12 in 12 – Perfekt, perfekter, Japan

Es ist bereits dunkel in Tokio. Wir biegen im Stadtteil Shibuya in eine schummrige Gasse ein und laufen den Bahngleisen entlang.  Ein leerer Zug rattert vorbei. Kaum ein Licht brennt in den Fenstern der kleinen, dicht aneinandergereihten, Häuser. Weit und breit keine Menschenseele.  Die Athmosphäre ist gespenstig. Endlich. Da ist sie, die kleine Tür mit dem Graffiti, genau so wie sie mir Tomoko beschrieben hatte. Hinter dieser Tür soll sich der legendäre Underground-Rock-Club Circus befinden und hier soll gleich die japanische Band Cinnamons auftreten.Die Tür ist zu. Keine Klingel. Ich klopfe. Die Tür geht auf. Eine junge Frau steht dahinter und begrüsst uns. Sie ist munter und fidel. 4000 Yen Eintritt und wir sind drin. Sie gibt uns noch einen Getränkegutschein, den wir an der Bar einlösen können.

Was von aussen dunkel und ich gebe es zu, durchaus etwas gefährlich aussah, entpuppt sich von innen als ultracooler Rockclub, in dem alles äusserst gesittet zu und her geht. Wir sind hier ja schliesslich in Japan. Das Konzert hat schon angefangen. Trotzdem halte ich noch kurz an der Bar und bestelle wie meist einen Gin und Tonic. Spätestens seit Oasis die legendären Songzeilen:

I need to be myself
I can’t be no one else
I’m feeling supersonic
Give me gin and tonic

1994 mit ihrem allerersten Song Supersonic unsterblich gemacht haben, ist G&T mein Getränk.

Keine Plastikbecher, keine Sodapistole mit Chlorgeschmack, kein billiger Gin und kein Cocktail, der nur aus Eis besteht. Nachdem ich dem Barkeeper klar gemacht habe, dass ich kein Ginger Ale, sondern einen Gin and Tonic will, ist er in seinem Element.  Er nimmt ein gut gekühltes, wohl geformtes Glas aus dem Kühlschrank. Es könnte durchaus handgeblasen sein. Die Eiswürfel sind gross, denn sie sollen kühlen und das Getränk nicht verwässern.  Der Gin ist von Sipsmith und kommt, wie es sich bei einem G&T gehört, aus dem Tiefkühler. Das Tonic schüttet er aus der kleinen, traditionellen 19cl-Flasche dazu. Das Verältnis stimmt. Drei Teile Tonic, ein Teil Gin. Dann natürlich noch ein Schnitz frisch geschnittene Limette; ja, unbedingt Limette und keine Zitrone, denn die ist etwas zu süss. Mit einem weiteren Limettenschnitz reibt der Barkeeper, der übrigens blond gefärbte Haare hat, ein schwarzes Metallica-T-Shirt trägt und wohl knapp über 20 ist, den Glasrand ein. So verspürt man beim Trinken zu allererst einen leicht limettigen Geschmack.  Dann noch kurz umgerührt und fertig ist der Gin and Tonic.

Ich habe mittlerweile zwar einen Song der Cinnamons verpasst. Doch das war es wert. Der perfekte Gin and Tonic in einem Rockklub an den Bahngleisen von  Shibuya. Wer hätte das gedacht

Unten im Konzertsaal spielen die  Cinnamons. Ich stehe da und höre zu. Ich weiss gar nicht, woran ich mich mehr efreuen soll, an der japanischen Indie-Musik, die so was von gute Laune macht oder an meinem perfekten Gin and Tonic. Perfekt, perfekter Japan.

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