in leicht abstrakter aber noch immer leicht erkennbarer Weise, begleiten die Zeit. Neue Techniken werden getestet und verfeinert. Ein weiteres Merkmal: Der teilweise Verzicht auf Schwarz und erdige Farbtöne lässt die gesamte Farbpalette aufhellen.

Während die Impressionisten auch heute noch jedes Kind kennt, hat ein Mann nur geringe Berühmtheit erlangt, ohne den die Karriere von Monet, Cézanne, Turner Gauguin und auch Picasso nicht denkbar gewesen wäre: Gustave Sennelier. Der Chemiker kreierte in seinem Geschäft  am 3, Quai Voltaire  im 7 ème Arrondissement, auf der gegenüberliegenden Seite des Louvre, Farben und vor allem Pigmente. Die Maler der Zeit trafen sich bei ihm und warteten ungeduldig darauf, dass Sennellier neue Pigmente auf den Ladentisch zauberte. Bei Senellier  unterhielten sie sich, prahlten mit neuen Techniken und versuchten gleichzeitig, ihre Konkurrenten auszuspionieren und Aufträge an Land zu ziehen.

Senneliers Farben waren das stille Geheimnis des Impressionismus . Das Grün, mit dem Monet für seine Wasserlinien gemalt und das Blau, mit dem Gauguin seine blauen Bäume auf die Leinwand gezaubert hat, wäre ohne den Chemiker nie und nimmer so unvergesslich geworden.

Der Laden ist bis heute unverändert. Ein Urenkel von Gustave führt den Shop. Bei Senellier gibt es alles, was sich ein Künstler wünscht. Wasserfarben mit hoher Pigmentdichte, Ölfarben in allen Variationen, Aquarellfarben und und und…. Noch heute malen Künstler, die etwas auf sich halten, mit Sennelier.  Da können auch Graham, Winsor und  Gamblin nicht mithalten.

Aber eines dürfen ich und andere Hobbymaler trotz der richtigen Farbenmarke in ihrem Überschwang nicht vergessen: Farbe ist das Eine, Talent das Andere…

12 in 12 – Yves und Simone

 

Auf dem Friedhof Père Lachaise im Norden von Paris geben sich die Berühmtheiten sozusagen die Hand. Ob Wilde, Morrison, Piaff, Molière, Chopin, Bizet,  Callas, Chabrol, Colette, Delacroix, La Fontaine, Proust, Saint Exupéry oder Trintignant; sie alle sind hier begraben.

Inspiration und Nachdenklichkeit machen sich breit. Doch kein Grab berührt mich so, wie das von Yves Montand und Simone Signoret. Nur zwei Namen auf einem Stein. Dazu ein Blumenstrauss. Sonst Nichts. Keine Daten, keine Lobeshymnen.

Trotzdem spürt man hier endlose Liebe. 34 Jahre waren sie verheiratet. Das Traumpaar der französischen Unterhaltung, das sich unermüdlich für die Anliegen der Unterdrückten und Schwachen eingesetzt hatte und schon in den 50er Jahren aktiv gegen Kernwaffen aller Art protestiert hatte.

Sie waren unzertrennlich und stehen so für Paris, wie wohl kein anderes Paar.

Wo liebend sich zwei Herzen einen,
Nur eins zu sein in Freud und Leid,
Da muss des Himmels Sonne scheinen
Und heiter lächeln jede Zeit.

Das ist nicht von mir, sondern von Hoffman von Fallersleben; passt aber so schön zur Stimmung, die ich vor dem Grab von Yves und Simone verspüre.

Eternal Love sagt man so oft. Zwei Namen auf einem Stein. Hier kann man sie spüren.

Ihre Geschichte:

12 in 12 – Les Bains (ohne Douches) lebt wieder

Sowas hatte Paris noch nicht gesehen. Als Les Bains Douches 1978 seine Tore öffnete, waren in diesem legendären Club nicht nur die reichen Pariser unter sich, sondern alles war etwas abgefuckter als irgendwo anders. Schwarze Jugendliche und Drag Queens gaben sich die Hand. Schnell war Les Bains Douches der angesagteste Club in Paris und für ein paar Jahre das Club-Epizentrum der Welt.

Keith Haring, Grace Jones, Debbie Harry, David Bowie, Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat und Jean-Paul Gaultier waren Stammgast. Karl Lagerfeld, Catherine Deneuve und Keith Richards sollen gar mal abgewiesen worden sein. Nacht für Nacht warteten die Huldiger an der Rue du Bourg-l’Abbé, um einmal dabei zu sein. Eingerichtet war der Club von einem jungen Philip Stark und aufgelegt hatte in den grossen Jahren ein damals unbekannter David Guetta. Statt wie im New Yorker Studio 54, wo Disco und Funk liefen, spielte im Les Bains Joy Division.

Dazu kamen Bands wie Echo & The Bunnymen, Simple Minds und  DAF, die hier ihre ersten Konzerte gaben. Auch Depeche Mode spielte im Les Bains, als sie noch niemand kannte. Mitte der Achtziger Jahre kam dann die Zeit der Supermodels im Les Bains. So manche Party endete im berühmten Pool.

Um die Jahrtausendwende hatte das Les Bains seinen Glanz verloren und schloss fast unbemerkt seine Tore. Doch seit 2015 ist es wieder so weit. Das Les Bains ist wieder da. Mit seinem Club Im Keller und einem kleinen, sehr exklusiven Hotel. 13 Millionen Euro hat es gekostet, das Haus aus dem Koma zu holen. Seine wichtigsten Daten sind auf die Hotelhandtücher gestickt: 1885 – 1978 – 2014 (die Eröffnung hatte ein Jahr Verspätung).

Jetzt stehen sie wieder Schlange die jungen Schönen von Paris. Alles ist etwas schicker geworden und Label wie Dior und Yves Saint Laurent feiern hier ihre Parities während der Fashion Week. Ganz hat Les Bains sein Flair für Underground jedoch nicht verloren. Einmal im Monat werden die heissesten Bands der Gegenwart eingeladen, die kurz vor dem Durchbruch stehen. An so einem Abend hatte ich das Glück, auch da zu sein.

Am Eingang steht ein Schrank von einem Mann, der überraschend freundlich meine Eintrittskarte kontrolliert. Dann zwei typische Pariserinnen, die mir zeigen, wo es lang geht. The Beautiful Crowd ist wieder da. Zwei Stockwerke nach unten und da ist es. Das Pool gibt es immer noch und die schwarzweisen Kacheln ebenfalls. Les Bain ist in neuem Glanz erstrahlt. Rappelvoll und heiss. So soll es sein. Leif Vollebekk legt auf seinem Piano los, ehe die superheisse Band Dream Wifes mit ihrerselbstbewussten isländischen Sängerin auftrumpft. Zum Schluss noch Noga Erez aus Tel Aviv, die schräge Rhythmen aus Israel mitgebracht hat. Les Bains (ohne Douches) ist wieder da!!!

 

12 in 12 – Trump und Napoleon

Der Invalidendom. Ein Prunkbau direkt am Ufer der Seine.  Dort ist Napoleon Bonaparte alias Napoleon I begraben. Der Feldherr erfreut sich in Frankreich noch immer grosser Beliebtheit. Als Urvater der Grande Nation und als “Soldat der Revolution” wird er verehrt und als “Erfinder” des Code Civil bewundert.

Neben seiner Grabstätte fällt mir eines seiner Zitate auf. “Partout ou  mon regne a passé il a laissé des traces durable de son bienfait” Zu Deutsch heisst das soviel wie: “Überall wo ich gewirkt habe, hinterlasse ich Spuren von nachhaltiger wohltuender Wirkung.”

Das erinnert mich verdammt an einen anderen Möchtegern-Napoleon und zwar den von da drüben aus den USA. Genau das denkt und sagt doch unser lieber Donald Trump die ganze Zeit. The Donald ist davon überzeugt, dass er schon jetzt der grösste aller Präsidenten ist und alles was er macht, pures Gold ist.

Make America great again” könnte ebenfalls direkt aus der Feder Napoleons stammen. Napoleon hat denn auch mal gesagt: “Ich habe schon jetzt mehr gemacht als alle Könige vor mir zusammen” oder war das unser Donald?

Beide “Feldherren” haben die Aufbruchsstimmung im Land dazu benutzt, an die Macht zu kommen, ohne wirklich von den Prinzipien und der Ungerechtigkeit im Land überzeugt gewesen zu sein. Doch Napoleon hat einen wichtigen Beitrag geleistet, den Trump wohl nie leisten wird. Er hat den Code Civil entwickelt und eingeführt. Den Grundsatz des heutigen Rechtsstates und wenn man so will der modernen Zivilisation. Das haben wir Napoleon zu verdanken.

Als wichtige Grundsätze wurden im Code Civil die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, Freiheit für alle und der Schutz des privaten Eigentums festgeschrieben. Die Forderungen der Französischen Revolution wurden somit hier auch in Rechtsform umgesetzt.

Festgelegt wurden im Code Civil auch die Trennung von Kirche und Staat und die freie Berufswahl.

Ach ja, da ist noch ein wichtiger Unterscheid. Napoleon “did make France great again”.

Eine Gemeinsamkeit haben die beiden dann doch noch. Ihre “Wohnungen waren mit den selben, goldüberschütteten, geschmacklosen Möbeln eingerichtet. Immerhin.

 

 

12 in 12 – Der grosse Blonde mit dem Schwarzen Schuh

 

Einer meiner absolut liebsten Filme aller Zeiten ist Pierre Richards “Der grosse Blonde mit dem Schwarzen Schuh” aus dem Jahr 1972. Ich weiss nicht, wie oft ich den Streifen gesehen habe. Es muss bestimmt ein Dutzend Mal gewesen sein. Das war zu einer Zeit, in der man noch gewartet hat, bis ein Film endlich wieder im Fernsehen gezeigt wurde – und der grosse Blonde wurde oft gezeigt; sehr oft.

So viele Szenen haben sich in meinem Gedächtnis für immer festgesetzt. Wie Pierre Richards bester Freund Maurice  hinter dem Abhörwagen auf seinem Fahrrad herfährt und seine Frau Paulette “Mach mir den Hengst” hören sagt, wie Pierre Richard am Flughafen die Rolltreppe herunterfährt und ungewollt zum Superagenten wird oder wie Mireille Dark, mit ihrem unvergesslichen Kleid, Pierre Richard verführen soll und das dann nicht ganz so läuft wie geplant.

Ihr wisst nicht, wovon ich spreche? Ich spreche von der wohl erfolgreichsten französischen Komödie der siebziger Jahre, die nicht zuletzt durch die von George Zamphir auf der Panflöte gespielte und von Vladimir Costa komponierte Filmmusik eine Legende wurde.

Noch immer nichts? Na dann will ich Euch auf die Sprünge helfen. Der Plot in Kurzform:

François Perrin (Pierre Richard) ist ein hochbegabter, jedoch etwas zerstreuter Geiger, der obendrein ein Verhältnis mit der Frau seines besten Freundes Maurice, Paulette, hat. Als Perrin nach einer Auslandstournee im Flughafen eine Rolltreppe mit zwei unterschiedlichen Schuhen herunterfährt, wird er aufgrund dieses Merkmals von einem Mitarbeiter des Geheimdienstchefs Toulouse auserwählt, unwissentlich einen „gefährlichen Agenten“ zu spielen, um seinen rivalisierenden Stellvertreter Milan auf eine falsche Spur zu führen.

Im Garten des Bürgermeisterhauses des 7.  Arrondissement hatte ich das Vergnügen, den Film diese Woche nochmals zu sehen.. Pierre Richard (mittlerweile 82 Jahre alt) und Vladimir Costa waren eingeladen. Bürgermeisterin Rachida Dati führte durch den Abend. Ich konnte es kaum fassen. Vereint mit dem Held meiner Jugend. Der grosse Blonde mit dem Schwarzen Schuh oder wie er im Original heisst, “Le grand blond avec le chaussure Noir”.  Statt mach mir den Hengst heisst es auf französisch Fais moi le cheval. Doch sonst bleibt alles beim Alten.

Es gibt Filme, die man als Teenager geliebt hat,  20 Jahre nicht mehr sieht und dann überrascht ist, wie man darüber je Lachen konnte.  Der grosse Blonde mit dem Schwarzen Schuh gehört nicht dazu und ist für mich noch immer eine der grössten Komödien aller Zeiten. Den Film hier in Paris im 7. Arrondissement zu sehen, wo er zum grossen Teil auch spielt (das ist der Stadtteil mit dem Eifelturm) ist ein Kindheitstraum, der spät in Erfüllung geht.

Pierre Richard, alias Francois Perrin ist mein Held;  oder um es mit den Worten von Bernard Bier zu sagen: “Ein ganz ausgeschlafener Bursche. Der macht mit uns, was er will”

Ach ja, wusstet ihr übrigens, dass der Film dann 1985 für das amerikanische Kinopublikum nochmals verfilmt wurde und zwar mit keinem geringeren als Tom Hanks in der Hauptrolle und dem Titel The Man with One Red Shoe? Ein fürchterliche Idee und ein fürchterlicher Film. Tom Hanks ist eben nicht Pierre Richard.

Der geniale Trailer (mit der Musik!!!):
https://www.youtube.com/watch?v=8UsdFo6geb8

Der ganze Film!!

https://www.youtube.com/watch?v=ZL9S9ysF51Y

12 in 12 – Die Dornenkrone von Jesus

Ich kann es kaum glauben, als ich es höre. Die Dornenkrone, die Jesus am Kreuz getragen hat, soll sich in der Kirche Notre Dame befinden, der Kirche die heute dank dem berühmten Glöckner wohl jedes Kind kennt. Die echte, 2000 Jahre alte Dornenkrone. Ein schlechter Scherz? Keineswegs.

Die Krone ist nicht etwa weggeschlossen, sondern wird den Gläubigen jeden ersten Freitag im Monat in einer Prozession präsentiert. Doch damit nicht genug. Die Krone wird nicht nur gezeigt, sondern am Ende eines kurzen Gottesdienstes kann jeder der will, die Krone aus allernächster Nähe begutachten und ihr einen Kuss geben. Nein, nein, das habe ich nicht geträumt. Das ist wirklich so. Indianerehrenwort.

Es ist kurz vor drei Uhr. Ich sitze in der vierten Reihe der Notre Dame de Paris, die von 1163 bis 1345 errichtet und  eine der frühesten gotischen Kirchengebäude Frankreichs ist. Ich musste weder anstehen, noch einen Ausweis zeigen, noch als Test das Vater Unser aufsagen. Ich bin einfach so in der Kirche.

Mit Weihrauch und Dutzenden von Priestern begleitet wird die Dornenkrone sowie ein Nagel, mit dem Jesus ans Kreuz gehängt wurde und auch ein Stück Holz des Kreuzes in die Kirche getragen.

Das ist schon ein schräger Film. Ich bin im Prinzip ja nicht gläubig und fühle mich etwas fehl am Platz. Doch irgendwie ist das Ganze schon ergreifend. Die Leute neben und vor mir sind teilweise wie in Trance. Sie singen und sie huldigen. Es herrscht eine sonderbare Spannung.

Da ist sie nun, die in Glas eingebettete Krone. Ganz ohne Sicherheitspersonal wird sie durch den Raum getragen in einer Kirche, die nur gut gefüllt, doch keineswegs überfüllt ist. Die möglicherweise wichtigste Reliquie des Christentums ist nur wenige Meter von mir entfernt,

Mir schiesst durch den Kopf, wieviel die Krone wert ist. Unbezahlbar ist sie wohl. Im Gegensatz zu einem Ölbild von Basquiat, das gerade für über 100 Mio, Euro an einer Auktion wegging, existiert die Krone nur ein einziges Mal. Ein Dieb hätte hier recht leichtes Spiel…weg mit diesen Gedanken, Warum komme ich nur auf solche Ideen?

Ob die Krone wirklich echt ist oder nicht, ist Glaubenssache. Das Material der Krone ist in der Bibel nicht überliefert. Verschiedene Pflanzen, wie Christusdorn oder Weissdorn, kommen dafür in Frage.  Der französische König Ludwig IV. erwarb die Reliquie neben anderen ebenfalls weltbekannten Reliquien, wie Teilen des Kreuzes und der Spitze der Lanze des römischen Hauptmannes Longinus 1237 in Konstantinopel und liess zu deren Aufbewahrung die Kapelle Sainte-Chapelle errichten. Ab 400 nach Christus gibt es Nachweise, dass es sich wirklich u die Krone handelt. Davor sind die Aufzeichnungen uneinheitlich.

Jetzt kommt der grosse Moment. Ich werde dazu aufgefordert, mich in die Reihe zu stellen und die Krone zu huldigen. Ich kann nicht anders, als mich auch anzustellen. Gleich ist es so weit. Soll ich, wie alle vor mir, der Krone auch noch einen kleinen Kuss geben? Darf ich das überhaupt als “Papierchrist”? OK, ich muss mich  entscheiden. Ich denke mir, dass wenn es tatsächlich einen Gott gibt, er bestimmt nichts dagegen haben wird, wenn ich ihm meine Ehre erweise. Wenn nicht, dann küsse ich eben ein Glasgefäss. Macht ja auch nichts.

Die Krone und ich. Ganz unter uns. Ein kleiner Kuss, ein Schritt nach links und schon ist der Spuk vorbei. Eine  ganz besondere Erfahrung. Auf jeden Fall habe ich mich extrem ruhig und ausgeglichen gefühlt. Eine gute Sache. Ich gehe aus der Kirche und weiss nicht so recht, was gerade mit mir geschehen ist. Die Jesuskrone in der Notre Dame und ich mittendrin. Wer hätte das gedacht…

12 in 12 – Minimalismus in Perfektion

Alles ist so herrlich funktional und einfach. Kein Stein wurde hier verbaut, der nur der Ästhetik dient, sondern alles hat seinen Sinn und Zweck.

20 Minuten mit dem Zug vom Gare St. Lazard steht eines der grössten Meisterwerke der modernen Architektur: Die Villa Savoye des Schweizer Architekten Le Corbusier.

Ja, genau. Das ist der Architekt, der mal gesagt hatte: “Alle Häuser sollten von Gesetzes wegen weiss sein”, und weiss ist sie denn auch die Villa Savoye

Corbusier hatte sein legendäres Manifest der Architektur geschrieben und es in der Villa Savoye in Poissy 1928 bis 1931 perfekt umgesetzt.

Die Villa steht hochgelegen auf einem weitläufigen Grundstück, inmitten einer grossen Wiese umgeben von Laubbäumen und mit Sicht auf die Seine. Seit 2016 ist die Villa ein Weltkulturerbe der Unesco.

Das Haus strahlt eine Ruhe aus, die in nur wenigen Gebäuden zu finden ist. Licht durchflutet die Räume, ohne störend zu sein. Die Fenster sind unterteilt, um eine gewisse Privatsphäre und vor allem auch gleichmässiges Licht zu garantieren. Alles ist zeitlos gebaut. Eine Seltenheit in der modernen Architektur. Oft sehen Gebäude schon nach zehn Jahre so aus, als ob sie nicht mehr zu unserer schnelllebigen Welt passen. Die Villa Savoye könnte heute noch genau so gebaut werden und wäre auch heute noch ein Meisterwerk.

Ein weiteres Zitat von Le Corbusier fällt mir da ein, wenn ich vor der Villa stehe.”Ich bevorzuge das Zeichnen gegenüber dem Reden. Zeichnen geht schneller und lässt weniger Raum für Lügen.” Das passt so gut. Ehrlicher könnte ein Haus kaum sein als die Villa Savoye. What you see is what you get. Keine Beschönigungen.

Le Corbusier hatte sich während des Baus mit der Familie Savoye zerstritten. in den 50er Jahren übernahm die Stadt Poissy das Haus und wollte es abreissen. Erst massive Proteste und der Einsatz des französischen Kulturministers verhinderten das Undenkbare. Zum Glück.

Neben der Villa Tugendhat (Ludwig Mies van der Rohe, 1930), Fallingwater (Frank Lloyd Wright, 1937) und dem Haus Schminke (Hans Scharoun, 1933) gehört die Villa Savoye zu den bedeutendsten Wohnhäusern der Moderne.

Das sind die fünf Punkte des Manifests “Fünf Punkte zu einer neuen Architektur:

  1. Die Pfosten: Ein Raster von Betonstützen ersetzt die tragenden Mauern und wird zur Grundlage der neuen Ästhetik.
  2. Die Dachgärten auf einem Flachdach können sowohl als Nutzgarten wie auch zum Schutz des Betondachs dienen.
  3. Die freie Grundrissgestaltung (offener Grundriss) und damit der Wegfall von tragenden Mauern ermöglicht eine flexible Nutzung des Wohnraums.
  4. Das Langfenster durchschneidet die nichttragenden Wände entlang der Fassade und versorgt die Wohnung mit gleichmässigem Licht.
  5. Die freie Fassadengestaltung wird ermöglicht durch eine Trennung der äußeren Gestaltung von der Baustruktur.

12 in 12 – Irgendwas stimmt hier nicht

Es ist halb zehn Uhr Abends. Im Hinterhofclub La Loge im 11e Arrondissement steht gleich die französische Hipsterentdeckung Pi Ja Ma auf der Bühne. Ich stehe am Rand des Saals und schaue mir das Publikum an. Sie sehen nicht viel anders aus als in Berlin oder in London. Viele haben ein Bier in der Hand, tragen Stan Smith und vornehmlich schwarze Kleidung. Doch irgendwas ist dennoch anders. Irgendwas.

Da es bestimmt noch 20 Minuten geht, bis Pi Ja Ma ihren grossen Auftritt hat, nehme ich mal mein iPhone aus der Tasche. Es kann ja sein, dass ich eine total wichtige Nachricht verpasst habe. Nicht auszudenken, wenn ich die nicht gleich sehe…

Genau in diesem Moment geht mir ein Licht auf. Ich weiss jetzt, was hier anders ist, als überall anders. Ausser mir spielt hier niemand mit seinem Handy. Kein Einziger hat das Verlangen, mit der Aussenwelt verbunden zu sein. Kein Einziger starrt in seinen Screen und kein Einziger tippt wie wild, um allen via Instagram, Snapchat, Facebook oder Twitter zu zeigen, wie toll sein Leben ist.

Mann ist das erfrischend. Das Ganze strahlt so eine uhnheimliche Ruhe aus. Ich checke kurz, ob das alles nur daran liegt, dass hier im Saal kein guter Empfang ist. Doch nein, der Empfang ist klasse. Das Publikum verzichtet also ganz freiwillig auf das Smartphone. Dass ich das noch erleben darf… Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben.

Jetzt ist es endlich so weit. Pi Ja Ma steht auf der Bühne. Sie legt los und ist klasse. Sie singt, malt und bezirzt. Das Publikum ist begeistert und dennoch halten nicht alle wie blöd ihr Phone in die Höhe und nehmen eine Show auf, die sie bestimmt nie mehr wieder anschauen werden. Bien fait, Paris. Je vous adore.

Falls ihr Euch fragt, wer diese Pi Ja Ma eigentlich ist. Voilà: