Über die Bahngleise in eine dunkle Gasse. Die Laternen flackern. Kein Mensch weit und breit. Rechts und links scheinbar verlassene Plattenbauten. Hier irgendwo muss es sein. Eine Schranke mit düster blickendem Wärter. Einfach durch und so tun, als ob man genau weiss, wo es hingeht. Ein riesiger, spärlich beleuchteter Innenhof. Lagerhäuser. Musik dröhnt aus den Fenstern. Ein Skateboarder rast Millimeter an uns vorbei. Eingänge, die offen stehen und irgendwo hin führen. Aber wohin? Hier liegt was in der Luft.
Erinnerungen an die Neunziger werden wach. Hoxton Square im Londoner Stadtteil Shoreditch. Drum N Base. Gesetzlos und vibrierend. Eine Treppe führt nach oben. Am Ende steht ein Türsteher. Der entgegnet was auf Russisch. Hintereingang benutzen, könnte er gesagt haben. Noch eine dunkle Gasse, noch ein Türsteher. Eine Schlange. Warten. Hier sind wir richtig. Der Subkultur-Klub YpsiloN. Gleich soll Felix Bondarev unter seinem Pseudonym Red Samara Automobile Club auftreten. Er ist berüchtigt in Russland. Pussy Riot werden immer wieder im gleichen Atemzug genannt. Bondarev singt über Drogen, Sex, Nutten, Aids und Alkohol. Er ist wütend und poetisch. Nick Cave ist sein Vorbild und mit Brian Johnstown Massacre hat er schon zusammengearbeitet.
Das Publikum ist jung. Alle tragen Schwarz und sind cool. Ultracool. Hier geht alles, ob schwul oder lesbisch ob Macker oder Chick. Kreuzberg ist nichts dagegen. Dann geht es los. Felix Bondarev steht mit seinem Laptop und einer Flasche Jägermeister auf der Bühne. Der Sound dröhnt. Das Licht schimmert dunkelrot. Es wird geschwitzt, getobt, gesungen und geschrien. Jeder kennt die Texte. Hip-Hop, Rock und Techno als ob es kein Morgen gäbe. Die Flasche Jägermeister ist geleert, das Konzert neigt sich dem Ende entgegen und der Geruch von Freiheit, Bier und Toleranz zieht durch den Raum. Ein ganz gewöhnlicher Abend in Moskaus Underground-Himmel im Stadtteil Pravda.
Moskau hat eine Subkultur und Felix Bondarev alias Red Samara Automobile Club ist mitten drin. Das anarchische in Moskau lebt – und wie.