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12 in 12 – No Worries, Mate – Rugby Sevens

Wie kann man nur so locker drauf sein? Als das als Polzist verkleidete Paar in seinen Mittvierzigern auf dem Grossbildschirm eingeblendet wird und dazu das Thema von Miami Vice durch die Lautsprecher dröhnt, stehen die beiden spontan auf und legen eine Tanzeinlage hin, die das Publikum im Allianz-Stadion in Sydney zum Rasen bringt.

Das ist kein Einzelfall. Die meisten der Zuschauer der Rugby Sevens in Sydney haben sich verkleidet – hier nennt man das Fancy Dress – und haben sowas von einer “good time” ohne dabei vulgär oder anstrengend zu sein. Sie sind einfach nur ausgelassen und freuen sich, heute hier zu sein.

Das Leben nur halb so Ernst nehmen, den Tag geniessen, leben und leben lassen. Da kann man sich ein ganz grosses Stück von abschneiden. Das Ganze ist ansteckend. Je länger ich hier bin, desto stärker sind die Symptome auch bei mir. Irgendwie hat es mich auch erwischt. Ich hoffe, ich werde diesen Virus nicht so schnell wieder los.

12 in 12 – Sydney – Ein kleiner Reiseführer

In Sydney kann man alles haben, was das Herz begehrt. Besonders die asiatische Küche ist hier ganz gross. Doch auch, wer lieber Fine Dining mag, kommt hier auf seine Kosten.

Mamak

Malaiische Küche ist im Moment noch unterbewertet. Alle reden nur von Vietnamesisch und Thai. Zu unrecht. Wer einmal bei Mamak den Teigfladen “Roti Chanai” mir verschiedenen Currysaucen gegessen hat, der weiss, dass es kaum was besseres gibt. Dazu hat Mamak die besten Satay-Spiesse aller Zeiten. Die Erdnussauce malaiischer Art ist noch besser als die Thai-Version und der Grillgeschmack der Spiesse ist unschlagbar.

Happy Chef

Laksa ist in Singapur und Malaysia das Standardgericht. Die Currysuppe mit Sea Food ist nirgends besser als bei Happy Chef.  Den Food-Court-Stand gibt es in Sydney gleich drei Mal und hat immer eine riesen Schlange. Das Warten lohnt sich.

 

Harry’s Cafe de Wheels

Wenn es sowas wie eine australische Spezialität gibt, dann ist das wohl der Pie. Ähnlich wie die britische Version, doch die von Harry’s Cafe de Wheels ist einfach ein Gedicht. Die Combo mit Mash und Mushy Peas ist der Hammer… und natürlich auch mit Gravy.

Uncle Tetsu

Der Cheesecake bzw. die Cheese Tarts von Uncle Tetsu, einer kleinen japanischen Kette ist “out of this world”.  Ich weiss gar nicht wieviele von denen ich gegessen habe. Einige würden sagen zu viele, ich sage zu wenige.

Automata

Wer Fine Dining bevorzugt und die Kreativität australischer Chefs testen will, der wird von Automata begeistert sein. Der beste junge Chef Asiens kocht wie kein anderer.

Burger Project

Das Fleisch ist von Cape Grim in Tasmanien und das schmeckt man. Auf jeden Fall ein Contender für den besten Burger auf diesem Planeten.

 

12 in 12 – Es gibt (fast) keine Haie in Bondi Beach

Es ist besser geworden. Doch manchmal packt mich die Angst völlig unverhofft und irrational. Egal ob beim Schwimmen im Bodensee, im Mittelmeer oder in der Badewanne…Selachophobie, die Angst vor Haien, ist bei mir allgegenwärtig. Sobald ich nicht mehr stehen kann, den Boden nicht mehr sehe, und zu viel über die süssen Fische nachdenke, kriege ich Panik. Jaja, ich weiss, dass das völlig unbegründet ist und wie gesagt, es ist besser geworden. Doch die Phobie ist immer noch da.

Bondi Beach
Bullenhai

Da konnte es ja wohl nichts besseres geben, als freiwillig über einen Monat ins Paradies der Haie, direkt an den Strand von Bondi Beach, zu gehen, den Ort, den der Sydney Morning Herald als einen der weltweiten  “Hot Spots” für Haiangriffe bezeichnet. Diese Auszeichnung erhält Bondi nicht ganz ohne Grund. Hier gibt es sie alle: Weisser Hai, Bullenhai und Tigerhai. Die grossen drei sind da.

Dagegen gibt es nur ein Mittel: Selbstüberlistung – und darin bin ich besonders gut. Fakten helfen. 500 Meter vor der Küste von Bondi Beach ist ein Haifisch-Netz aufgespannt, das dazu da ist, die Haie davon abzuhalten, in die Nähe des Strands zu schwimmen und dort ihr Unwesen zu treiben. Dazu hat man gerade sogenannte “Smarte Bojen installiert”, die die Life Guards per App alarmieren sollen, sobald ein Hai an ihnen vorbei schwimmt. Alles klar. Das reicht mir. Selbstüberlistung erfolgreich abgeschlossen. Seit einem Monat gehe ich jeden Morgen ins Meer Schwimmen und habe kaum einen Gedanken an die Haie verschwendet. Genaueres über Haie in Bondi wollte ich nicht wissen – zumindest bis gestern nicht.

Die Titelgeschichte des “Sydney Morning Herald” von gestern stach mir sofort ins Auge. “Haifischnetzte sind oft gar nicht da” steht da in grossen Lettern. “Your life is at stake!”. Viele Vertragspartner  sollen die Netze überhaupt nicht spannen bzw. die meisten Netze hätten  grosse Löcher, heisst es. Ein weiterer Artikel im “Guardian” kommt gar zum Schluss, dass die Netzte wenig nützen und die Haie entweder drüber schwimmen oder drum herum. Allein im letzten Jahr gab es in der Region um Sydney annähernd 20 gefährliche Haiangriffe – auch in Bondi Beach hiess es kurz bevor wir angekommen sind: Haialarm. 2015 gab es in Australien 98 Haiangriffe. 98!!!

Komisch, dass ich mich dadurch dennoch nicht aus der Ruhe bringen lasse. Heute Morgen bin ich wieder Schwimmen gegangen und habe keinen Weissen Hai  gesehen. Es ist eine weitere Statistik, die mich beruhigt. Der letzte tödliche Haiangriff in Bondi Beach lieg 85 Jahre zurück. Das war 1932.  2010 hatte dann ein Hai einen Surfer übel zugerichtet, doch der Surfer hat überlebt. Ich nehme das Risiko in Kauf. Es scheint mir sehr klein zu sein. “Calculated Risk” nennt man das. Dennoch habe ich weiterhin grossen Respekt vor dem Meer. Es ist faszinierend und unheimlich zugleich genau so wie die Haifische.

P.S. Ach ja, ausnahmsweise hab ich die Fotos hier mal nicht selber gemacht und bin auch recht froh darüber.

Für die Sensationslustigen hier noch ein Video aus dem Hafenbecken von Sydney (gestellt?): 

12 in 12 – Australia rocks!

Australien braucht den Vergleich mit England oder den USA nicht zu scheuen, wenn es um gute Musik geht. Über die letzten Wochen habe ich coole australische Bands und Künstler gesehen, in mindestens so coolen Venues in Sydney wie der Oxford Art Factory, dem Newtown Social Club, der Recital Hall, der St. Stephen’s Uniting Church, dem Metro Theater, der Record Crate oder in Melbourne in der Sydney Meyer Music Bowl und dem Northcote Social Club. Das sind die Bands und Songs, die ich Euch gerne näher bringen möchte:

Mein Lieblingssong im Moment von Olympia alias Olivia Bartely heisst Smoke Signals und ist ein Ohrwurm der klassischen Art. Noch ist Olymipa Grassroots, hat aber grosses Potenzial. Hier die Live-Version von Smoke Signals für den Radiosender Triple-J:

Dann die Stimme der umwerfenden Wafia, die vor einer grossen Karriere steht. Adele meets Weyes Blood. Etwas Schmalz aber was fürs Herz.

Middle Kids sind eine coole Rockband, die mit dem Song “Edge of Town” im Radio hier viel Airplay kriegen.:

Ein grosses Talent ist Owen Rabbit. Ein Soundtüftlter erster Klasse:

Dann noch der neuste Song von Methyl Ethel. Die Band mit ihrem zweiten Album, das zeigt, dass die Jungs nicht stehen geblieben sind:

D.D. Dumbo ist das wohl kreativste, was Australien im Moment zu bieten hat. Sein Debut-Album, das auf dem legendären Label 4AD erschienen ist, ist ein “Grower”. Erinnert mich an The Police, falls euch das noch was sagt…:

Dann noch was, das ich Euch mit einem Augenzwinkern ans Herz lege. Live echt ein Erlebnis. Donny Benét wie er leibt und lebt. Very 80’s:

12 in 12 – Die Reise der Blume

Geblüht

Die Blume blüht. Zartrosa oder grell in Rot.

Sie ist perfekt, ohne Effort und Anstrengung.

Sie kann nicht sprechen,  hat aber eine magnetisierende Ausstrahlung.

Die Blume buhlt um die Gunst der Retterin. Mit ihrer Schönheit  und ihrem Duft lockt sie.

Sie hat nicht lange Zeit, denn die Blüte ist vergänglich.

Doch der Erfolg ist ihr gewiss.

Die Biene naht, setzt sich auf die Blume und schabt den Blütenstaub mit ihrem Oberkiefer und Vorderbeinen ab.

Dabei befruchtet sie das Blütenorgan der  Blume.

Die Blume strahlt. Ihre Aufgabe ist erfüllt. Es wird bald neue Blumen geben.

Die Blume weiss, dass sie jetzt in Ruhe vor sich hin blühen kann. Das Leben der Blume ist simpel und schön.

Die Fotos habe ich im Royal Botanic Garden in Sydney aufgenommen, vielleicht der schönste Park der Südhalbkugel. Die Vegetation in Australien ist spektakulär. Eine Augenweide und was fürs Herz und das Gemüt.

12 in 12 – Tod der Plastiktüte!!!

Harris Farm ist ein wunderschöner Bio-Supermarkt in Sydney, der herrlich reife Calypso Mangos, kremige Joghurt mit Passionsfrucht, perfekte T-Bone-Steaks aus Gippsland und himmlisch duftende Pains au Chocolat verkauft. Ich liebe es, bei Harris Farm einzukaufen. Doch als ich das erste Mal an die Kasse komme, bin ich schockiert; nicht etwa weil mich die Kassiererin freundlich fragt, wie es mir geht, sondern weil sie meine Sachen einfach so in drei riesige Plastiktüten einpackt, als wenn das die normalste Sache der Welt wäre. Als ich ihr sage, dass ich meine eigene Tüte dabei habe, weiss sie erst gar nicht recht, wovon ich spreche. Sie gibt mir die Sachen fast wiederwillig ohne Plastiktüte und ich packe sie in meinen Rucksack.

Australien war für mich immer ein Vorbild, wenn es um Natur und Umweltschutz geht. Das grosse Ozonloch hatte hier doch bestimmt alle auf den Plan gerufen. Doch während Länder wie Somalia, Kenia, Tansania, Uganda und China die Plastiktüten längst ganz verboten haben, wird in Sydney und auch in Melbourne weiter kräftig Plastik verschwendet.

Freunde, die ich hier frage, warum die Tüten noch immer nicht verboten sind, zucken ratlos mit der Schulter. Ja, stimmt eigentlich. Doch die Tüten seien bestimmt biologisch abbaubar meinen sie. Ein wenig Nachforschung ergibt, dass einerseits längst nicht alle Plastiktüten, die in Australien umsonst abgegeben werden, biologisch abbaubar sind und anderseits auch biologisch abbaubare Tüten aus Plastik sind und der abbaubare Plastik als einziger Vorteil in kleinere Teile zerfällt, aber weiterhin Plastik bleibt.

Seit 2003 arbeitet Australien an einem Verbot von Plastiktüten. Jedes Jahr heisst es, man sei jetzt bald so weit. 14 Jahre später gibt es noch immer keinen Erlass und aus der Bevölkerung kommt viel zu wenig Druck. Australien, Du solltest dich schämen. Nur zur Erinnerung: Es dauert 1000 Jahre, bis eine Plastiktüte vollständig abgebaut ist. 500 bis 1000 Milliarden Plastiktüten sind bereits im Umlauf. 300 Millionen davon sind irgendwo im Atlantik verteilt. Allein in Australien werden jährlich 4 Milliarden Plastiktüten produziert. 1 Million Vögel und über 100’000 Delphine, Schildkröten und andere Meerestiere sterben jedes Jahr, weil sie sich in Plastiktüten verstricken oder ihren Magen mit Plastiktüten verstopfen. Um Plastiktüten herzustellen braucht man Öl. In den USA allein sind es 12 Millionen Fass Öl pro Jahr, die dafür eingesetzt werden. Die könnte man alle locker sparen.

Immerhin, einige Regionen, darunter Tasmanien und das Northern Territory, haben die Tüten bereits verboten. Wenn alles gut läuft, sollten die anderen Regionen in den nächsten zwei Jahren folgen. In Queensland soll da Verbot 2018 in Kraft treten. “Don’t Trash our Oceans” steht in Bondi Beach auf einem grossen Graffiti. Ja, bitte auch nicht mit Plastiktüten.

12 in 12 – Das Croissant als Wissenschaft – Lune

Gemäss der New York Times soll das beste Croissant der Welt nicht etwa in Paris, sondern in Melbourne gebacken werden. Das hört sich verrückt an, oder? Der Laden in Melbourne, der aller Pariser vor Neid erblassen lassen soll, heisst “Lune” und ist im übercoolen Viertel Fitzroy zu Hause. Ist ja wohl klar, dass ich mir das nicht entgehen lassen kann.

Ins Leben gerufen hat  “Lune” Kate Reid, die nicht etwa Bäckerin, sondern Weltraumingenieurin gelernt hat. Nachdem Kate ihr Wissen einige Jahre für ein Formel-1-Team “verbraten” hatte, zog sie nach Paris und ging beim Bäckermeister Christophe Vasseur von “Du Pain et Des Idées” sozusagen in die Lehre. Monatelang hatte sie ihn bekniet, bei ihm ein Internship zu absolvieren, bis er schwach wurde und zusagte. Nun ist die Schülerin drauf und dran, den Meister abzulösen.

Als ich bei La Lune ankomme, traue ich meinen Augen nicht. Das sieht hier aus wie ein Labor, dass in einem James-Bond-Film gut untergebracht wäre. Ein altes Lagerhaus, hochmodern eingerichtet.

Die Schaltzentrale in der Mitte, wo am Teig gefeilt wird. Hier ist es immer genau 18 Grad warm.  Die Auslage an der Kasse erinnert an einen Juwelier. Die Kreationen des Tages, sind hier aufgereiht und zwar wie am Schnürchen. Alles wirkt grosszügig und durchgestylt, gleichzeitig aber auch einladend.

Doch nun zur Gretchenfrage. Schmecken die Dinger tatsächlich so gut, wie es uns die New York Times und andere Gastro-Kritiker Glauben machen wollen? Ich kaufe ein Croissant und ein Mandel-Croissant und lege dafür umgerechntet mehr als 10 Euro auf den Tisch. Schluck…

Erst das Croissant. Schon optisch ist es ein Gedicht und zwar eines der romantischen Gattung. Eher gerade als krumm und mit jedem Biss schmeckt das Croissant mehr nach Butter – mehr aber nie zu stark. Knusprig und doch saftig, nicht zu schwer und mit einem leicht süsslichen Abgang. Ein grossartiges Croissant. Doch der Höhepunkt kommt noch.

Der Star ist nicht das traditionelle Croissant, sondern das Mandel-Croissant. Die Füllung erinnert etwas an einen Schweizer Nussgipfel, die im Ofen leicht angeknusperten Mandelsplitter, die wie durch eine magische Hand angeordnet, fest auf dem Croissant thronen, sind ein Gedicht und der Puderzucker verstärkt den Geschmack. Sowas hab ich noch nie gegessen. Besser als in Paris? Wer weiss. Doch bestimmt die besten Croissants südlich des Äquators.

Bei Lune kann man übrigens auch ein Tasting-Menu haben, das nur aus Croissants besteht. Drei Kreationen aus dem Labor und einen speziellen Kaffee dazu. Ein bisschen Firlefanz? Vielleicht. Doch amüsant ist es auf jeden Fall.

Noch etwas mehr Food Porn auf der Website von Lune

12 in 12 – Helm tragen beim Joggen

Rauf aufs Fahrrad und die Gegend auskundschaften. Besser kann man eine Stadt nicht kennen lernen. Kaum zehn Minuten auf der Strasse höre ich von hinten eine Sirene. Was ist denn nun schon wieder los? Ist da jemand zu schnell gefahren? Die Sirene hört nicht auf und heult mittlerweile direkt hinter mir. Oops, die meinen mich. Was soll ich denn falsch gemacht haben? Ich bin nicht bei rot über die Ampel gefahren, habe signalisiert, dass ich links abbiegen will und fahre auf dem Fahrradweg. Ich bin mir keiner Schuld bewusst.

Ich halte am Strassenrand an. Im Polizeiwagen sitzen zwei Officer. Sie parken ihr Auto direkt neben mir. Die Polizistin auf dem Beifahrersitz lässt das Fenster runter und sagt: “Hör zu, du hast zwei Optionen. Entweder du bezahlst jetzt gleich 200 Dollar oder Du gehst da rüber ins Fahrradgeschäft und kaufst Dir einen Helm.” Ich bin baff. Einen Helm? Ist der hier Pflicht? “Und ob der hier Pflicht ist”, sagt die Polizistin mit bestimmter Stimme. Ich benutze meinen ganzen Charme und spiele den Touristenjoker. “I am from Switzerland” kam mir wohl noch nie so schnell über die Lippen und mein Schweizer Akzent war schon lange nicht mehr so breit.

Die Polizisten lassen mich ungeschoren davon kommen. Ich stosse das Fahrrad nach Hause, denn dort hat unser Vermieter einen Helm bereitgelegt.  Jetzt weiss ich auch warum. Ich kenne keine andere Grossstadt, die Helmpflicht für Fahrradfahrer eingeführt hat. Ich hasse solche Vorschriften. Den Eingriff in die persönliche Freiheit, besonders wenn man, wie in diesem Fall, nur sich selber und nicht andere gefährdet, finde ich in den seltensten Fällen gerechtfertigt.

Doch diese Vorschrift überrascht mich nicht. Entgegen seinem Ruf vom  lockeren und übercoolen Land, in dem fast alles geht, sind die Regeln in Australien ziemlich hart, sei es im Strassenverkehr, oder anderswo. Doch darauf, was ich gestern gesehen habe, bereitete mich auch diese kleine Episode mit dem Helm nicht vor.

Am Strand von Bondi Beach gibt es ein neues Verbotsschild, dass darauf aufmerksam macht, dass hier Joggen ohne Helm nicht erlaubt sei. No helmet = No run – steht dort drauf. Wer dagegen verstösst, dem wird eine Strafe angedroht.

Ach was, das kann doch nicht sein. Kopfschüttelnd stehen die Menschen vor dem Schild. “Fast so unsinnig wie das Einreiseverbot in Amerika”, sagt einer. Doch leider ist Trump’s Einreiseverbot Tatsache, während sich nach ein wenig Recherche herausstellt, dass das Schild mit der Helmpflicht ein Scherz eines Unbekannten ist.

 

12 in 12 – Die Rettungsschwimmer von Bondi Beach

Da sticht mich doch was im Wasser. Aua, das brennt. Was ist das bloss? Ich hoffe keine Würfelqualle, deren Berührung  tödlich enden kann. Doch sind die nicht mehr im Nordosten Australiens zu Hause? Daumen drücken. Ich schwimme sofort an Land zurück und warte erstmal ab. Das Brennen lässt nicht nach. Was soll ich nur machen? Wieviel Zeit habe ich noch, bevor das Gift wirkt? Soll ich einen der Rettungsschwimmer fragen, ob er mir helfen kann oder mache ich mich da nur lächerlich? Egal. Better safe than sorry. Ich gehe auf den Rettungsschwimmer zu und erkläre ihm, was passiert ist. Ach ja, das war sone Qualle, meint er. “Don’t worry man. Put some ice on it and the pain will go away in a bit”. Aha, dacht ich es mir doch. Fehlalarm. 15 Minuten später war der Schmerz wieder weg.

Nicht Pilot oder Lokomotivführer und auch nicht Feuerwehrmann, sondern Rettungsschwimmer in Bondi Beach ist der Traumjob jedes australischen Kids. Der berühmteste Strand Australiens und einer der besten Surfspots der Welt, zieht sie alle an, ob Sprachstudent oder Hollywood-Star. Der weisse Sand, das türkise Wasser und die oft riesigen Wellen sind einzigartig. Bondi Beach ist denn auch als nationales Denkmal geschützt. Das alles als Rettungsschwimmer jeden Tag sein zu Hause zu nennen, sieht in der Tat wie ein Traumjob aus – wären da nicht die 5000 Rettungseinsätze pro Jahr und der superharte Fitnesstest, den jeder Rettungsschwimmer bestehen muss, bevor er ein Bondi Lifeguard wird.

Logisch, dass die Action am Strand auch in einer Reality Show festgehalten wird. Seit 2006 gibt es “Bondi Rescue” im australischen Fernsehen. Kaum zu glauben, was es am Strand an einem ganz gewöhnlichen Tag so alles zu tun gibt. Jahr für Jahr räumt “Bondi Rescue” den Preis für das “Most Popular Factual Program” in Australien ab. Die Rettungsschwimmer sind mittlerweile kleine Stars, die alle paar Minuten um ein Selfie gebeten werden.

Aaron Graham ist seit 17 Jahren Rettungsschwimmer in Bondi Beach.  Seit er laufen kann, steht er auf dem Surfboard und zwar jeden Tag. Da lag die Karrierewahl Rettungsschwimmer irgendwie auf der Hand. Nicht jede Rettung ist erfolgreich, Er erinnert sich an einen asiatischen Studenten, der die Strömung völlig unterschätzt hatte und Anfang Jahr ertrank. Sie hatten alles versucht, um ihn wieder zu beleben, Doch es sollte nicht sein. Wohl sein schwärzester Moment als Rettungsschwimmer. “Die Augen immer auf dem Wasser haben. Immer auf dem Wasser” ist sein Hauptratschlag an andere Rettungschwimmer.  Ob er auch schon Mal Damen gerettet hat, die nur vorgetäuscht haben, am ertrinken zu sein? Ja, das passiert immer wieder. Doch das seien meistens rundliche Pommies, lacht er.

Jeder kennt die Rettungsschwimmer von Malibu aka Baywatch. Doch Bondi Rescue muss sich hinter denen bestimmt nicht verstecken. Die Jungs sind cool, haben die Sache im Griff und nehmen alles nicht ganz so ernst. Genau das macht die Life Guards von Bondi Rescue aus. Ihr wollt auch ein Bondi Life Guard werden und wundert euch, was man dabei so verdient? Das sind maximal 60000 australische Dollar, was weniger als 40’000 Euro entspricht. Immer noch interessiert?

Ach ja, ein richtiger Bondi Rescue Lifeguard ist übrigens nur der in einer blauen Uniform. Die rot-gelb gekleideten Lifeguards mit ihrem eher lustigen Käppchen sind Freiwillige, die an anstrengenden Tagen ganz unentgeltlich aushelfen.

Und noch ein Clip aus der TV-Show Bondi Rescue:

12 in 12 – 40 Stunden ohne Internet

Nervös starte ich den Browser zum x-ten Mal. Schon wieder nichts. Das Internet ist “down”.  Es ist 10 Uhr Abends und zu spät, um unseren AirBnB-Host über Whatsapp anzurufen. Ach, was rede ich da – Whatsapp geht ja gar nicht und so schlimm ist es ja nicht, mal ohne Internet zu sein.

Eine Stunde später: Ich bin ganz unruhig. Das Email geht weder raus noch rein, die Nachrichten sind immer noch auf dem Stand von vor einer Stunde und meinen Trendengel-Post, den ich gerade  geschrieben habe, kann ich nicht abspeichern. Ist ja schon krass, wie abhängig ich von dem doofen Web bin. Gerade mal eine Stunde Offline und schon bin ich aufgeschmissen. Doch was solls. Heute wird das nichts mehr. Morgen ist bestimmt alles wieder gut.

8:30 Morgens. Ein Sonnenstrahl streichelt mein Gesicht. Ich wache auf. Sofort der Griff zum Telefon. Ach nee. Keine Nachricht und gar nichts. Internet noch immer down. Noch vor dem ersten Kaffee laufe ich kurz zum Strand, um mich  dort ins öffentliche Netz einzuloggen. Mein Host sagt, das Internet sei im ganzen Quartier ausser Betrieb. Er habe beim Provider Telstra angerufen und die arbeiten dran.

Das kann ja heiter werden. Wo soll ich meinen Post schreiben, wie finde ich heraus, wie wir zum Australia-Day-Picknick nach Paramatta kommen, was ist mit den Zwischenresultaten des Australian Open und wo kann ich mir jetzt die Hottest-100 auf Triple-J anhören. Ein News Junkie auf Entzug. Ich sitze im Apartment und es ist still. Mein Telefon funktioniert nicht und meine Frau denkt gar darüber nach, spätestens Morgen das Apartment zu wechseln. Ohne Internet ist man ja nur ein halber Mensch.

Wie kann das denn nur sein? Vor ein paar Tagen beschwere ich mich noch über die Leute, die ständig an ihrem Phone hängen und jetzt bin ich auch schon ganz kribbelig, wenn ich das gute World Wide Web nicht bei mir habe. Wie habe ich das früher nur gemacht? Das ging doch auch. Ich erinnere mich noch – und es ist gar nicht so lange her – wie ich nur mit einem Lonely Planet bewaffnet und ganz ohne Mobile Phone herumgereist bin. Statt Google Maps fragte man sich einfach durch und statt die News zu studieren hatte man sie ganz einfach nicht oder wartete bis zum nächsten Tag und las sie in Zeitung.  War das wirklich so viel schlechter?

Ich erinnere mich insbesondere an eine Reise durch Amerika. Mit einem Freund  ging es im Auto quer durchs Land. Nach mehreren Monaten, es war in New Orleans, fanden wir auf der letzten Seite des Sportteils der Washington Post die Tabelle der Fussball-Bundesliga. Nach 14 Spieltagen führte Bayern München und mein Verein, der Hamburger Sportverein, lag auf Platz 7. 14 Spieltage ohne jegliche Information! Heute total undenkbar. Das war aber  damals aber total OK und ich empfand es als Geschenk vom Himmel, wenigstens nach 14 Spieltagen diese Tabelle in den Händen zu halten. Kommunikation mit der Heimat gab es damals auch keine. Kein Email und alle paar Wochen vielleicht mal ein Collect Call nach Hause. Das reichte auch. So fühlte man sich so richtig losgelöst und frei. Es zählte nur das hier und jetzt.

Den Weg zum Picknick haben wir dann auch ohne Google Maps gefunden. Ohne Wifi sassen wir im Park, während um uns herum getextet, gechattet und gesurft wurde. Wir haben uns trotzdem gut amüsiert. In der Zwischenzeit hatte uns unser Host eine Nachricht zukommen lassen: Alles sollte wieder gehen, hiess es da. Cool. Zu Hause gleich der Test: Nix. Noch immer kein Internet. Mittlerweile nahm ich es schon etwas cooler. Morgen wird bestimmt alles besser dachte ich mir nochmals. So war es denn auch. Gegen Mittag kam unser Host und startete das Modem, das nicht direkt bei uns in der Wohnung steht, neu. Voila – es geht wieder – juhui.

40 Stunden ohne Internet. Das sollte nicht einmal erwähnenswert sein – ist es aber. Ich kann zwar gut darauf verzichten, die ganze Zeit auf mein Telefon zu schauen – doch nur wenn ich weiss, dass es im Prinzip funktioniert und ich ganz wichtige Nachrichten sofort schreiben oder empfangen kann. Wenn ich jedoch von der Welt abgeschnitten bin, dann fühle ich mich  hilflos. Das ist zwar traurig, ist aber so. So langsam verstehe ich, dass es Entzugskliniken für Smart-Phone-Süchtige gibt. Ich hoffe schwer, ich lande nicht auch mal in so einer…