12 in 12 – Die Kathedrale von Ground Zero

Ich habe am 11. September 2001 in New York gewohnt und die brennenden Twin Tower, die ich von unserem Dach am Waverley Place fassungslos angestarrt hatte, noch vor mir, als ob es gestern war. Die Zeit danach war die Schlimmste, aber auch die Schönste, die ich in New York verbracht habe. Die Schlimmste wegen der Trauer und der Ungewissheit, die Schönste, weil ich mich noch nie so verbunden mit New York und vor allem den New Yorkern gefühlt hatte. Das werde ich nie mehr vergessen.

Was danach kam, wissen wir alle. Der unnötige Krieg, Hass, Intoleranz und Terroranschläge – bis heute, 16 Jahre später. Nichts ist mehr so, wie es mal war und das liegt nicht nur am 9. September 2011, sondern vor allem daran, was danach kam.

Ich war in der Zwischenzeit oft in New York, denn ich vermisse die Stadt, die meine Freund auf Lebenszeit, also quasi mein BFF ist. Ich weiss. nicht genau warum. Doch zum Ground Zero hatte es mich bei keinem dieser Besuche getrieben. Bis jetzt.

Ich wollte weniger das Memorial, sondern mehr den neuen, Oculus genannten Bahnhof sehen, der mit sieben Jahren Verspätung vergangenes Jahr endlich fertig gestellt wurde. Das Gebäude neben den einstigen Zwillingstürmen des World Trade Centers wurde vom spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava erbaut und kostete am Ende 3,85 Milliarden Dollar – knapp zwei Milliarden Dollar mehr als ursprünglich geplant.

Der Architekt, der in Zürich an der ETH studierte und dessen erstes Werk der Bahnhof Stadelhofen in Zürich war, hat nichts von seiner Kreativität verloren und bleibt seinem Konzept  aus der Tierwelt treu. Die 111 Meter langen und 49 Meter hohe Stahlrippen-Halle  erinnert an das Skelett eines Dinosauriers oder vielleicht auch and das Gerippe eines Gürteltiers. Man spüre dabei die Wiederauferstehung eines Tod gesagten, hat Calatrava mal gesagt. Besser könnte man es nicht beschreiben.

Von aussen soll der Bahnhof eine weisse, flatternde Taube darstellen. Auch der berühmte Phönix aus der Asche war ein Vorbild. Mich erinnert es allerdings mehr an den Amerikanischen Adler oder an ein unheimliches Fabelwesen.

Während ich  im Inneren des Gebäudes an Ruhe, Licht und Andacht denke, schiessen mir von Aussen eher Stichworte wie Angriff, Gefahr und Sturz  durch den Kopf. Das war wohl nicht die Absicht von Calatrava.

Doch egal – auf jeden Fall hat das Gebäude ohne Zweifel den Wow-Effekt auf seiner Seite. Wer in die grosse Halle tritt, der kommt nicht darum herum, in Ehrfurcht zu erstarren. Die Sonnenstrahlen, die von oben durch die Deckenfenster kommen, geben dem Ganzen ein himmlisches Antlitz. Trotz hektischem Treiben bleibt eine gewisse Grundruhe, die der Nervosität der Pendler gut tun.

Zum ersten Mal sehe ich auch das Ground Zero Memorial oder wie es offiziell heisst das National September 11 Memorial. An den Stellen der zerstörten Zwillingstürme befinden sich, „Fussabdrücken“ gleich, zwei grosse Becken. Diese sind mit einer Kupferumrandung versehen, in die die Namen der 2983 Menschen gefräst sind, die bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und vom 26. Februar 1993 ums Leben kamen.

Unmengen von Wasser fliesst in ein schwarzes Loch in der Mitte des Memorial. Kein schöner Anblick wie ich finde. Das Wasser erinnert mich an  Sterblichkeit und Vergänglichkeit sowie die Plötzlichkeit des Todes. Unaufhaltsam fliesst das Wasser in das schwarze Loch und ist weg – für immer. Vielleicht soll genau das auch die Reaktion sein. Schliesslich ist hier kein Vergnügungspark, sondern ein Ort der Besinnung.

Weniger Lobenswert hingegen finde ich das noch dazugestellte Museum zu 9/11. Das Museum an sich mag zwar ganz OK sein. Doch dass man 25 Dollar dafür verlangt, seinen Respekt  zu erweisen und die Geschichte Revue passieren zu lassen, das finde ich nicht OK.

 

12 in 12 – FLEXN ist the new big thing

Contortion, Street Dance, Video Games, Gun Fights, Bone Breaking, Robotics und viel viel Kreativität – das ist FLEXN, der neue Trendtanz, der aus den Strassen Jamaicas und. vor allem den Dance Halls in Brooklyn bald die Welt erobern wird.

Es ist sowas von ansteckend, den FLEXN-Tänzern zuzusehen. Sie wachsen in der Hood auf, in der es oft keine Perspektiven gibt und tragen statt Messerstecher-Duellen, Tanzduelle aus. Sie verrenken sich, pausieren, drehen sich im Kreis und sind dabei graziös wie eine Ballerina und stolz wie ein Weltmeister.

Hinter ihnen steht der MC, der dazu einen Rap einlegt, spinnen die DJ’s coole Tracks und es wird geflachst, gelacht und gescherzt. So ähnlich muss es zu und her gegangen sein, als damals die ersten Breakdancer ihre Moves gezeigt haben. Doch FLEXN ist kein Abklatsch von Break Dance, sondern steht für sich alleine.

Die Armory in der Upper East Side (of all places) gibt den Street Kids Eine Opportunity of a Lifetime zusammen mit dem Künstlerprojekt The Shed und hat FLEXN zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Anders als Break Dance oder Electronic-Dance hat FLEXN seine eigene Identität und Sprache im Bereich des Postmodernen Tanzes.

FLEXN ist mehr als nur einTanz. FLEXN ist eine Lebenseinstellung. Entsanden in Folge der Gerichtsurteile und der Aufregung um Rassismus in Zusammenhang mit Michael Brown in Ferguson, Missouri, und Eric Garner in New York City, wurde diese kraftvolle Arbeit unter der Regie des FLEXN-Pioniers Reggie (Regg Roc) Gray und des Regisseurs Peter Sellars ins Leben gerufen.

Die Tänzer strahlen grosse Menschlichkeit aus. Alles ist improvisiert und “real”. FLEXN steckt and und macht Spass. Oft sind die Story Lines brutal. Schiessereien mit tödlichem Ausgang, Prügeleien und die Flucht vor der Gefahr stehen immer wieder im Mittelpunkt.

Hier entsteht gerade etwas Grosses. Von Brooklyn auf die Bretter, die die Welt bedeuten. FLEXN oder auch Flexing oder manchmal Bone Breaking (weil die Bewegungen so insane sind) heisst der Tanz. Merkt es Euch: FLEXN is the thing.

Hier ein Video aus der Show aus dem Armory:

12 in 12- Ist Prospect Park der bessere Central Park?

Frederick Law Olmsted. Der Name ist unsterblich mit dem wohl schönsten Stadtpark der USA verbunden, dem Central Park. Es war das Jahr 1858 und nach der Planungs- und Bauzeit von 15 Jahren wurde die Oase in Mitten der Metropole 1873 eröffnet.

Für mich wird der Central Park immer einen besonderen Platz behalten. Rudern auf dem See, Joggen um das Reservoir, Faulenzen auf dem Great Lawn, Schlittschuh laufen auf dem Ice Rink, die Summer Concert Series, Shakespeare in the Park, die Strassenkünstler…ach wie ist das schön.

Doch Central Park sind auch unzählige Touristen, eklige Hot Dogs und Stände mit hässlichen Souvenirs. Schön wäre es, einen Park zu haben, der  relativ unentdeckt und genauso schön wie der Central Park ist.

Herr  Olmsted, können sie uns da weiterhelfen? Ja? Tasächlich? Wie heisst der Park, den sie ebenfalls kreiert haben und der ähnlich gross wie der Central Park ist? Prospect Park? In Brooklyn? Ach….

In der Tay. Der Prospect Park in Brooklyn, unweit von Downtown und zwischen Prospect Heights und Park Slope  mit seiner grandiosen Grand Army Plaza, dem Triumphbogen, der Brooklyn Library, dem Brooklyn Museum, dem Botanical Garden, dem Zoo und dem idyllischen See ist genau der Park, den ich gesucht habe. Danke Herr Olmsted, dass sie den 1865 auch noch gleich kreiert haben.

Hier gibt es hunderte von Vogelarten, Frösche, Schildkröten, Hasen und Füchse.  Hier wird Baseball gespielt, gegrillt, gelacht und getanzt. Die Stimmung an einem Frühsommertag ist kaum zu überbieten. Zu sagen, der Prospect Park sei der bessere Central Park scheint mit durchaus berechtigt zu sein.

12 in 12 – Das vergessene Stadion ist auferstanden

Nothing ever happens in Queens. Der New Yorker Stadtteil, der gleich viele Einwohner wie Manhattan und Brooklyn hat, ist langweilig. Der Ruf eilt Queens oft zu Recht voraus. Zwar gibt es schöne “Pockets” wie Jackson Heights, Astoria oder Flushing, Doch insgesamt kann man Queens durchaus links liegen lassen….bis vor Kurzem.

Der Grund, warum Queens wieder von sich Reden macht, ist das Forrest Hills Stadium, dieses Amphitheater des West Side Tennis Clubs im Stadtteil Forrest Hills vor den Toren der Stadt. 68 Mal wurde hier das US Open ausgetragen (Flushing Meadows eat your heart out), 10 Mal der Davis Cup Final und in den 60er und 70er Jahren traten hier die Beatles, die Stones, Frank Sinatra, Barbara Streisand, Jimmy Hendrix und Bob Dylan in legendären auf.

Doch seit 2011 stand das Amphitheater, das für 14000 Zuschauern Platz bietet, leer und drohte zu verfallen. Bis sich eine Gruppe findiger Unternehmer zusammensetzte, ignorierte, dass das Stadium in langweiligen Queens steht und kurzerhand die Renovation beschloss.

Jetzt tritt hier wieder auf, was Rang und Namen hat – im schönsten Stadion New Yorks, ja vielleicht sogar Amerikas. Jeder Platz bietet erstklassige Sicht, der Sound ist grandios und die Infrastruktur hält die Balance zwischen Modern und Vintage wie nirgends anders.

Als The XX auf die Bühne treten und ihr Song Crystalized aus den Lautsprechern schallt, weiss ich, dass das heute ein besonderer Abend wird. Forrest Hills Stadium und The XX. Ein weiterer historischer Abend im Forrest Hills Stadium

12 in 12 – Donald, wo sind deine Supporter?

Ich kenne persönlich kaum jemanden, der für Donald Trump abgestimmt hat. Dennoch, er ist amerikanischer Präsident und hat die deutliche Mehrheit der US-Bundesstaaten gewonnen.

Im Moment gibt es an den Stammtischen New Yorks nur ein Thema: Gibt es ein Impeachment gegen Donald Trump, tritt er irgendwann freiwillig zurück, stolpert er über die Russland-Affäre, die Entlassung des FBI-Chefs, innerparteiliche Streitigkeiten oder wird er sonst wie aus dem Amt gedrängt?

Hier in New York gibt es überall Anti-Trump-Kundgebungen. Mal sind es  nur eine Handvoll Demonstranten, dann Hunderttausende, die gegen das “Regime Trump” durch die Strassen ziehen. Wenn man Umfragen glaubt, hat Trump jedoch noch immer eine starke Mauer hinter sich. Der mittlere Westen und der Bible Belt sind klar pro Trump und nennen die Impeachment-Rufe eine Hexenjagd.

Doch eine Frage stelle ich mich schon: Wo sind diese Leute, für die Trump der Retter in der Not, der vom Himmel gesandte, der Auserwählte, ja der Glücksfall des Jahrtausends ist? Wo sind die? Warum gehen die nicht auf die Strasse und demonstrieren dagegen, wie ihr Präsident behandelt wird? Leave our president alone! We don’t want a biased media! lies, lies, lies, lies! sollte es durch die Strassen von New York, Chicago, Washington, Saint Louis und Denver schallen.

Doch nichts dergleichen. Sie machen die Faust im Sack, schauen Fox News und glauben daran, dass alles wieder gut wird. Donald wirds schon richten. Er hat gesagt, das alles Ok sei und ist drauf und dran, das Land so zu entzweien, wie es noch kein anderer Präsident vor ihm getan hat.

Wo seid ihr, ihr Trump-Supporter?

 

12 in 12 – Feministin ohne Hidden Agenda

Es gibt kaum etwas faszinierenderes und Schöneres als eine starke Frau. Frida Kahlo ist so ein Beispiel aus der Kunstwelt. Doch die Königin aller starken Frauen ist für mich Georgia O’Keeffe. Sie schaffte es, ohne wirklich darauf aus zu sein, der Welt in einer Zeit, als Feminismus noch in ihren Kinderschuhen steckte, zu zeigen, dass jeder, egal ob Mann oder Frau, ein unabhängiges und bedeutungsvolles Leben führen kann.

Georgia O’Keeffe (1887-1986)ist die bekannteste und erfolgreichste US-amerikanische Malerin. Besonders ihre stark vergrösserten, fast abstrakten Blumenbilder sind weltberühmt. Aber nicht nur als Künstlerin fand sie grosse Beachtung.

Sie faszinierte durch die Kraft ihrer persönlichen Ausstrahlung, denn sie war “von ungewöhnlicher Schönheit, Spontaneität, Klarheit des Geistes und Gefühls und von wunderbarer Intensität, mit der sie jeden Augenblick ihres Lebens auskostete.” (Stieglitz) Sie war schlagfertig und konnte umwerfend direkt sein. Für die Jüngeren verkörperte sie die unabhängige, kreative Frau, die unbeirrt ihren Weg ging, nie bereit zu Kompromissen, die sie am Malen hinderten.

Ihre Ausstellung im Brooklyn Museum mit ihren Blumenbildern, die für viele Betrachter ein Abbild des weiblichen Fortpflanzungsorgans darstellen, ihren Landschaftsmalereien aus New Mexico und vor allem den Fotographien ihrer Person, haben mich schwer beeindruckt. O’Keeffe hatte ohne das wirklich zu wollen, eine Persona kreiert, die Stolz, Unnahbarkeit, Intellekt und Freiheit verkörperte. Ihr Mentor und Ehemann Alfred Stieglitz, seinerseits ein begnadeter Fotograf, verblasste im Endeffekt in ihrem Glanz.

Wenn ich Kunst sehe, dann geht es für mich nicht nur um das Ergebnis, sondern um das Konzept und auch die Person, die hinter diesen Bildern steht. Georgia O’Keeffe ist ein Vorbild für alle, nicht nur für Frauen, aber doch besonders für das weibliche Geschlecht. Gleichberechtigung als Grundvoraussetzung ohne daran je zu Zweifeln. So sollte es sein.

12 in 12 – An Hamilton kommt keiner vorbei

Ich hatte meine Chance. Als ich vor zwei Jahren auf einen Zwischenstop nach New York kam, gab es in der Stadt nur einThema: Das Hip-Hop-Musical Hamilton, das alle Regeln der modernen Kunst bricht, sie wider zusammensetzt und niemanden aber auch gar niemanden kalt lässt. Eine Freundin, die fürs Public Theater arbeitet, hatte mir ein Ticket organisiert. Dummerweise hatte ich für den gleichen Abend schon Theaterkarten und zwar für Fish in a Bowl mit Seinfeld-Creator Larry David.  Larry konnte ich einfach nicht im Stich lassen und verzichtete auf Hamilton. Ja, ein Fehler, ich weiss…ziemlich ähnlich wie damals 1991, als ich mich für The Wonder Stuff und gegen Nirvana entschieden hatte, als die beide zeitgleich in Boston auftraten (doch das ist eine andere Geschichte).

Zwei Jahre sind vergangen. Seither ist Hamilton die erfolgreichste Broadway-Aufführung aller Zeiten geworden. Karten sind unmöglich zu kriegen und wenn man sie dennoch unbedingt will, dann kosten auf dem Schwarzmarkt noch immer rund 2000 Dollar.

11 Tony-Awards und einen Pulizer-Preis später weiss in Amerika auch das kleinste Kind, wer Alexander Hamilton war.  Er war einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, massgeblich an der Verfassung des Landes beteiligt und der grosse Denker hinter dem modernen amerikanischen Finanzsystem – genau der Stoff aus dem erfolgreiche Musicals geschneidert werden.

Diese Mal hatte ich es schon aufgegeben. Weder die Lotterie, irgendeine Ticket-Website noch andere Quellenhatten zum Erfolg geführt. Kein Ticket für Hamilton. Die allerletzte Chance war das gute alte Anstehen. Ich hatte gehört, dass die Leute jeweils um 7 Uhr Morgens schon vor der Tür stehen, um dann um acht Uhr Abends endlich drin zu sein. Fast zufällig liefen wir um kurz vor fünf Uhr Nachmittags am Theater vorbei. Da gab es in der Tat eine Schlange. Doch mehr als 15 Leutestanden zu diesem Zeitpunkt noch nicht an.

Ich stell mich mal dazu. Der Polizist, der aufpasst, dass niemand einen Schwarzmarkt eröffnet, sagt: “Zwischen sieben und 20 Leute kriegen jeweils ein Ticket. Ihr habt eine Chance.” Neben mir tritt die Kulturkritikerin des Guardian nervös von einem Bein aufs andere. Sie steht auch an. “Ich kenne alle Publizisten und für Shows wie Groundhog Day habe ich beste Karten umsonst bekommen. Doch als ich nach Hamilton-Karten fragte, haben sie mich ausgelacht,” sagt sie.

Ich mache es kurz. Bis kurz vor acht lief gar nichts. Dann etwas Bewegung. Die Studenten, die ganz vorne in der Schlange stehen, verzichten auf die ersten Karten, da sie auf die günstigen Stehplätze warten. Nur noch 4 Wartende vor mir. Es schlägt acht Uhr. “Bitte an die Kasse”, sagt der Aufpasser. Ich gehe nach vorne, halte meine Kreditkarte hin und will gar nicht wissen, wie teuer der Platz ist. “Das ist die letzte Karte” sagt die Kassiererin. Wow. Ich habe das zweifelhafte Vergnügen, kurz vor die Tür zu gehen und die Bad News zu verbreiten. Dann ab in den Saal. Fünfte Reihe mittendrin bei Hamilton.

Vorhang auf:

How does a bastard, orphan, son of a whore and a
Scotsman,
dropped in the middle of a forgotten
Spot in the Caribbean
by providence, impoverished, in squalor
Grow up to be a hero and a scholar?

Lin-Manuel Miranda heisst das Genie, das die Idee hatte, ein Musical aus der Geschichte dieses Immigranten zu machen, die Rollen mit einem bunten ethnischen Mischmasch zu besetzten, einen Ohrwurm nach dem anderen mit reinzuschmeissen und alles im Hip-Hop-Style zu schreiben. In punkto Musical wohl das Beste, was ich je gesehen habe.

Damit ihr einen kleinen Eindruck erhaltet, worum es geht und warum der Hype so unendlich gross ist, hier ein Video aus dem Jahre 2009, Jahre bevor das Musical fertig war im White House in Washington. Bitte, schaut Euch das an – ich flehe euch an. Da werden die Tränen kullern. Niemand wusste damals, wer Lin-Manuel Miranda war, geschweige denn Alexander Hamilton. Jeder, der sagt, Musicals seinen nichts für ihn und er sei viel zu männlich für sowas – wait and see:

 

 

12 in 12 – Die Subway ist New York nicht würdig

 

Für mich war die New Yorker Subway immer einer der Gründe, warum ich diese Stadt liebe und warum sie besser ist, als fast alle Metropolen dieses Planeten.

Besonders die sogenannten Express Trains, die im Eiltempo von West Fourth Street über 14th Street zum Times Square rasten und auch einen Trip in abgelegenere Stadtteile ein Vergnügen machten, fand ich immer toll. Das war immer so viel besser, als in London, wo die U-Bahn an jeder Haltestelle stehen blieb und so vor sich hin tuckerte.

Doch mittlerweile ist die New Yorker U-Bahn nur noch ein grosses Ärgernis. Während in London nicht nur der Takt der einzelnen Linien, sondern auch die Streckenführung, die Signalanlagen und die ganze Infrastruktur verbessert wurde, rattert die New Yorker U-Bahn oft nur noch im Schneckentempo vor sich hin. Die Signalanlagen sind über ein halbes Jahrhundert alt, die Wagen sind so laut, dass man sich kaum unterhalten kann und die Taktfrequenz ist auf einigen Linien so träge, dass man sich oft fragt, ob überhaupt noch ein Zug kommt (Zeitangaben Fehlanzeige). Allein seit 2012 haben sich die Verspätungen, die auf “Overcrowding” zurückzuführen sind, in New York vervierfacht.

Mindestens 50 Milliarden Dollar müssten investiert werden, um die Subway wieder auf den Standard zu bringen, den die Stadt verdient hat. Doch damit tut sich New York schwer.  Immerhin wurden vor Kurzem 30 Mrd. bereitgestellt, die in den nächsten fünf Jahren ausgegeben werden sollen.

Das ist bitter nötig. Der L-Train ist immer wieder ganz ausser Betrieb, der Q-Train überfüllt und ich habe noch nie so viele sogenannte Replacement Busse gesehen, die den Transport im Falle eines U-Bahn-Ausfalls gewährleisten.

Dabei hört man immer wieder die Ausrede, dass es schwer sei, mit den aus dem Boden gestampften Transportsystemen in Städten wie Schanghai oder Singapur mitzuhalten. Doch auch alteingesessene Systeme wie sie in Moskau oder Tokio zu bestaunen sind, funktionieren um Lichtjahre besser als die Subway in New York.

OK, es gibt Lichtblicke. Nach Jahrzehnten der missglückten Planung ist die 2nd Avenue Subway nun endlich fertig. Darauf ist New York stolz wie Oskar. Doch auch diese Linie scheint mir schon etwas “out of date” zu sein, wenn ich sie mit anderen Metropolen vergleiche.

Komm schon, New York, streng dich etwas mehr an. Ich habe ja gar nichts gegen das Rattern der etwas altmodischen Bahnwagen. Das gibt einem auch irgendwie das Gefühl, des hier zu Hause seins. Doch die 6 Millionen Pendler, die jeden Tag auf die Subway angewiesen sind, haben Besseres verdient.

12 in 12 – Bald ganz ohne Cash?

In der New Yorker Restaurantszene gibt es einen neuen Trend: Statt “Cash Only” sieht mann immer häufiger das Schild: “No Cash, Credit Card only”.

Ob das Bao House an der 14. Strasse oder Sweetgreen, Eatsa Fish Cheeks oder LaVecchia – sie alle setzen voll auf die Karte und akzeptieren keine harten Dollar mehr. Ein Grund dafür ist die Sicherheit. Sie haben es satt, immer wieder überfallen zu werden und für eine Versicherung dagegen tief in die Tasche zu greifen. Zudem ist es einfacher, so die Abrechnung zu machen. Da zahlen sie gerne die Gebühren von 1,5 bis 2%, die ihnen die Kreditkartenfirmen abknöpfen.

Harvard-Professor Kenneth Rogoff, der in seinem Buch “The Curse of Cash” die Nachteile des Bargelds beschreibt, sagt zwar nicht das totale Sterben des Bargelds voraus findet aber, dass Bargeld ein Hemmschuh des Wirtschaftswachstum sei.

Eine Untersuchung der Eliteuniversität MIT kommt denn auch zum Schluss, dass die Kunden in einem Restaurant, wenn sei ihre Kreditkarte zücken, im Durchschnitt doppelt so viel ausgeben, als wenn sie ihr hart verdientes Bargeld auf den Tisch legen müssen.

Mir persönlich wäre es ehrlich gesagt egal, wenn es kein Bargeld mehr geben würde. Ich zahle ohnehin viel lieber mit der Karte. Ja, ich weiss, dass das im Endeffekt auch zu höheren Preisen führen kann. Gerade in Ländern, in denen die Kreditwürdigkeit der Geschäfte nicht so hoch ist wie in den USA, kann der Aufschlag für die Zahlung mit der Karte mächtig hoch sein. In Argentinien beispielsweise zahlen die Geschäfte locker mal 10% und mehr.

Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Das “Cash Only” Schild dürfte nicht ganz verschwinden. Doch nehmt auf jeden Fall immer Eure Karte mit. Sonst müsst ihr beim nächsten Restaurantbesuch vielleicht in der Küche abwaschen, um Eure Rechnung zu bezahlen.

 

12 in 12 – Food Porn war schon gestern

Im Prinzip könnte dieser Eintrag auch Tag 3 im Apple Store heissen – doch ich erlöse Euch mal von meiner Odyssee und machen einen Abstecher ins Land des Food Porns…

Man kann ihm sich kaum entziehen, diesem Trend, der sich in den letzten Jahren wie ein roter Faden durch das Internet zieht. Ob Instagram, Facebook, Twitter oder irgend eine x-beliebiger Blog: Food Porn ist überall.

Food Porn? Ja genau, diese aufreizenden Bilder von Gerichten, die einem schon beim Hinschauen das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen und die ein Verlangen auslösen, das durchaus mit Pornographie vergleichbar ist. Der Begriff Food Porn ist aus unserem Sprachschatz kaum mehr wegzudenken.

Umso überraschter war ich, als ich gestern die Ausstellung von Marilyn Minter im Brooklyn Museum besuchte, und dort auf das Werk “100 Food Porn” stiess. In einer Serie von Ölbildern malte die kontroverse Künstlerin 1990, also vor 27 Jahren, Gemüse, Früchte und andere Köstlichkeiten, die einen an Pornographie erinnern. Das ganze Projekt nannte sie dann 100 Food Porn. Höhepunkt der Konzeptkunst war ein Werbespot, den sie zur besten Sendezeit im US-Fernsehen ausstrahlen liess und der Food Porn den Massen zugänglich machen sollte. Der Begriff Food Porn ist also keineswegs ein Hipster-Ding, sondern schon 27 Jahre alt.

Also, wenn ihr das nächste Mal jemanden im Kaffee sitzen seht, der krampfhaft Aufnahmen von seinem Sandwich macht, dann nur einen einzigen Biss davon nimmt und es stehen lässt, dann aber auf Instagram verkündet: “Best Sandwich* ever, dann denkt daran, dass das eigentlich schon sowas von out ist und wenn ihr mut habt, dann sagt es ihm auch.

 

12 in 12 – Wo sich wie lebt