Es ist besser geworden. Doch manchmal packt mich die Angst völlig unverhofft und irrational. Egal ob beim Schwimmen im Bodensee, im Mittelmeer oder in der Badewanne…Selachophobie, die Angst vor Haien, ist bei mir allgegenwärtig. Sobald ich nicht mehr stehen kann, den Boden nicht mehr sehe, und zu viel über die süssen Fische nachdenke, kriege ich Panik. Jaja, ich weiss, dass das völlig unbegründet ist und wie gesagt, es ist besser geworden. Doch die Phobie ist immer noch da.
Da konnte es ja wohl nichts besseres geben, als freiwillig über einen Monat ins Paradies der Haie, direkt an den Strand von Bondi Beach, zu gehen, den Ort, den der Sydney Morning Herald als einen der weltweiten “Hot Spots” für Haiangriffe bezeichnet. Diese Auszeichnung erhält Bondi nicht ganz ohne Grund. Hier gibt es sie alle: Weisser Hai, Bullenhai und Tigerhai. Die grossen drei sind da.
Dagegen gibt es nur ein Mittel: Selbstüberlistung – und darin bin ich besonders gut. Fakten helfen. 500 Meter vor der Küste von Bondi Beach ist ein Haifisch-Netz aufgespannt, das dazu da ist, die Haie davon abzuhalten, in die Nähe des Strands zu schwimmen und dort ihr Unwesen zu treiben. Dazu hat man gerade sogenannte “Smarte Bojen installiert”, die die Life Guards per App alarmieren sollen, sobald ein Hai an ihnen vorbei schwimmt. Alles klar. Das reicht mir. Selbstüberlistung erfolgreich abgeschlossen. Seit einem Monat gehe ich jeden Morgen ins Meer Schwimmen und habe kaum einen Gedanken an die Haie verschwendet. Genaueres über Haie in Bondi wollte ich nicht wissen – zumindest bis gestern nicht.
Die Titelgeschichte des “Sydney Morning Herald” von gestern stach mir sofort ins Auge. “Haifischnetzte sind oft gar nicht da” steht da in grossen Lettern. “Your life is at stake!”. Viele Vertragspartner sollen die Netze überhaupt nicht spannen bzw. die meisten Netze hätten grosse Löcher, heisst es. Ein weiterer Artikel im “Guardian” kommt gar zum Schluss, dass die Netzte wenig nützen und die Haie entweder drüber schwimmen oder drum herum. Allein im letzten Jahr gab es in der Region um Sydney annähernd 20 gefährliche Haiangriffe – auch in Bondi Beach hiess es kurz bevor wir angekommen sind: Haialarm. 2015 gab es in Australien 98 Haiangriffe. 98!!!
Komisch, dass ich mich dadurch dennoch nicht aus der Ruhe bringen lasse. Heute Morgen bin ich wieder Schwimmen gegangen und habe keinen Weissen Hai gesehen. Es ist eine weitere Statistik, die mich beruhigt. Der letzte tödliche Haiangriff in Bondi Beach lieg 85 Jahre zurück. Das war 1932. 2010 hatte dann ein Hai einen Surfer übel zugerichtet, doch der Surfer hat überlebt. Ich nehme das Risiko in Kauf. Es scheint mir sehr klein zu sein. “Calculated Risk” nennt man das. Dennoch habe ich weiterhin grossen Respekt vor dem Meer. Es ist faszinierend und unheimlich zugleich genau so wie die Haifische.
P.S. Ach ja, ausnahmsweise hab ich die Fotos hier mal nicht selber gemacht und bin auch recht froh darüber.
Für die Sensationslustigen hier noch ein Video aus dem Hafenbecken von Sydney (gestellt?):