12 in 12 – Was wäre, wenn…

Habt ihr euch auch schon mal überlegt, was wäre, wenn ihr in einer anderen Stadt geboren wäret? Was wäre aus euch geworden, wo hätte es euch hingetrieben, wäret ihr glücklich oder unglücklich, überhaupt noch am Leben oder schon lange nicht mehr da?

Ich mache mir manchmal solche Gedanken; besonders wenn ich in fremden Städten bin und sehe, wie hart man dort kämpfen muss, um oben auf zu schwimmen. Was wäre, wenn ich in Chai Nat, einer Kleinstadt, rund 4 Stunden von Bangkok entfernt, sozusagen im Niemandsland, geboren und aufgewachsen wäre?

Hätte ich es dann auch nach Bangkok geschafft und würde heute für die Bangkok Times schreiben oder wäre ich auf den Reisfeldern Chai Nats geblieben und wenn ja, wäre das wirklich so schlimm? Wäre ich auf den Reisfeldern oder beim pflücken der Pomelo-Frucht weniger glücklich?

Wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass ich es aus Chai Nat raus geschafft hätte und wenn ja, wäre ich bestimmt vom Grossstadtdschungel  Bangkok geschluckt worden. So gern ich glauben würde, dass ich es geschafft hätte, wie Kamon im Thai-Boxing-Stadion die Fäden der Wettgemeinschaft zu ziehen, so realistisch muss ich zugeben, dass die Chancen dafür ungleich geringer sind, als für jemanden, der in der Nähe von Zürich geboren und aufgewachsen ist, zum Moderator des Auslandsjournals aufzusteigen.

Überlegt euch doch auch mal, was aus euch geworden wäre, wenn. Das muss gar nicht unbedingt eine grosse Metropole im Ausland sein. Manchmal reicht schon ein anderer Kanton oder ein anderes Bundesland und alles hätte sich sowas von anders entwickelt. Oder was wäre, wenn ihr einen wichtigen Entscheid im Leben anders getroffen hättet? Wenn ihr den Job nicht angenommen hättet, die Freundin nicht verlassen hättet, das Bein beim Skifahren nicht gebrochen oder den besten Freund trotz Streit doch angerufen hättet

Wenn schon kleine Veränderungen eine grosse Wirkung zeigen , dann würde die radikale Entwurzelung und die Verpflanzung in eine andere Stadt oder einen anderen Kontinent bestimmt alles völlig durcheinander bringen, oder doch nicht? Setzt man sich durch, egal wo oder eben nicht?

Wäre ich in Sydney tatsächlich Rettungsschwimmer von Bondi Beach geworden, in Buenos Aires Profifussballer, in Mexico City Starkoch, in Rom Barrista und in Moskau Theaterintendant oder würde ich in Sydney bei Coles die Regale füllen, in Buenos Aires Papier sammeln, in Mexico Orangensaft pressen, in Rom arbeitslos sein und in Moskau Stahl giessen?

Und ganz abgesehen von meinem Werdegang, hätte ich die gleichen Gedanken, Träume und Meinungen? Wäre ich liberal oder radikal, stolz oder unsicher, schüchtern oder draufgängerisch? Die berühmte “Nurture vs. Nature” Debatte.

Was wäre, wenn?

12 in 12 – Michelin auf der Strasse

Seit zehn Jahren baut Trang an diese Strassenecke ihren kleinen Wagen auf und zaubert Bananen-Pfannekuchen aus dem Hut bzw. aus ihrer portablen Kochplatte. Genau so muss ein Banana-Pancake schmecken. DerTeig ist aussen knusprig und innen noch ein wenig teigig, die Banane ist auf den Punkt  gereift, ein klein wenig Zucker und leicht gesüsste Kondensmilch sorgen für das gewisse Etwas.

Zehn Jahre bereitet Trang ein einziges Gericht zu. Jeder Handgriff sitzt. Das muss einfach gut sein. Sonst würden die Leute nicht Tag für Tag wiederkommen und umgerechnet weniger als 1 Euro dafür bezahlen.

Wer sich in Bangkok davor scheut, an den Strassenständen zu essen, der verpasst was. Alles ist ultrafrisch und köstlich. Ich habe hier an keinem einzigen Stand etwas ausprobiert und es danach bereut. Im Gegenteil. Ich wünschte, ich könnte sie alle testen. Alle an einmem Tag und wieder von vorne.

Ich bin ja ein im Prinzip grosser Freund des “Fine Dining“. Doch es gibt Küchen, bei denen sich Fine Dining  in ein Michelin-Restaurant einfach nicht lohnt. Thailand ist so ein Beispiel – Rom und Mexico City ebenfalls.

Die heimlichen Michelin-Stern-Köche in Bangkok sind die Street-Food-Anbieter. Gar keine Frage: Den Green Papaya Salat an der BTS-Station in Ari gleich unten an der Rolltreppe kann man nicht besser machen. Von mir kriegt der einen Michelin-Stern.

Gerichte wie Khao Soy (curried egg noodles), Hainanese-style chicken rice (khao mun gai), Khao gang (curry rice)  oder kanom pang sankaya (steamed bread with coconut custard dipping sauce) sind nur einige der Höhepunkte.  Von den meisten Gerichten, die ich probiert habe, weiss ich nicht einmal den Namen, geschweige denn was da genau drinnen war. Doch das macht gar nichts. Hauptsache es schmeckt.

Den Thais ist das Essen enorm wichtig. Wohl das Wichtigste überhaupt. Wichtiger als Religion und Shopping. Ob Strassenstand oder das neuste durchgestylte Food-Konzept. In Bangkok steht man auch gerne mal an, um den Gaumen zu verwöhnen.

Dazu fällt mir die schöne Geschichte ein, die uns ein Freund neulich erzählt hat. Seit einigen Wochen ging er in ein Buddhisten-Kloster, um dort etwas Ruhe zu finden. Er war von den Mönchen in ihren orangen Gewändern fasziniert.

Er hörte ihnen stundenlang zu und bewunderte ihre ruhigen Gespräche, ohne zu verstehen, worum es ging. Er nahm sich fest vor, besser Thailändisch zu lernen, nur um die Mönche zu verstehen und dann vielleicht erleuchtet zu werden.

Nach einigen Wochen war es dann so weit. Die ersten Gesprächsfetzen kamen bei ihm an.  “Die haben sich den ganzen Tag über Essen unterhalten – über Essen!”

Gross war seine Enttäuschung. Doch Mönche sind eben auch nur Menschen…

 

12 in 12 – Glück ist nur eine Frage der Zeit

Überall in Bangkok gibt es sie. Die Verkäufer mit ihrem kleinen Klapptisch, die Lose der staatlichen Lotterie verkaufen. 80 Bath oder umgerechnet  2 Euro kostet ein Los, was für einen Thailänder eine Menge Geld ist. Jeder dritte Thailänder kauft sich  so ein Los. Zweimal im Monat werden die Zahlen ausgelost; jeweils ein grosses Ereignis.

Die knapp 20-jährige Araya hat dieses Mal gleich drei Lose gekauft. Die Nummern habe sie von ihrem Goldfisch zugeflüstert bekommen, der sein Futter aus verschiedenen mit Zahlen gekennzeichneten Töpfen herausholt. Das ergibt die jeweilige Glücksnummer, erzählt sie stolz. Sie wolle reich werden, sagt sie und ist davon überzeugt, dass dieses Mal ihr grosser Tag ist. Doch die Chancen dafür stehen schlecht. Die Auszahlquote der Thai-Lotterie beträgt gerade mal 60%, weltweit die tiefste für ein Glücksspiel. Zum Vergleich: beim Pferderennen werden in der Regel 81% ausbezahlt, beim Spiel mit den einarmigen Banditen 89% und beim Blackjack gar 98%.

Das hält Araya nicht davon ab, ihr Glück zu versuchen, immer und immer wieder. Schliesslich ist die Thai Lotterie die einzige legale Form des Glücksspiels in Thailand. Gewinner ist, wer eine der ausgelosten Dreierkombinationen hat. Dieses Mal sind das 066, 807, 426 und628.

Araya hat keine dieser Kombinationen und geht auch dieses Mal leer aus.” Na, macht nichts, vielleicht kann ich in der Untergrundlotterie noch was für meine Tickets kriegen” meint sie.

Neben der offiziellen Lotterie gibt es noch die Untergrundlotterie, eine halbwegs illegale Institution (was auch immer das heisst). Die Thailändische Regierung versucht seit Jahren, gegen die Untergrundlotterie vorzugehen. Die gegenwärtige Militärregierung hat das gar zu einer ihrer Top-Prioritäten gemacht. Bisher ohne Erfolg. In den verschiedenen Untergrundlotterien wird mehr Geld umgesetzt, als mit der staatlichen Version.

Wie Araya genau im Untergrund noch was für ihre Lose kriegen will, weiss ich nicht. Araya zieht von dannen. Traurig ist sie jedoch nicht. Sie weiss, dass es schon in zwei Wochen wieder die grosse Chance geben wird, reich zu werden. Dann will sie vier Lose kaufen. Ihr Goldfisch wird sie dieses Mal bestimmt nicht im Stich lassen.

 

12 in 12 – Der Vergänglichkeit auf der Spur

Es weht ein ganz leiser Wind. Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne brennt und die Luft feucht. Es ist still hier in Ayutthaya zwischen den grossen Türmen des Wat Phra Si, des königlichen Tempels auf dem Gelände des alten Königspalastes in Ayutthaya, nur eine kurze Zugfahrt von Bangkok entfernt. Wenig deutet noch darauf hin, dass hier vor 700 Jahren eines der mächtigsten Königreiche entstanden war, das die Welt je gesehen hat: Siam.

Von hier aus wurden Burma, Thailand und Teile Chinas kontrolliert. Hier lebten schon früh chinesische Kaufleute, wurden japanische Samurai-Söldner engagiert und bauten Niederländer, Briten, Perser, Inder, Portugiesen, Franzosen und Spanier ihre Handelsbeziehungen auf. Ayutthaya war eine richtige Weltstadt.

Doch heute ist hier niemand mehr. Wie wird das bei uns in zweihundert Jahren sein? Ist es denkbar, dass New York, London und Paris irgendwann nur noch Ruinen sind und die Musik woanders spielt. Schwer vorzustellen. Doch möglich ist alles.

Das abrupte Ende von Ayutthaya kam im 18. Jahrhundert. 1765 begannen die Birmanen einen  Grossangriff auf Siam. König Hsinbyushin sandte zwei Armeen aus, die das Reich Ayutthaya von Norden und von Süden in die Zange nehmen sollten. Im Februar 1766 schließlich tauchten die Birmanen vor Ayutthaya auf und begannen eine einjährige Belagerung.

Nach einem verheerenden Brand innerhalb der belagerten Stadt, der 10000 Häuser vernichtet haben soll, flohen viele. Am Abend des 7. April 1767 fiel Ayutthaya, ein Teil der Stadtmauer stürzte ein und die Birmanen stürmten die Stadt.

Tempel und Paläste wurden geplündert und in Brand gesetzt, Kunstschätze und Büchereien, ebenso wie die Archive mit historischen Aufzeichnungen wurden vernichtet. Alle Menschen, allen voran Künstler und Handwerker, wurden von den Siegern zusammengetrieben und nach Birma gebracht, wo allerdings nur wenige ankamen. Schließlich war die große Stadt völlig menschenleer und das ist sie bis heute.

Die mehr als vierhundertjährige Geschichte Ayutthayas nahm damit ein Ende. Ayutthaya wurde seiner gesamten Führung beraubt: Der König war auf der Flucht ums Leben gekommen, der Thronfolger im Kampf gefallen. Das Land verfiel ins Chaos und die Lage der Bevölkerung war katastrophal. Thailand war seiner Seele beraubt.

Ayutthaya ist heute ein Weltkulturerbe der Unesco. Hier ist es genau so magisch wie in der Tempelanlage von  Angkor Wat mit dem grossen Unterschied, dass sich nach Ayutthaya kaum ein Tourist verliert. Wer hier mit dem Fahrrad durch die Gegend fährt, ist fast allein.

In Ayutthaya wird einem bewusst, wie klein und unbedeutend das eigene Leben ist, und das ist auch ganz OK so. Als ich klein war wollte ich immer mal ein Denkmal haben. Warum eigentlich? Warum treibt es viele Erdenbürger an, etwas auf diesem Planeten zu hinterlassen, um nicht vergessen zu werden? Aber dazu vielleicht ein anderes Mal…

 

12 in 12 – Muay Thai – Die Fabel von Kamon und Pana

Kamon kann nichts aus der Ruhe bringen. Er hat ein Lächeln auf den Lippen und wie immer sein schwarzes Poloshirt an. Kamon zieht im Channel 7 Stadion in Bangkok die Fäden, wenn es um Wetten beim Thai Boxen, oder wie es bei den einheimischen heisst, Muay Thai, geht. Er hat Jahre gebraucht, bis er sich seine Position erkämpft hat. Doch jetzt kann ihm niemand mehr was vormachen.

Plötzlich hält Kamon fünf Finger nach oben, was heisst, dass er in der nächsten Runde auf den Favoriten setzt und eine Quote von 5:1 bietet. Er schaut ins Publikum und findet Pana. Der nickt ihm zu und geht die Wette ein. Pana ist der alte weise Mann unter den Gamblern. Eine Institution im Channel 7 Stadion.

Der Favorit in der roten Hose dominiert die nächste Runde. Kamon hat das richtige Gespür gehabt. Für Pana hingegen ist es ein bitterer Abend. Da hilft auch sein graues Glückshemd nichts. Zum wiederholten Male hat er gegen Kamon verloren. Pana ist noch ein Wettteufel der alten Generation. Ohne technische Hilfe verlässt er sich einzig und allein auf seine Erfahrung und sein geschultes Auge. Seit über 40 Jahren kommt er zum Muay Thai.

Kamon weiss, dass er dank Technik einen Vorteil hat und das nützt er eiskalt aus. Die Kämpfe werden live am TV übertragen. Er hat drei Handys auf einem Pappkarton befestigt und einen Kopfhörer im Ohr. So holt er sich Zusatzinformationen von seinen Helfern, die zu Hause vor dem TV zuschauen. Wenn er mit ihnen spricht, dann hält er sich immer den Karton vor den Mund. Man weiss ja nie, ob hier einer Lippen lesen kann.

Pana kann seine Pechsträhne nicht akzeptieren. Gegen Kamon zu verlieren, schmerzt besonders. Schliesslich war Pana zuvor mal die Eminenz der Wettgemeinde des Channel-7-Stadions. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Der letzte Kampf steht an. Pana will sich das verlorene Geld wieder zurückholen. In der ersten von fünf Runden wird kaum gewettet. Traditionell ist die zum Abtasten da. So richtig los geht es erst in Runde 3 und 4, dann aber so richtig. Das Stadion kocht, das eigene Wort kann man dann schon lange nicht mehr verstehen und im Ring wird es richtig blutig.

Im  Muay Thai wird nicht nur mit der Hand geboxt, sondern sind Ellenbogen, Knietechniken und das Clinchen erlaubt. Die im Muay Thai bekannteste Technik ist der Kick mit dem blanken Schienbein, meist auf den Oberschenkel oder Rippenbereich gezielt. Je nach Reglement und Profistufe des Kämpfers können Knietritte zum Kopf zulässig sein. Insgesamt gibt es 50 Punkte zu holen. Oft passiert es, dass ein Kämpfer in der fünften Runde durch das hinhalten der beiden Handschuhe signalisiert, dass er weiss, dass er den Kampf verloren hat. Um das Gesicht zu wahren, akzeptiert der Gegner dieses Zeichen und verzichtet darauf, die letzte Runde noch mit voller Wucht durchzuboxen und seinen Gegner noch stärker zu verletzten. Thai Boxen gilt als eine der gefährlichsten Kampfsportarten.

Zurück zu Pana und Kamon. Die vierte Runde steht an. Der Kämpfer in der roten Hose hat das Geschehen bisher klar dominiert. Pana glaubt an ihn und bietet Kamon mit einem schnellen Handzeichen eine Quote von 4:1 an. Um wieviel es in diesem Moment geht, ist mir nicht ganz klar. Angesichts der Blicke meiner Sitznachbarn muss es um sehr sehr viel Geld gehen. Kamon zögert keine Sekunde. Er geht die Wette ein. Er rechnet damit, dass der Underdog in den ersten Runden nur geblufft hat.

Der Gong. Runde 4 beginnt. Plötzlich schlägt der der Underdog in der blauen Hose zu. Zwei- dreimal mit dem Ellenbogen und dann…. ein Kniestoss zum Kopf. Dabei springt er auf und dann knallt’s. Ein Raunen geht durch die Menge. Der Favorit hält sich zwar auf den Beinen, doch er wird angezählt. Der Rest der Runde geht im gleichen Takt weiter. Kamon hat sein berühmtes Lächeln auf den Lippen.  Pana hingegen versteht die Welt nicht mehr. War das heute nur Glück oder ist er der Sache einfach nicht mehr gewachsen?

Für Kamon hingegen lief heute wieder mal alles nach Plan. Er zählt nach dem Kampf ungeniert die Geldscheine. Hier würde sich niemand trauen, gegen den Wettkönig etwas zu unternehmen und ihm die Scheine abzunehmen. Neben ihm stehen  zwei etwas breitschultrigere Kollegen. Die dürften das im Fall der Fälle ohnehin verhindern.

Nach dem Kampf sehe ich Pana draussen. Er holt sich an einem Stand einen Nudelsuppe udn setzt sich auf einen roten Plastikstuhl. Gedankenversunken stochert er in seiner Schüssel herum. Traurig oder wütend sieht er dabei nicht aus. Bestimmt denkt er gerade an die buddhistische Weisheit: “Groll mit sich herumtragen ist wie das Greifen nach einem glühenden Stück Kohle –in der Absicht, es nach jemandem zu werfen. Man verbrennt sich dabei nur selbst.” Bestimmt.

Schwalbe fliegt nach…12 in 12 in der NZZ

Sydney lässt Euch noch nicht ganz in Ruhe. Einen hab ich noch…Der nächste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ ist erschienen. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Diese Episode beschäftigt sich mit Sydney. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.

Hier nochmals der ganze Link, falls ihr lieber so klickt:
Genau hier drauf klicken, um zur NZZ-Seite zu gelangen.

Und hier noch ein Link zu allen anderen Portraits in der NZZ

12 in 12 – Es gibt nicht nur eine Religion

Es ist faszinierend, den Thailändern zuzuschauen, wie sie dem Gott Brahma am Erewan-Schrein in Mitten der chaotischen Stadt ihre Ehre erweisen. Hier bittet man um Geld, Liebe, beruflichen Erfolg aber auch Gesundheit und Erleuchtung. Blumenkränze, Weihrauch und kleine Elefantenfiguren überall. Hier war es auch, wo vor anderthalb Jahren bei einem Bombenanschlag 20 Menschen ums Leben kamen. Davon ist mittlerweile nur noch wenig zu spüren.

94% der Thailänder glauben an Buddah, genauer gesagt praktizieren sie den Theravada-Buddhismus,  die älteste noch existierende Schultradition des Buddhismus. Zwar wird der Buddhismus durchaus noch sichtbar gelebt,  gibt es überall Tempel von gross und prunkvoll bis hin zum kleinen Schrein vor der Haustür. Es gehört für viele auch zum Tagesritual, Blumen oder andere Gaben niederzulegen.

Doch in Bangkok gibt es noch eine andere mächtige Religion, die dem  Buddhismus kräftig Konkurrenz macht und die heisst Shopping. Der meist fotografierte Ort in ganz Thailand ist denn auch nicht etwa der Grand Palace Tempel, sondern die Shopping Mall Paragon.

In Bangkok gibt es so viele Shopping Malls wie nirgends anders auf diesem Planeten. Nicht mal Dubai, Hongkong und Singapur können da mithalten. Alllein an der Meile zwischen MBK und Central Embassy warten über 5000 Läden auf ihre Anbeter. Alles ist hochmodern und versucht so viel Spass auszustrahlen, wie nur möglich. Am Wochenende gibt es für die Bewohner von Bangkok, die etwas auf sich halten, denn auch nur ein Ziel: Ab in die Mall. Hier fühlt man sich wohl unter Gleichgesinnten. Das Gemeinschaftsgefühl dank Konsum wird in Bangkok gross geschrieben.

Dass Konsum für so viele Thailänder noch vor dem Buddhismus kommt, müssen auch die Buddhistischen Mönche neidlos anerkennen. Phra Paisan Visalo, einer der einflussreichsten Mönche des Landes, sorgte mit dem Zitat: “Konsum ist die neue Religion Thailands. Früher ging man am freien Tag in den Tempel, heute geht man in die Mall” vor einiger Zeit für Schlagzeilen. In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl der Mönche in Thailand halbiert. Die Generation iPhone hat andere Interessen.

12 in 12 – Der König ist Tod, lang lebe der König (kind of)

Der neue König Rana X aka König Vajiralongkorn

Wir sind im schönen alten Lido-Kino in Bangkok und haben es uns gerade gemütlich gemacht. Gleich beginnt der japanische Film “Tomorrow I Will Date with Yesterday’s You”, eine gute Vorbereitung auf unsere nächste Destination. Da springen plötzlich wie von der Tarantel gestochen alle Zuschauer auf und starren gebannt auf die Leinwand. Aus den Lautsprechern dröhnt die königliche Hymne und auf dem Screen erscheinen minutenlang Portraits des neuen Königs Vajiralongkorn alias Rama X. Auch wir kommen nicht darum herum, aufzustehen und dem König unseren Respekt zu erweisen. Man ist hier ja schliesslich nur Gast.

Der verstorbene König Bhumibol

Thailand hat schwierige Jahre hinter sich. Zwei Militärputschs, immer wieder neue Regierungen, Proteste en masse. Seit die Militärjunta die Fäden zeiht ist die Verfassung ausser Kraft. Die Rechte der Bürger wurden stark eingeschränkt. Die Lage warüber Jahre hinweg bereits angespannt und dann passierte das, wovor alle Angst hatten.

Im Herbst des vergangenen Jahres starb König Bhumibol, der 70  Jahre im Amt war und von den Thailändern als Halbgott verehrt wurde. Er war Vorbild und Ersatzvater für alle und hatte sich immer rührend um das Wohl seines Volkes gekümmert. “Als  Bhumibol starb, dachte ich, dass es jetzt vorbei ist mit meinem Thailand” erzählt uns ein Ladenbesitzer im Stadteil Ari.

Nach 30 Tagen Staatstrauer hatten viele mit neuen Protesten und gewaltsamen Auseinandersetzungen gerechnet. Dazu kam, dass der neue König Vajiralongkorn eine umstrittene Persönlichkeit ist. Vajiralongkorn gilt als Playboy und Partylöwe, war drei Mal verheiratet, hat lange Zeit in Deutschland gelebt und wird wohl nie die Anerkennung erreichen, die sein Vater genossen hatte. Wie durch ein Wunder geht das Leben in Thailand jedoch ganz normal weiter. Die Thais sind ein gelassenes Volk. “Life goes on” ist ihr Motto. Zwar gibt es an jeder Ecke noch Bilder und Schreine für den verstorbenen König und trägt die Mehrheit der Staats- und Büroansgestellten noch immer schwarze Kleidung. Doch Feindseeligkeit gegenüber der Militärjunta und dem 64 Jahre alten  neuen König ist keine zu spüren. Ein wenig mag dabei auch helfen, dass für Majestätsbeleidigung eine Gefängnisstrafe von 3 bis 15 Jahren ausgesprochen werden kann und das auch öfter mal angewendet wird.

Ach ja, die Nachfrage nach schwarzer Kleidung war zwischenzeitlich so hoch, dass die Regale in den Läden leergefegt waren. Das hatte zur Folge, dass die Preise für schwarze T-Shirts das mehrfache des normalen Niveaus erreichten. Die Regierung beschloss daraufhin, dass jeder, der schwarze Kleidung zu überhöhten Preisen verkauft, hart bestraft wird. Das hat gewirkt. Mittlerweile ist schwarze Kleidung wieder überall zu normalen Preisen erhältlich.

Trotz politischer Unruhen sind 2016 so viele Touristen nach Thailand gereist wie nie zuvor. Bangkok fühlt sich zu jeder Tages- und Nachtzeit extrem sicher an. Wer also irgendwelche Bedenken hat, hier Ferien zu machen, der kann diese beruhigt ablegen.

12 in 12 – Hoch lebe das Goethe Institut

Eine riesige Villa im Thai-Stil mit Garten, ein Restaurant, ein Buchladen und einer Strasse, die nach ihm benannt ist. Das Goethe-Institut in Bangkok ist eine kleine Oase in Mitten der Hektik von Bangkok. Am Abend läuft draussen ein deutscher Film mit Thai-Untertiteln, die Stimmung ist ausgelassen und natürlich ist alles völlig umsonst.

Wie in den fünf Städten zuvor ist das Goethe Institut immer die erste Anlaufstelle für mich, wenn es um kulturelle Veranstaltungen geht. Hier wird die Deutsche Kultur und die jeweils einheimische gekonnt vermischt. Das Programm ist immer allererste Sahne. Ob es darum geht, in Mexico City die coolste Electronica-Musik der beiden Länder zusammenzubringen, in Rom einen deutschen Regisseur zur Fragestunde aufzubieten oder in Buenos Aires einheimische Künstler mit ihren deutschen Mitstreitern zusammenzubringen; das Goethe Institut hat immer einen Trumpf im Ärmel.

Der offizielle Auftrag des 1951 gegründeten Instituts ist die “Förderung der Kenntnis deutscher Sprache im Ausland, die Pflege der internationalen kulturellen Zusammenarbeit und Vermittlung eines aktuellen Deutschlandbildes.” Typisch Deutsch könnte man sagen. Ich sage: Hut ab. Das Netzwerk des Goethe Instituts in über 90 Ländern ist unglaublich. Insgesamt sind es 160 an der Zahl. Mir hat das Goethe Institut auf dieser Reise ein Stück Heimat fern von der Heimat gegeben und gleichzeitig auch etwas den Horizont für das Neue und Fremde erweitert. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.

P.S. Ein ähnliches Ständchen kann ich auch der Alliance Francaise winden. Auch das französische Pendant zum Goethe Institut ist ein Geschenk des Himmels für jeden, der für  längere Zeit in einer fremden Stadt lebt.

12 in 12 – Futter für die Enten

“Bis heute haben wir nie gestritten”, erzählt uns ein europäischer  Freund , der seit bald 20 Jahren hier in Bangkok lebt. Er spricht von seiner Ex-Frau, einer Thailänderin, von der er sich vor einigen Jahren scheiden liess. Es sei schwierig gewesen, eine emotionale Nähe aufzubauen, sagt er. Dennoch ist er davon überzeugt, dass Thailänderinnen und Europäer grundsätzlich gut zusammenpassen. Während die Thailänderin sehr schätzt, dass der Europäer im Gegensatz zu den einheimischen Männern generell treu ist, mögen viele Europäer die klaren traditionellen Verhältnisse, die den Mann als Oberhaupt der Familie sieht. Ach so…

Doch dann kommt’s. “Doch die thailändischen Frauen können auch anders” meint er. Wenn man sie zu stark reizt, dann schneiden sie ihrem Mann auch gerne mal den Penis ab.” Wie bitte? Ja, Thailand sei das Land mit den meisten “Penis-Enthauptungen”. OK… Tatsächlich ist dem so. Eine kurze Recherche ergibt, dass es in Thailand seit den Siebziger Jahren an der Tagesordnung ist, dass die Frau, die herausfindet, dass ihr Mann sie betrogen hat, wartet bis er am Abend eingeschlafen ist und dann ratzfatz mit dem Küchenmesser zuschlägt. Dann wird das Corpus Delicti den Enten, die traditionell unter dem auf Stelzen gebauten Haus “wohnen”, zum Frass vorgeworfen.

Gregory Bechtel und Cecilia Tiller haben dieses Verhalten für das Medical College of Georgia (in Atlanta) untersucht und sind zum Schluss gekommen, dass den meisten Taten drei Ereignisse vorangegangen waren:

1. Eine finanzielle Krise im Haushalt

2. Schwerer Alkoholkonsum des Ehemanns kurz vor dem Ereignis

3. Öffentliche Demütigung der Ehefrau, nachdem bekannt wurde, dass der Mann eine Geliebte hat.

Aus dieser “thailändischen Tradition” ist  dieser häufig zu hörende Spruch entstanden: “Ich muss jetzt besser nach Hause, sonst haben die Enten was zu essen”.

12 in 12 – Wo sich wie lebt