12 in 12 – All fear was gone

Ich habe in meinem Leben so einige Vorbilder gehabt. Mache habe ich noch immer. Eines davon ist der Maler und Regisseur David Lynch. Filme wie Blue Velvet, Lost Highway und Wild At Heart haben meine Jugend geprägt und seine Kunst löst bei mir so viele Emotionen aus.  So nahe wie im neuen Dokumentarfilm; David Lynch: The Art Life, der hier in Los Angeles gerade im Kino läuft, war ich ihm jedoch  noch nie.

Ein Zitat des grossen Malers und Regisseurs aus dem magischen Film ist mir besonders geblieben:

“Als ich zum ersten Mal in Los Angeles die Sonne Kaliforniens gesehen habe, hat mich alle Angst verlassen”.

Das war 1970, als er Lynch ein Stipendium am Center for Advanced Film Studies in Los Angeles erhielt und aus dem grauen Philadelphia nach Kalifornien kam. Seither lebt und arbeitet Lynch in Los Angeles.

Es hört sich etwas pathetisch an. Doch genauso wie Lynch geht es mir auch immer, wenn ich in Los Angeles ankomme. Sobald ich die Sonne sehe, verliere ich meine ganze Angst. Es gibt kein schöneres Gefühl, als alle Angst zu verlieren. Das nenne ich dann Freiheit.

12 in 12 – Arbeitsklima oder Arbeitsqualität?

Was ist wichtiger für Euch? Dass das Arbeitsklima oder die Qualität Eures Jobs? Ist es egal, wenn ihr Euch nicht mit Euren Mitarbeitern versteht und jeder gegen jeden kämpft statt alle miteinander, solange ihr einen fetten Pay Check mit nach Hause nehmt und die Arbeit an sich herausfordernd und interessant ist oder ist das Gift?

Für mich ist die Antwort klar: Ohne gutes Arbeitsklima macht kein Job der Welt Spass. Ein gutes Klima und Zusammenhalt ist für mich das A und O, damit ich am Morgen gerne aufstehe und mit Freude zur Arbeit gehe. Im Englischen gibt es den schönen Ausdruck: “You might be flipping burgers”. Dieses Idiom wird eingesetzt, wenn sich jemand über seinen Job beschwert nach dem Motto: Weisst Du eigentlich, wie gut Du es hast – Du könntest ja auch in einem Burgerladen arbeiten und den ganzen Tag Burger wenden.

OK, den ganzen Tag Burger wenden ist nicht mein Traumjob. Doch wer diesen Ausspruch erfunden hat, war bestimmt nie in der Burgerkette In-N-Out. Das 1946 gegründete kalifornische Fast-Food-Restaurant, das in seinen über 300 Filialen die besten Burger der Welt zu wahnwitzig tiefen Preisen produziert, ist das Paradebeispiel, dass Arbeit, die auf den ersten Blick langweilig aussieht, dennoch erfüllend sein kann.

Hinter der Kasse und in der Burgerküche bei In-N-Out stehen unzählige Helfer, die dafür sorgen, dass die Burger frisch und lecker an die Schlange stehenden Gäste geliefert werden. Die Angestellten tragen eine Retro-Uniform und sind immer guter Laune, wirklich immer.

Schon in dem Moment, wo man In-N-Out Burger betritt, fange auch ich an zu lächeln. Die glücklichen Gesichter der Angestellten sind ansteckend. Hier kann ich nicht anders, als alle Sorgen vor der Tür zu lassen und einen Burger geniessen. Bein In-N-Out möchte ich auch gerne mal  “Burger flippen”.  Hier herrscht Teamgeist, jeder Einzelne ist stolz, für In-N-Out arbeiten zu dürfen und fühlt sich pudelwohl. Auf Indeed.com belegt In-N-Out jeweils einen der aller vordersten Plätze, wenn es um den besten Arbeitgeber geht. Dafür gibt einige Gründe. In-N-Out zahlt 17% mehr als andere Fast-Food-Ketten, die Angestellten kriegen einen Retirement Plan und weitere Benefits, es gibt einen klaren Karriereplan und wer es zum Manager schafft, kann ein sechsstelliges Jahresgehalt verdienen, der Arbeitsplan wird auf die persönlichen Bedürfnisse ausgerichtet, Teilzeit ist möglich. 80% der Store Manager der über 300 In-N-Out-Burger haben ganz unten im Unternehmen angefangen.

Warum erzähle ich Euch das? Nur wer ein gutes Arbeitsklima hat, wer Lob und Anerkennung für seinen Einsatz erhält und wer stolz ist, für seinen Arbeitgeber zu arbeiten, ist wirklich glücklich. Die angenehme Nebenwirkung: Die Produktivität eines Unternehmens steigt, wenn die Angestellten gerne zur Arbeit kommen. Druck und Drohungen wirken allerhöchstens kurzfristig, denn Loyalität und Engagement leiden, wenn man sich nicht wohl fühlt.

Ich habe zwar nicht vor, bald Burger zu flippen – doch ich weiss, dass ich in einem Job – ob als Manager oder als Arbeiter – vor allem ein Ziel habe – zum guten Arbeitsklima beizutragen.

12 in 12 – Donnie Darko (nicht erklärt)

 

Es gibt Filme, die an der Kinokasse durchgefallen sind, aber dennoch eine riesige Fangemeinde haben. Donnie Darko ist ein Solcher. Vor 15 Jahren kam Donnie Darko in die Kinos. Für mich einer der coolsten Filme aller Zeiten. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, im wunderschönen Vista-Theater in Los Angeles, eine Aufführung mit dem Regisseur Richard Kelly und einem Teil der Schauspieler zusammen anzuschauen.
Zwar war Kelly auch dieses Mal nicht bereit, zu erklären, worum es im Film genau geht. Doch das hätte ich auch nicht gewollt. “Es geht um das Ende der Reagan-Zeit” – mehr ist aus ihm nicht rauszuholen.

Wer sich nicht mehr an Donnie Darko – übrigens die erste richtige Rolle von Jake Gyllenhaal – erinnert, hier ist eine Synopsis:

Die Handlung spielt im Oktober des Jahres 1988. Donnie Darko ist ein intelligenter und kreativer, aber psychisch labiler Teenager, der mit seinen Eltern, einer älteren und einer jüngeren Schwester in einer Kleinstadt in Middlesex, Virginia, lebt. Er wird von einer Psychiaterin in Sitzungen und mit Medikamenten behandelt. In der Nacht des 2. Oktober stürzt das Triebwerk eines Flugzeuges auf das Haus seiner Familie und trifft Donnies Zimmer. Er überlebt nur deshalb, weil ihm in der Nacht zuvor ein Wesen namens „Frank“ in einem Hasenkostüm erschienen ist. „Frank“ hatte Donnie dazu gebracht, das Haus zu verlassen.

Wer jetzt immer noch nicht weiss, wovon ich spreche – hier ist der Trailer:

Und wenn ihr jetzt immer noch nicht wisst, was Sache ist….WATCH THE MOOOOOOOVIEEEEEE!!!

Der Saal war übrigens bis zum letzten Platz ausverkauft. Einige der Zuschauer hatten ihr Hasenkostüm mitgebracht…only in L.A.

12 in 12 – Die Weltmeister des “Shitty” Customer Service

Ich hatte schon fast vergessen, wie nervenaufreibend es damals war, als ich nach New York gezogen bin und versucht habe, die Infrastruktur in meiner kleinen Wohnung im Village aufzubauen. Ich weiss nicht, wie lange ich damals mit dem Internet-Anbieter Time Warner an der Strippe war – doch insgesamt waren es Tage und keine Stunden. Traumatische Erlebnisse…

Ich kenne sie mittlerweile alle, die Kundendienstzentren dieses Landes, in deren Telefondschungel man hilflos umherirrt und von einem Band zum anderen verwiesen wird, um im Endeffekt erfolglos wieder aufzulegen. Doch wie gesagt, ich hatte sie fast vergessen oder besser gesagt verdrängt, diese Erlebnisse. Bis heute.

Silverlake, Los Angeles. Im Mietwagen auf dem Weg in unsere Wohnung. Da versagt plötzlich die Gangschaltung des automatischen Getriebes. Der Motor bleibt im ersten Gang stecken und der Rückwärtsgang geht gar nicht mehr. Ich schaffe gerade noch die letzten Meter nach Hause. Den Mietvertrag des Autos rausgeholt und sofort bei Dollar angerufen. Welch ein Wunder. Nach einigen Minuten habe ich eine richtige Stimme am Draht. Judy wird’s schon richten. Ich weiss, dass ich Geduld haben muss. Freundlich sein, ist die Devise. Judy tut, was sie kann. Nach einer halben Stunde hat sie mit dem Flughafen Burbank Kontakt aufgenommen und mit der Station dort vereinbart, dass sie einen neuen Wagen vorbei bringen. Zwei Stunden oder weniger soll das gehen, sagt sie. Keinesfalls mehr. Wir sollen auf der Strasse warten und das schon in circa 30 Minuten. Man weiss ja nie wieviel früher die Jungs aus Burbank kommen, meint sie.

Toll, das klappt ja wie am Schnürchen. Meine Frau und ich wechseln uns mit dem Warten ab. Nach 30 Minuten sind wir draussen. Wir wollen den Retter in der Not ja schliesslich nicht verpassen. 60 Minuten: Fehlanzeige. 90 Minuten – noch immer nichts. Gleich wird er kommen. Ich habe es im Blut. Zwei Stunden oder weniger hiess es ja.

2 Stunden sind um. Kein Auto weit und breit. Es ist heiss in der kalifornischen Sonne. Als nach zweieinhalb Stunden noch niemand da ist, rufe ich nochmal bei Dollar an. Der Abschleppwagen sei bereits losgefahren, heisst es, als ich endlich wieder jemanden am Apparat habe. OK, dann kann es sich ja nur noch um Minuten handeln. Burbank ist ja nur 10 Meilen von uns entfernt. Ich bin guter Dinge.

Eine weiter Stunde später ist noch immer nichts von Dollar zu sehen oder zu hören. Wieder rufe ich den Kundendienst an. Nochmals die gleichen Fragen: Are you safe? Who am I speaking to? What is your phone number und und und… meine Nerven. Der Wagen sei losgefahren, heisst es ein weiteres Mal. Ich sage, das hätte man mir schon vor einer Stunde gesagt und er solle nochmals nachhaken. Das tut er.

Eine weitere Stunde später. Während ich mit dem Customer Service telefoniere und wieder die gleiche Leier abspule, schaltet sich  endlich der Abschleppwagen ein. Der Customer Service verbindet mich. Er ist in der Nähe – endlich. Ich gehe ihm entgegen. Fast sechs Stunden später habe ich ein neues Auto. Ich steige ein, lasse den Motor an und schaue auf den Screen. “Maintenance required” heisst es da. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ein neues Auto und dann das? “Wartung erforderlich”. Ich schalte das Auto aus und wieder ein. Wie beim Computer ist das immer die beste Lösung. Doch da ist sie wieder diese Anzeige: “Maintenance required”. Pahh. Der Typ vom Abschleppdienst sagt, er habe es auch bemerkt, doch das falle nicht in seinen Bereich. Ich solle das einfach bei Dollar melden. Wahrscheinlich nur ein Ölwechsel der ansteht, meint er.

Wieder hänge ich mich ans Telefon und melde den Fehler. “Thank you for calling Dollar” meint Dave. Ich bleibe ruhig und freundlich. Dave kann ja nichts dafür. Ich habe absolut keine Lust, den Wagen wieder einzutauschen. “Fährt das Auto”, fragt mich Dave. “Ja”, sage ich, “noch fährt es”. Dave rät mir, bis zum Ende der Mietzeit mit der Warnmeldung durchzuhalten. Also, drückt mir die Daumen, dass der Wagen hält. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und der Tag gelaufen. Thank you Dollar. Amerika, you have a problem…

 

12 in 12 – Freude am Glück der Anderen

Es gibt für mich nichts Schöneres, als einer Person in genau dem Moment zuzusehen, wo sich ihr Leben verändert und zwar so, dass bald nichts mehr so ist, wie es mal war und idealer bald alles besser ist. Genau deshalb macht es mir so viel Spass, noch unbekannten Künstlern zuzusehen, wie sie sich vor einem kleinem Publikum die Finger wund spielen und mit aller Kraft versuchen, aus der Obskurität des Übungsraums ans Licht der Weltöffentlichkeit zu gelangen.

Meist muss man Dutzende oder gar Hunderte von Konzerten warten, bis sowas passiert. Gestern war es wieder mal so weit. Im Legendären Club Echo in Silver Lake steht eine junge Frau auf der Bühne: Sie ist nicht als Haupt-Act gebucht, sondern hat die oft undankbare Aufgabe einer sogenannten Support Band. Sie heisst Alina Bea und ihre Songs auf Youtube haben gerade mal zwischen 10 und 40 Hits. Niemand im Saal kennt sie und niemand wartet auf sie.

Doch in dem Moment, wo sie mit ihrem Oberteil, das an die Jedi-Ritter aus Star Wars erinnert, auf die Bühne kommt, und die ersten Akkorde spielt, hat sie den ganzen Saal verzaubert. Kreativ wie Bjork und mit der Stimme und Energie von Kate Bush hat sie das Publikum auf ihrer Seite. Jeder Einzelne ist plötzlich ein Fan und sich bewusst, dass das hier kein normales Konzert ist, sondern dass hier gerade ein Star geboren wird. Nach jedem Song wird der Applaus stärker. Das Wort tosend als Bezeichnung für den Beifall zu gebrauchen, ist sicher nicht übertrieben. Auch Alina weiss, dass heute ein besonderer Tag war. Sie hat einen grossen Schritt nach vorne gemacht. Irgendein guter Produzent wird sicher im Publikum gewesen sein. Schliesslich sind wir hier in Los Angeles. Nach dem letzten Song hüpft Alina vor Freude auf der Bühne herum. Ihre unnahbare Persona lässt sie links liegen, ist einfach nur glücklich und strahlt mit den Scheinwerfern um die Wette.

Ein paar Minuten später treffe ich Alina am T-Shirt-Stand. Ich sage ihr, wie toll ihr Auftritt war und dass ich ihr viel Glück für die Zukunft wünsche. Sie lacht mich an und bedankt sich. Alina Bea, merkt Euch diesen Namen. Wenn sich das richtige Label um die junge Frau aus Los Angeles kümmert, dann kann sie durchaus in die Fusstapfen einer Lykke Li oder Aurora treten.

Auch wenn Alina viel Potential hat, ist der Weg zum Erfolg noch weit. Nächstes Jahr dürfte sie in Austin beim SXSW-Festival auftreten, danach, wenn sie viel Glück hat, eine US-Tour gebucht bekommen, im Jahr darauf  kümmert sich vielleicht eine richtige Plattenfirma um sie und frühestens 2019 ist sie dann in Europa gefragt. Good Luck Alina. Ich drücke dir die Daumen – alle beide.

12 in 12 – Scientology macht mich traurig

Wer wie ich denkt, dass Scientology angesichts all der negativen Presse und üblen Skandale bald am Ende ist, der hat sich kräftig getäuscht. In Los Angeles, dem Zentrum, um nicht zu sagen Brutstätte, dieser “Religion”, hängt das Schild der Church of Scientology bei jedem Besuch an noch mehr Häusern. Mittlerweile dürften es über 50 teils riesige Gebäude sein, in denen die Kirche ihren Jüngern predigt. Sie bringt ihnen bei, wie sie ihr volles Potential ausschöpfen, in dem sie die Fähigkeiten der Seele (Thetan), die die Menschheit vor Millionen von Jahren verloren haben soll, wieder zum Funktionieren bringt.

Dass schlechte Presse und Skandale nicht zum Scheitern einer Bewegung führen muss, wissen wir nicht erst seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.  Doch dass eine von einem zweitklassigen Science-Fiction-Schriftsteller namens Ron L. Hubbard 1954 erfundene Religion für Viele eine so anziehende Wirkung hat, ist schon erstaunlich. Der Hauptsitz der Kirche befindet sich direkt am Sunset Boulevard in einem blauen Art-Deco-Prunkbau. Der Parkplatz ist immer voll und was da drinnen genau vor sich geht ist mir schleierhaft. Irgendwelche Seminare, wo die Anhänger durch sogenanntes Auditing neue Stufen des Bewusstseins erreichen, dürften die Hauptaktivität sein.

Besonders sagenumwoben ist das Scientology Celebrity Center, ein schlossähnliches Gebäude, in dem Leute, die in der Lage sind, die Welt zu verändern (vor allem Schauspieler und Sportler), von Scientology betreut werden. Ich parke oft in der Nähe des Celebrity Centers, da gleich gegenüber einer meiner liebsten Comedy Clubs liegt. Dabei kommt mir die Szenerie um das Celebrity Center immer wie eine Mischung aus The Shining und Eyes Wide Shut vor.

OK, ich habe überhaupt nicht die Kapazität, hier irgendwelche Skandale aufzudecken oder fundierte Kritik an Scientology zu üben. Doch ein Anblick hat mich gestern so richtig traurig und wütend gemacht. Nur wenige Meter vom Hauptsitz der Kirche entfernt, auf einer riesigen gemieteten Plakatwand steht folgendes: “to my loved one in scientology: Call me.” Bezahlt wurde dieser Aufruf von der Organisation: Stopscientologydisconnection.com.

Scientology fordert ihre Mitglieder dazu auf, zu ihrer gesamten Familie, die nicht an Scientology glaubt, jeglichen Kontakt abzubrechen und zwar für immer und ewig. Nur so kann das Bewusstsein gestärkt werden, wird den Jüngern eingebläut. Jede Religion, die sowas von einem Menschen verlangt, hat bei mir verspielt. Klar muss jeder selber wissen, wie er sein Leben lebt. Doch wer solche Regeln aufstellt, der macht sich lächerlich, vor allem wenn er verzweifelt versucht, immer wieder zu beweisen, dass es sich hier nicht um einen Kult, sondern um eine Ernst zu nehmende Religion handeln soll. Wieviele Scientology-Anhänger es wirklich gibt ist äusserst umstritten. Aus den eigenen Reihen wird immer wieder die Zahl von 10 Millionen genannt. Neutrale Schätzer gehen von lediglich 100’000 oder gar weniger aus.

 

 

12 in 12 – Alles dreht sich um “The Industry”

Ich sitze im Restaurant Pine & Crane in Silverlake, habe meine DanDan Noodles vor mir und sinniere so vor mich hin. Da setzen sich zwei Männer neben mich, wohl beide so Mitte Dreissig, casual angezogen mit T-Shirt und Turnschuhen.

“Beim nächsten Film will ich mich nicht wieder mit Produzenten rumschlagen, die mir dann den ganzen Film editieren”, sagt der Eine. “Aber klar doch, das kann ich verstehen. Das kriegen wir schon hin. Ich will ja nur das Beste für deine Karriere” entgegnet der Andere. Aha, ein Regisseur und sein Agent, denke ich. “Ich brauche meine kreative Freiheit. Sonst kann ich nicht richtig arbeiten. Das musst Du einfach verstehen” stellt der Regisseur klar. “Ich bin ganz deiner Meinung. Absolut. Ich hasse es, wenn man kreative Kompromisse machen muss. Absolut keine Sorge, ich verstehe dich und kreative Freiheit ist das allerwichtigste.” Was für ein Arschkriecher dieser Agent. Ich bin mir sicher, dass er, wenn er mit dem Produzenten spricht, sagt, dass er total versteht, dass er den Schnitt des Films kontrollieren will, denn im Endeffekt sei er ja der Geldgeber und habe damit das Recht, sein Produkt zu kontrollieren und zu formen. Regisseure seien ja so was von schwierig und grosse Divas.

Es ist recht laut im Restaurant und ich kriege nur noch Gesprächsfetzten mit. “Dein letzter Film war einfach wunderbar. Der hat dich in eine ganz andere Liga katapultiert” schnappe ich noch auf und “Du musst dir keine Sorgen machen, ich habe genau das richtige Projekt für dich.” Keine Ahnung, wer die beiden sind. Es könnte sich um Jack Ross handeln, der mit Captain Fantastic für den Oscar nominiert wurde. Es könnte aber auch irgend ein x beliebiger Werbespot-Regisseur sein, der von kreativer Freiheit bei einem Wachmittel-Spot spricht.

Gleicher Tag, anderes Restaurant – Teru Sushi in Studio City. Eine gut aussehende aber nichts sagende Endzwanzigerin mit langen blonden Haaren, die sie zu einem Zopf zusammengebunden hat, sitzt einem mindestens 20 Jahre älteren Typen gegenüber. “All those skinny bitches think they are sooooo pretty. I really don’t get why I didn’t get the part” meckert sie rum. Weil Du sowas von langweilig aussiehst, denke ich und versuche, nicht zu auffällig rüber zuschauen. Doch ihr Sugar Daddy beruhigt sie: ” Honey, you are the prettiest woman in Hollywood – by far – and now let’s have sex.” Den letzten Teil des Satzes hat er nicht gesagt, doch bestimmt gedacht. “You are so sweet – I love you so much” entgegnet sie und setzt dabei ein sowas von falsches Lächeln auf. Die beiden bestellen die Rechnung und er bezahlt. Ich glaube nicht, dass ich Barbie Doll so bald auf der grossen Leinwand sehen werde.

Jeder in Tinseltown ist ja so unheimlich wichtig und erfindet das rad gerade neu. Wer schon nurmal in der Nähe eines Filmsets war,  behauptet in Lalaland von sich, in der Industrie zu arbeiten.

In Los Angeles ist man immer von Hollywood umzingelt. Ob der Superstar beim Kaffee holen oder die Bedienung, die seit Jahren ohne Erfolg versucht, wenigstens mal die Rolle eines Extras zu ergattern, sie sind Teil der “Industry”. Es ist witzig, da von draussen  zuzuschauen und Mäuschen zu spielen. Ein Teil davon möchte ich aber nicht sein.

12 in 12 – Von Vorurteilen und dem Guten im Menschen

Die Sonne brennt, die Luft vibriert und die Strasse schlängelt sich den Hügel hinunter ins Tal. Links und rechts beherrschen wundervolle Bäume die Szenerie. Es sind  Joshua Trees. Die Pflanzen, die aussehen wie Kakteen, aber zu den Liliengewächsen gehören, werden bis 18 Meter hoch und bis zu 900 Jahre alt. Wir befinden uns zwischen der Mojave-Wüste und der Colorado-Wüste mitten im Joshua Tree National Park.

Plötzlich ändert sich die Landschaft. Kleinere, putzig, ja fast pelzig aussehende Kakteen überall. Die Gegend trägt den Namen Cholla Cactus Garden.  Das muss ich mir näher ansehen. Die Kakteen strahlen um die Wette. Das pelzige Aussehen hat den mystischen Pflanzen auch den Namen Teddy Bear Cholla eingebracht. Neben den Teddy Bären gibt es auch sogenannte Jumping Chollas. Eine nicht ganz so harmlose Spezies. Bei der kleinsten Berührung werden ganze Stachelbüschel abgesprengt und die greifen dann sozusagen den Eindringling an. Doch dazu gleich mehr.

Der Weg durch die Kakteen ist gut gekennzeichnet. Wir sind fast alleine. Ein paar Meter weiter steht eine junge Mutter, die mit ihrem kleinen Sohn gerade ein Selfie nach dem anderen schiesst. “Typisch amerikanische Touristin” denke ich. Dann noch ein übergewichtiger Mann der bestimmt gerade aus dem Casino kommt und das All You Can Eat Buffet so richtig ausgenutzt hat. Vorurteile über Vorurteile, ich weiss.

Ich schiesse auch das eine oder andere Foto – schliesslich bin ich ja auch ein Tourist –  und stapfe mit meinen Sandalen durch den Garten. Aufpassen, dass ich nicht zu nahe an die Jumping Chollas gerate, denke ich gerade noch. Doch es ist bereit zu spät. Es sticht verdammt fest.  Ich schaue mein Bein herunter und habe zwei dicke Kaktusbälle an meinem Fuss, die sich mit aller Gewalt festgekrallt habe. Ich versuche vergebens, sie mit dem anderen Fuss abzustreifen

Während ich noch versuche, den klebrigen Ball irgendwie aus meinem Fuss zu ziehen, steht die Mutter, die gerade noch Selfies geschossen hat, schon neben mir. Auch der Casino-Tourist ist sofort da. “Oh, da musst Du aufpassen”, sagt er.  “Halt Dich an mir fest, dann hast Du einen besseren Stand”. Die Mutter zieht sofort ihre beiden Turnschuhe aus und gibt sie mir. “Nimm die Schuhe wie eine Zange und  zieh die Dinger damit einfach raus” rät sie mir. Ich versuche es, doch ohne Erfolg.  Die Stacheln sind tief im Fuss. OK, tief durchatmen und nochmals zeihen. Es schmerzt, doch daran darf ich jetzt nicht denken. Nochmals kräftig ziehen. Tack, die Kaktuskugel ist draussen. Das Blut tropft dort raus, wo vorher die Stachel waren. “Ich habe Pflaster im Auto sagt der Casino-Tourist, der übrigens aus Montreal kommt, gerade wegen einer Konferenz mit seiner Frau in Palm Springs ist, und unheimlich nett ist. Um es abzukürzen. Das Pflaster wirkt Wunder und der Schmerz hat ziemlich schnell nachgelassen.

Ich habe die Geschichte auch nicht erzählt, um bei Euch Mitleid für meinen Kaktuszwischenfall einzuheimsen, sondern weil mir diese kleine Episode gezeigt hat, dass man das Gute im Menschen nicht unterschätzen darf. Wenn was passiert, dann halten wir oft zusammen und lassen alles stehen und liegen. Noch kurz vor dem Zwischenfall hatte ich mich – shame on me – innerlich abfällig geäussert über genau die Leute, die mir nachher selbstlos zur Hilfe geeilt sind. “Don’t judge a book by its cover ” heisst ein Sprichwort. Genau das hat sich wieder mal bewahrheitet. Man kommt besser durchs Leben, wenn man das Glas immer als halbvoll und nicht als halbleer betrachtet und wenn man seinem Gegenüber erstmal positiv gegenüber steht und nicht gleich das Schlimmste befürchtet. Ja, ich weiss, dass das nicht immer einfach ist. Doch einen Versuch ists auf jeden Fall wert.

 

12 in 12 – Die Wüste lebt

Die Natur ist schon was unglaubliches. Wie sie sich gegen alle Widerstände immer wieder durchsetzt ist faszinierend. Mitten in der Wüste, unweit von Los Angeles, wo sonst kein Kraut wächst und sogar Kakteen Mühe haben, noch Nährstoffe zu finden, blühen im Moment die Blumen um die Wette. Kaum ein Tropfen Wasser weit und breit und trotzdem hat es die Natur irgendwie so eingerichtet, dass die Wüste lebt. Einfach nur schön anzusehen. Ein paar Eindrücke:

 

12 in 12 – Schönes Wetter ist NICHT überbewertet

Gehört ihr auch zu denen, die behaupten, dass ihr die vier Jahreszeiten mögt, dass ihr es schätzt, dass es fünf Monate im Jahr fast null Grad kalt ist, dass es dauernd regnet und die Sonne kaum mal scheint ausser an dem einen Wochenende im August? Jaja, schönes Wetter ist sowas von langweilig…

Bullshit. Schönes Wetter ist nicht langweilig, sondern wie die Etikette schon sagt: schön. Ich bin beileibe kein Sonnenanbeter. Ich brate nicht stundenlang in der Sonne, sobald mal ein Strahl durch die Wolken bricht. Doch schönes Wetter macht mich glücklich und bringt mich in gute Stimmung. Ich weiss nicht, ob es das Vitamin D ist, das herrliche Licht, die Wärme oder sonst was. Doch ich liebe schönes Wetter.

Statistisch gesehen hat die Region um Los Angeles das beste Wetter der Welt. Nur Honolulu auf Hawaii kann da noch mithalten. Kaum Regen, selten zu heiss und fast immer warm genug und dann in der Nacht wieder etwas kühler. Regen: Fehlanzeige und Wolken haben Seltenheitswert.  Durchschnittstemperatur immer um die 20 Grad oder drüber.

Schönes Wetter ist überbewertet? Think again.

 

12 in 12 – Wo sich wie lebt