Gutes Essen ist eine der magischsten, anregendsten und wichtigsten Sachen nicht nur auf dieser Reise, sondern im Leben überhaupt, finde ich zumindest. “There is no love sincerer than the love of food” hatte schliesslich schon George Bernard Shaw in seinem Roman Man and Superman gesagt. Doch über Essen schreiben und Bilder davon zu zeigen, bringt in der Regel nicht viel. Ohne das Essen zu spüren und die Geschmacksnerven zu aktivieren, ist die schönste Visualisierung nichts wert.
Dennoch mach ich heute mal eine Ausnahme. Ferran Adria, der spanische Koch von El Bulli, der von vielen als der beste der Welt angesehen wird, hat mal gesagt: “Es gab mexikanische Küche vor und nach Enrique Olvera”, dem Koch des Restaurant Pujol, das er vor etwas mehr als 15 Jahren eröffnet hat. Mittlerweile ist Pujol das beste Restaurant Mexikos und wird auf der “San Pellegrino World’s Best Restaurant List” seit Jahren unter den Top 25 geführt. Die New York Times hat Mexico City zudem gerade als weltweit beste Food-Destination 2016 erkoren. “High Praise.”
Das Restaurant ist klein, weisse Tischtücher Fehlanzeige, coole Musik im Background und makelloser Service. Eine Speisekarte gibt es keine. Wer ins Pujol kommt, der gibt sich in die Hände des Maestros und bestellt das Tasting Menu. Die Geschmacksknospen blühen in der Sekunde auf, als der erste Gang auf dem Tisch landet. Olvera nimmt mexikanische Klassiker, häufig Street Food, und stellt sie auf den Kopf. Kleine Maiskolben beispielsweise, die normalerweise in einem Karren vor dem Supermarkt gekocht oder geröstet und mit Käse und (zu) viel Mayonnaise serviert werden, macht Olvera anders (erstes Bild). Die Mayonnaise wird mit gemahlenen Chicatana Ameisen gewürzt (kein Scherz) und der kleine Maiskolben (Baby Corn) in einem Shot Espresso gedünstet, Chili Flakes geben noch das gewisse Etwas dazu. Das Gedicht ist fertig.
Unzählige Gänge landen auf unserem Tisch. Die für uns oft unbekannten Gewürze führen zu einer Geschmacksexplosion nach der anderen. Wie gesagt, über Essen schreiben ist müssig. Doch einen Gang will ich noch kurz erwähnen: Die 1115 Tage alte Mole Madre mit Mole Nuevo (Bild unten).
Mole ist das Nationalgericht und der Stolz Mexikos. Nicht nur jede Region oder jede Stadt, sondern jede Familie hat ein anderes Rezept dafür. Wer denkt, Mole sei nur Schokolade mit Chili, der liegt falsch. Es ist viel komplizierter.
Die Mole Madre von Pujol besteht aus Plantanen, Rosinen, Heirloom Tomaten, Knoblauch, Zimt, Nelken, Anis, Muskatnuss, Ingver, Pflaumen, Mandeln, Pekan-Nüssen, Erdnüssen, Thymian, Majoran, Oregano, roten chilhuacle Chilli, schwarzen und blauen Chilli, Flachsöl, Meeressalz, Zucker und dunkler Schokolade aus Oaxaca. Je häufiger die Mole aufgewärmt wird, desto besser schmeckt sie. Die einzelnen Zutaten werden dadurch immer mehr zu einer Einheit. Die Mole, die wir serviert bekommen, wurde vor bald vier Jahren angesetzt und wärmt das Herz jedes auch noch so skeptischen Gastes. Versprochen.
Ich weiss, ihr habt jetzt bestimmt Hunger und deshalb fang ich gar nicht erst an, vom Nachtisch zu schwärmen.
Wer noch immer denkt, Tacos seien alles, was die mexikanische Küche zu bieten hat, der liegt sowas von falsch. Pujol tritt stellvertretend für das ganze Land den Beweis an. Also, wenn ihr mal in Mexico City seit, dann tut alles dafür, eine Reservation bei Pujol zu kriegen (was kein einfaches Unterfangen ist). Schöner Nebeneffekt dieses Abenteuers: Während ein Menu dieser Klasse normalerweise 250 Euro pro Person kostet, sind es hier gerade mal 80 Euro.
P.S. Wenn ich schon George Bernard Shaw zitiert habe, hier noch mein Lieblingszitat von ihm mit auf den Weg für Euch:
“A life spent making mistakes is not only more honorable, but more useful than a life spent doing nothing.”
Denkt mal darüber nach…