12 in 12 – Minimalismus in Perfektion

Alles ist so herrlich funktional und einfach. Kein Stein wurde hier verbaut, der nur der Ästhetik dient, sondern alles hat seinen Sinn und Zweck.

20 Minuten mit dem Zug vom Gare St. Lazard steht eines der grössten Meisterwerke der modernen Architektur: Die Villa Savoye des Schweizer Architekten Le Corbusier.

Ja, genau. Das ist der Architekt, der mal gesagt hatte: “Alle Häuser sollten von Gesetzes wegen weiss sein”, und weiss ist sie denn auch die Villa Savoye

Corbusier hatte sein legendäres Manifest der Architektur geschrieben und es in der Villa Savoye in Poissy 1928 bis 1931 perfekt umgesetzt.

Die Villa steht hochgelegen auf einem weitläufigen Grundstück, inmitten einer grossen Wiese umgeben von Laubbäumen und mit Sicht auf die Seine. Seit 2016 ist die Villa ein Weltkulturerbe der Unesco.

Das Haus strahlt eine Ruhe aus, die in nur wenigen Gebäuden zu finden ist. Licht durchflutet die Räume, ohne störend zu sein. Die Fenster sind unterteilt, um eine gewisse Privatsphäre und vor allem auch gleichmässiges Licht zu garantieren. Alles ist zeitlos gebaut. Eine Seltenheit in der modernen Architektur. Oft sehen Gebäude schon nach zehn Jahre so aus, als ob sie nicht mehr zu unserer schnelllebigen Welt passen. Die Villa Savoye könnte heute noch genau so gebaut werden und wäre auch heute noch ein Meisterwerk.

Ein weiteres Zitat von Le Corbusier fällt mir da ein, wenn ich vor der Villa stehe.”Ich bevorzuge das Zeichnen gegenüber dem Reden. Zeichnen geht schneller und lässt weniger Raum für Lügen.” Das passt so gut. Ehrlicher könnte ein Haus kaum sein als die Villa Savoye. What you see is what you get. Keine Beschönigungen.

Le Corbusier hatte sich während des Baus mit der Familie Savoye zerstritten. in den 50er Jahren übernahm die Stadt Poissy das Haus und wollte es abreissen. Erst massive Proteste und der Einsatz des französischen Kulturministers verhinderten das Undenkbare. Zum Glück.

Neben der Villa Tugendhat (Ludwig Mies van der Rohe, 1930), Fallingwater (Frank Lloyd Wright, 1937) und dem Haus Schminke (Hans Scharoun, 1933) gehört die Villa Savoye zu den bedeutendsten Wohnhäusern der Moderne.

Das sind die fünf Punkte des Manifests “Fünf Punkte zu einer neuen Architektur:

  1. Die Pfosten: Ein Raster von Betonstützen ersetzt die tragenden Mauern und wird zur Grundlage der neuen Ästhetik.
  2. Die Dachgärten auf einem Flachdach können sowohl als Nutzgarten wie auch zum Schutz des Betondachs dienen.
  3. Die freie Grundrissgestaltung (offener Grundriss) und damit der Wegfall von tragenden Mauern ermöglicht eine flexible Nutzung des Wohnraums.
  4. Das Langfenster durchschneidet die nichttragenden Wände entlang der Fassade und versorgt die Wohnung mit gleichmässigem Licht.
  5. Die freie Fassadengestaltung wird ermöglicht durch eine Trennung der äußeren Gestaltung von der Baustruktur.

12 in 12 – Irgendwas stimmt hier nicht

Es ist halb zehn Uhr Abends. Im Hinterhofclub La Loge im 11e Arrondissement steht gleich die französische Hipsterentdeckung Pi Ja Ma auf der Bühne. Ich stehe am Rand des Saals und schaue mir das Publikum an. Sie sehen nicht viel anders aus als in Berlin oder in London. Viele haben ein Bier in der Hand, tragen Stan Smith und vornehmlich schwarze Kleidung. Doch irgendwas ist dennoch anders. Irgendwas.

Da es bestimmt noch 20 Minuten geht, bis Pi Ja Ma ihren grossen Auftritt hat, nehme ich mal mein iPhone aus der Tasche. Es kann ja sein, dass ich eine total wichtige Nachricht verpasst habe. Nicht auszudenken, wenn ich die nicht gleich sehe…

Genau in diesem Moment geht mir ein Licht auf. Ich weiss jetzt, was hier anders ist, als überall anders. Ausser mir spielt hier niemand mit seinem Handy. Kein Einziger hat das Verlangen, mit der Aussenwelt verbunden zu sein. Kein Einziger starrt in seinen Screen und kein Einziger tippt wie wild, um allen via Instagram, Snapchat, Facebook oder Twitter zu zeigen, wie toll sein Leben ist.

Mann ist das erfrischend. Das Ganze strahlt so eine uhnheimliche Ruhe aus. Ich checke kurz, ob das alles nur daran liegt, dass hier im Saal kein guter Empfang ist. Doch nein, der Empfang ist klasse. Das Publikum verzichtet also ganz freiwillig auf das Smartphone. Dass ich das noch erleben darf… Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben.

Jetzt ist es endlich so weit. Pi Ja Ma steht auf der Bühne. Sie legt los und ist klasse. Sie singt, malt und bezirzt. Das Publikum ist begeistert und dennoch halten nicht alle wie blöd ihr Phone in die Höhe und nehmen eine Show auf, die sie bestimmt nie mehr wieder anschauen werden. Bien fait, Paris. Je vous adore.

Falls ihr Euch fragt, wer diese Pi Ja Ma eigentlich ist. Voilà:

 

12 in 12 – Das beste Baguette

Wo der Pariser sein Baguette kauft, ist eine Glaubensfrage.Sag ja nicht, dass das Baguette überall gleich schmeckt. Da versteht der Pariser absolut keinen Spass, denn für ihn gibt es da extrem grosse Unterschiede. Die Stadt Paris organisiert denn auch jedes Jahr einen Wettbewerb, bei dem das beste Baguette von Paris ausgewählt wird. Der Gewinner erhält 4000 € Preisgeld und hat die Ehre, den Präsidentenpalast für ein Jahr zu beliefern.

Folgende Kriterien sind entscheidend:

„Le goût, la cuisson, la mie, l’odeur et l’aspect“. Auf Deutsch: der Geschmack, die Backzeit, das Innere Erscheinungsbild, der Duft und das Äussere.

Die eingereichten Baguettes haben strikte Bedingungen zu erfüllen. Das Brot muss zwischen 55cm und 65cm lang sein, 250g bis 300g wiegen und darf nicht mehr als 18g Salz enthalten.

Der Gewinner 2016 hat seinen Laden gleich bei uns um die Ecke. Charles und Mickael Reydellet, ein Bäcker-Duo, das in der Bäckerei „La Parisienne“ arbeitet, hatten letztes Jahr den grossen Preis abgeräumt. Es versteht sich von selber, dass ich da gleich am ersten Tag hinmusste. Das Baguette kostet 1.20 Euro und kriegt die Balance zwischen Knusprigkeit und Saftigkeit perfekt hin.

Der Gewinner 2017, der ein weiteres Mal vom Rive Gauche kommt, hat den Sieg mit einem Baguette de Tradition davongetragen. Das ist ein Baguette ohne Zusatzstoffe und ist die Bevorzugte Variante der Pariser. Sami Bouattour aus dem 13e Arrondissement ist der grosse Gewinner.

Wenn ihr mich fragt, schmecken alle Baguettes in Paris, die von einem richtigen Bäcker und nicht von Carrefour kommen, einfach klasse. Ein kleiner Tipp: Kauft immer das “Tradition”,  Ob das Beste der Besten oder eins, das keinen Preis gewonnen hat; wenn die Pariser etwas ganz genau wissen ,dann ist es, wie ein Baguette zu schmecken hat..

Die Gewinner seit 2000

12 in 12 – Was ihr immer schon haben wolltet – Deyrolle

Ich weiss ganz genau, was ihr euch in euren geheimsten Träumen schon immer gewünscht habt. Doch ihr dachtet, dass man das nicht so einfach kaufen kann und wenn doch, das ihr Euch das nie leisten könnt. Weit gefehlt. Das mit dem leisten ist zwar so eine Sache. Doch kaufen könnt ihr euren ausgestopften Eisbären, der in Angriffsposition auf seinen Hinterbeien steht und dessen Pranken mit seinen spitzen Krallen auf Euch herabfallen, schon für schlappe 30’000 Euro und zwar bei Deyrolle in Paris.

Deyrolle ist mehr als nur ein Kuriositätenkabinett, sondern die allererste Adresse in Paris, wenn nicht gar in Europa,  wenn es um Tierpräparate geht. Seit 1831 kümmert sich die Familie um Tiere aller Art vom kleinsten Käfer über den kleinen Hasen bis him zum Nashorn, der Giraffe, dem Zebra oder eben dem von euch so geliebten Eisbären. Alles ist zu haben und zwar legal. Deyrolle rühmt sich damit, vor allem an Schulen und wissenschaftliche Institute zu liefern.

Hier müsst ihr nicht wie im Museum Abstand zum Tier halten. Hier könnt ihr Auge in Auge mit dem Eisbären verharren, könnt ihr den den Tiger ganz genau beobachten oder den Panzer des Nashorns studieren. Ganz schräg ist das ausgestopfte Schaf in dessen Bauch eine Schublade eingelassen wurde und auf dessen Kopf eine kleine Tischplatte prangt. Nachttischchen gefällig?

Zwar sind leider 2008 bei einem grossen Brand ein Grossteil der Kuriositäten den Flammen zum Opfer gefallen. Doch was Deyrolle immer noch auf Lager hat im ersten Stock seines Geschäfts ist atemberaubend. Deyrolle verspricht übrigens, dass kein Tier, dass es bei ihm zu kaufen gibt, getötet wurde, nur um es auszustopfen. Beruhigend…Wenn ihr das nächste Mal in Paris seit, dann müsst ihr undedingt zu Deyrolle. Sowas habt ihr noch nicht gesehen.

12 in 12 – Der unfreundliche Pariser

Welcome to Paris. In Paris gibt es Baguettes, Käse, Rotwein und unfreundliche Franzosen. Das zumindest ist das Klischee. Paris ist immer ganz oben auf der Liste, wenn nach der unfreundlichsten Stadt der Welt gefragt wird.

Die Franzosen können kein Englisch oder tun zumindest so.

Die Franzosen gehören zur Grande Nation und finden alle anderen sind nur Abschaum.

Die Franzosen sind arrogant.

Nur die Franzosen haben Ahnung von Essen.

Die Franzosen duschen sich nie und kennen kein Deodorant.

Ich könnte die Liste der Vorurteile wohl beliebig lang weiterführen. Doch ich lass es mal. Denn die meisten dieser Vorurteile sind völlig falsch, zumindest heutzutage.

Ja, es war wohl einmal so, dass sich die Franzosen im Restaurant über die Gäste lustig machten. Egal was man bestellte, ob in gebrochenem Französisch oder in Englisch, man war die Lachnummer schlechthin. Doch das war gestern. Irgendetwas hat sich in der Zwischenzeit geändert. Die Franzosen (und ich spreche in diesem Fall natürlich besonders von den Parisern) sind offener, internationaler, weltgewandter, freundlicher, aufgeschlossener und ja es ist tatsächlich so, freundlicher geworden. Das wird mir schon nach wenigen Tagen Paris klar. Wenn ich den Weg nicht weiss, dann steht gleich jemand bereit, der mich in die richtige Richtung schickt, wenn ich im Laden etwas nicht finde, dann ist der Verkäufer darum bemüht, mir zu helfen, wenn ich im Restaurant nicht weiss, welcher Wein zum Essen passt, dann gibt es kein abschätziges Seufzen mehr, sondern eine ausgiebige Beratung.

Warum haben sich die Pariser so geändert? Das kann nicht nur daran liegen, dass das Fremdenverkehrsamt der Region Paris 2013 zusammen mit der französischen Industrie- und Handelskammer einen sechsseitigen Ratgeber herausgegeben hat, um 30’000 Tourismusmitarbeiter im besseren Umgang mit Besuchern nach dem Motto:«Do you speak Touriste?»  zu schulen.

Ich bin Idealist und glaube, dass auch der Pariser gemerkt hat, dass wir im Endeffekt alle im selben Boot sitzen und es nicht “Frankreich gegen den Rest der Welt”, sondern “alle miteinander, solange wir uns gegenseitig gut behandeln”, heisst. Ja, ich weiss, dass das etwas Wunschdenken ist. Doch ich glaube daran. Die Anschläge in Frankreich haben dazu geführt, dass der Zusammenhalt grösser geworden ist. Zudem will man den Besuchern zeigen, dass es hier weiterhin lebenswert ist und Angst und Unfreundlichkeit keinen Platz haben. Das gilt besonders für die junge Generation. Die Pariser zwischen 20 und 30 haben etwas ansteckend fröhliches und  – ja man kann es kaum glauben – höfliches an sich. Sie freuen sich, wenn man versucht Französisch zu sprechen (das war mal ganz anders) und wenn es nicht geht, dann können sie ziemlich gut Englisch und scheuen sich auch nicht, das anzuwenden. Das macht die möglicherweise schönste Stadt der Welt so viel schöner. Ich freue mich, hier zu sein.

Ja klar, es gibt sie noch die unfreundlichen Pariser. Doch es sind weniger geworden. Ich wäre nicht überrascht, wenn Paris in den jüngsten Umfragen nicht mehr den Spitzenplatz einnehmen würde, wenn es um die unfreundlichsten Städte der Welt geht. Paris hätte es verdient.

12 in 12 – Welches ist das beste Grand-Slam-Turnier?

Geschafft. Ich habe den Grand Slam gewonnen. Hier in Roland Garros ist es mir gelungen und zwar auf dem Court No. 3. Na ja, ich weiss, ich übertreibe ein wenig. Den Grand Slam gewonnen hört sich nach mehr an, als es eigentlich ist. Genauer genommen habe ich es geschafft, alle vier Tennis-Grand-Slam-Turniere zu besuchen. Das US Open, Wimbledon, das Australian Open und Roland Garros aka das French Open. Paris hatte mir noch gefehlt. Das Turnier mit der “terre battue”, den Mini-Breaks und das Turnier, wo der Schiedsrichter nach einer Pause statt “Time” “Reprise” ruft.

Ihr wollt jetzt bestimmt wissen, welches das beste Grand-Slam-Turnier ist. Die klare Antwort darauf ist: es kommt darauf an. Da ihr ja alle grosse Freunde von Bestenlisten seid, mache ich euch eine Freude. Hier kommt eine neue Liste:

Beste Organisation: Wimbledon

Es gibt wohl niemand, der es so gut versteht, Schlange zu stehen und das Anstehen so perfekt zu organisieren, wie die Briten.

Bester Belag: Roland Garros

Da steh ich möglicherweise allein da. Doch Sand lässt so viele taktische Varianten offen wie kein anderer Belag. Mehr ein Schachspiel als primitives Draufhauen Ich  liebe die langen Ballwechsel.

Best durchgestylte Hostessen/Platzanweiser: Roland Garros

Hier gibt es für das Personal bestimmt ein Casting. Vom Balljungen über die Shopangestellten, bis zur Platzanweiserin sind alle sowas von modisch drauf.

Beste Anlage: Australian Open

Grosszügig angelegt und genügend Platz, um auch Abseits vom Geschehen zwischendurch etwas abzuschalten.

Beste Souvenirs: Roland Garros

Die Sachen von Lacoste & Co sind so richtig schön. Nur Wimbledon kann da annähernd mithalten.

Beste Unterhaltung abseits des Tenniscourts: Australian Open

Konzerte und andere Performances, mit Topstars und Openair-Feeling runden die ohnehin perfekte Veranstaltung ab und das alles umsonst.

Bester Food: Wimbledon und Australian Open

Die Strawberrys and Creme in Wimbledon sind einfach himmlisch. Insgesamt sind aber die Food Trucks in Melbourne kaum zu schlagen.

Bester Center Court: Wimbledon

Es gibt nichts Besseres als der Center Court in Wimbledon. Die Royal Box und alles drum und dran machen den Platz einzigartig.

Bester Aussenplatz: Wimbledon und Roland Garros

Kein Platz hat in der ersten Woche so viel gesetzte Spieler wie der Court No. 12 in Wimbledon. Nur der Court No. 3 in Roland Garros kommt da annähernd ran.

Bester Value: US Open, Roland Garros

Die Ground Tickets am US Open und in Roland Garros sind nur schwer zu schlagen. Für wenig Geld viel viel Action. Kleiner Tipp: Geht in der ersten Woche, wenn das Haupttableau noch breit und die Action auf den Aussenplätzen noch gross ist. Ach ja, in Roland Garros kann man den ganzen Tag auf der Anlage bleiben. Keine Night Session. That rocks!!

Bestes Wetter: Australian Open

In Melbourne ist Regen um diese Jahreszeit (Januar) ein Fremdwort.

Beste Lage: Australian Open

Die Anlage ist mitten in der Stadt und zu Fuss erreichbar.

Bester TV Announcer: US Open

Keiner ist unterhaltsamer als John McEnroe

Bestes Programm/Old School Newsletter: Roland Garros

Jeden Tag gibt es eine ganze Zeitung mit den News of the Day. Auch im Zeitalter des Internets eine willkommene Geste – und wenn es zu heiss wird kann man sich daraus einen Sonnenhut falten.

Schlechtester Court: US Open

Der Center Court in Flushing Meadows ist extrem unpersönlich und in den frühen Runden oft recht leer.

Schlechteste App: Roland Garros

Die Franzosen sind in Sachen Apps und Web noch etwas hinter dem Mond. Nehmt Euch ein Beispiel am Australian Open.

Fazit: Wie gesagt: Es kommt darauf an…

 

 

12 in 12 – Städterating New York

Der letzte Eintrag aus New York. Der Moment, die Stadt zu bewerten ist gekommen:

Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 6

Die New Yorker sind ein ehrlicher Haufen. Das bringt ihnen innerhalb der USA einen unfreundlichen Ruf ein. Das ist sicher nicht verdient, ist aber auch nicht ganz falsch. Verglichen mit dem sonnigen Gemüt der Los Angelinos sind die New Yorker ohne Frage einen Tick weniger nett.

Kulturelles Angebot: 10

Viel besser geht es nicht. Deshalb eine verdiente 10. Wem es hier langweilig wird, der ist selber schuld. Kultur en masse. Kleiner Kritikpunkt: Die Tickets am Broadway werden langsam lächerlich teuer.

Food: 8

New York war für mich mit London immer die beste Food-Stadt der Welt. Doch wenn man die Großstädte miteinander vergleicht, dann hat New York seinen Vorsprung mittlerweile aufgebraucht. Alles, was “Fine Dining” betrifft ist in New York absolute Spitze. Doch wenn es um Street Food geht, dann sind Los Angeles, Tokio, Bangkok und Mexiko City New York um Längen voraus.

Preisniveau: 4

New York ist teuer geworden, sehr teuer – fast zürichteuer…auch im nationalen Vergleich ist New York nur was fürs gut gefüllte Portemonnaie.

Öffentlicher Verkehr; 6

Die U-Bahn muss auf Vordermann gebracht werden. Zu wenige Züge, zu viele “Signaling Problems” und zu viel Geratter. Zudem währen mehr Linien zu wünschen, die Brooklyn mit Queens verbinden. Das Fahrradsystem ist zwar schön, doch auch hier herrscht im Vergleich zu Paris, London und Moskau Aufholbedarf.

Wetter/Klima: 6

Ich kenne das Klima dank fünf Jahren in New York zum Glück gut, sonst wäre das Rating noch etwas tiefer ausgefallen. Wer Jahreszeiten mag, der mag New York. Der Sommer ist heiss und feucht, der Winter kalt. Ich mag das Wetter, doch perfekt ist es sicher nicht.

Sicherheit: 8

Wie so viele Metropolen ist auch New York total sicher geworden. Das gilt nicht nur für Manhattan, sondern auch für Brooklyn und Queens. Das ist schön.

Fun/Feel-Good-Factor: 9

In New York kann man einfach ohne Plan loslaufen und spätestens an der übernächsten Ecke bleibt man hängen, da dort etwas Überraschendes passiert – eine Qualität, die nur wenige Städte haben. New York is fun!

Coolness/Kreativität: 8

New Yorker haben etwas cooles und Abgeklärtes an sich. Trotz Gentrifizierung gibt es immer noch kreative Ecken, auch wenn man dafür oft nach Brooklyn gehen muss. Sie “Supercreatives” sind in New York nicht mehr ganz so häufig zu finden, wie noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Da haben Städte wie London, Berlin und Paris New York vielleicht gar den Rang abgelaufen. Zudem ruht sich die breite Masse etwas auf dem guten Ruf aus…

Gesamtergebnis: 65 Punkte. Das ist zusammen mit Moskau Platz 4 im Zwischenklassement.

Nächster Stopp: Paris.

 

12 in 12 – Brooklyn – Ein kleiner Reiseführer

Da ihr Manhattan ja bestimmt alle schon kennt und wir ja in Prospekt Heights im wunderschönen Stadtteil Brooklyn wohnen, möchte ich gerne meine Lieblingsplätze in Brooklyn mit Euch teilen. Getraut Euch, beim nächsten Besuch in New York nach Brooklyn zu gehen, ja vielleicht dort zu wohnen. Manhattan war gestern und Brooklyn ist heute. Hier gibt es noch Authentizität, Kreativität und Überraschungen an jeder Ecke. Hierher haben es die meisten Touristen noch nicht geschafft, obschon Nachbarschaften wie Park Slope, Gowanus, Prospekt Heights, Carroll Gardens, Williamsburg, Bushwick und mit Abstrichen auch Bedford Stuyvesant (BedStuy) so wunderschön lebenswert sind. In Brooklyn ist die gesamte Musikszene zu Hause, gibt es kleine Theater überall,hat sich die kreative Gastroszene festgesetzt und buhlen kreative Boutiquen um deine Brieftasche. Ach ja und Brooklyn ist sicher. Echt. Indianerehrenwort. Doch hier erstmal die Tipps:

Olmsted

Mitten in Prospect Heights haben Küchenchef Greg Baxtrom und der Farmer Ian Rothman zusammengespannt und geben dem Schlagwort Farm to Table im Restaurant Olmsted eine neue Dimension. Kreativste Küche ohne Firlefanz zu Brooklyn-Preisen stehen in diesem absoluten “Gem” ganz hoch im Kurs.  Baxtrom war vorher bei Blue Hill und in Norwegen und das spürt man. Der “Carrot Crepe  ist mit das Beste, was ich auf dieser Reise gegessen habe. Der Name des Restaurants stammt übrigens von Herrn Olmsted, dem Designer des Central und des Prospekt Parks.

Chuko

Der Ramen bei Chuko ist der vielleicht beste außerhalb Japans. Sowas Nudelsuppe zu nennen, wäre einfach ein Frevel. Was die Jungs hier an der Venderbuilt Avenue auf den Tisch zaubern, ist einfach nur Comfort Food pur und gleichzeitig grosse Kunst.

Alta Calidad

Ein Neuankömmling in Prospekt Heights ist Alta Calidad, ein mexikanisches Restaurant von Chef Akhtar Nawab, das nicht nur einen Tick besser ist, als alle anderen mexikanischen Restaurants in New York, sondern auch einen Tick kreativer. Die Heuvos Divorciados zum Brunch sind ein Gedicht.

L’Antagoniste

Sie waren die ersten, die auf Bedford-Stuyvesant gesetzt hatten und das mit klassischer französischer Küche. Wer hätte gedacht, dass das funktioniert. Kaum war man da, kam James Beard vorbei und von da an ging es für L’Antagnoniste von Erfolg zu Erfolg. Gemütlich eingerichtet mit Austern, Hummer, Fois Gras und allem, was den französischen Gastrohimmel so schön macht.

Doughnut Plant

Best Donuts – Period. Mehr braucht ihr nicht zu wissen. Geht zu Doughnut Plant. Hier das Ding mit Coconut-Creme.

Court Pastry Shop

Den Laden gibt es schon seit es Brooklyn gibt und die Mandelkekse  (Almond Cantucci) auch. Allein diese Köstlichkeit ist die Reise zu Court Party Shop an der Court Street in Carola Gardens wert.

 

12 in 12 – Der ungewöhnliche Aufstieg der Misty Copeland

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Mit 13  wohnte Misty Copeland mit ihrer Mutter und fünf Geschwistern  in einem schäbigen Motelzimmer auf engstem Raum. Sie hatte noch nie Ballett getanzt, geschweige denn Unterricht genommen.  Das war 1995.

Fast Foward…12 Jahre später.  Misty Copeland steht in der New Yorker Oper im Lincoln Center in Don Quixote auf der Bühne, ist die allererste schwarze Prima Ballerina des American Ballet Theater und schwebt mit ihrer fragilen und dennoch selbstbewussten Grazie wie auf einer Wolke über die Bühne. Damit zieht sich mich und das gesamte Publikum von der ersten Sekunden an in ihren Bann. Als der Vorhang fällt, springe ich begeistert auf und huldige das Genie Namens Misty Copeland mit einer minutenlangen Standing Ovation. Als ich ich umsehe, bemerke ich , dass sie alle stehen. Misty Copeland ist angekommen und zwar ganz oben.

Wie kam es, dass ein Mädchen, das bis sie 13 Jahre alt war, noch nie Ballett getanzt hatte, so eine Karriere hinlegte? In einem Beruf, wo es als zu spät gilt, wenn man mit 6 Jahren in die Ballettstunde kommt, weil Andere schon mit zwei oder drei Jahren angefangen haben.

Misty wollte Kunstturnerin werden. Seit sie klein war, trainierte sie dafür wie eine Wahnsinnige. Schon damals merkte sie, dass sie den Rhythmus im Blut hatte. Schliesslich war ihre Mutter schon eine Tänzerin. Doch in San Pedro, Kalifornien, mit allen Geschwistern in einem Motelzimmer war an Kunstturnen auf hohem Niveau, geschweige denn and  Ballett im Lincoln Center in New York, nicht  zu denken.

In der Schule besuchte Misty das sogenannte Drill Team, in dem eine Art künstlerisches Exerzieren gibt wurde. Ihre Lehrerin Elisabeth Cantine fiel sofort auf, das Misty anders war, als die anderen und  schlug ihr vor, die Ballettschule ihrer Kollegin Elisabeth Kantine zu besuchen. Misty sah Ballett als Ausweg aus der hoffnungslosen Situation zu Hause und begann zu tanzen. Sie war kräftiger als alle andern Schülerinnen, ihr Füsse grösser, ihre Figur weiblicher und ihre Haut dunkler. Dennoch war sie nach kurzer Zeit Klassenbeste und stellte alle in den Schatten.

Doch dann entschied sich Misty”s Mutter in eine andere Stadt zu ziehen und die Ballettschule war zu weit weg. Sie hatte keine Zeit mehr, Misty dort hinzufahren und verbot ihr, Ballett zu tanzen. Der Traum schien ausgeträumt. Doch ihre Ballettlehrerin liess nicht locker. Misty zog bei ihr und ihrem neuen Ehemann kurzerhand ein und verklagte ihre Mutter, die verlangte, dass Misty sofort nach Hause kommen sollte. Nach jahrelangem hin- und her setzte sich Misty durch, sprach daraufhin 15 Jahre nicht mehr mit ihrer Mutter. Ihre Entschlossenheit zahlte sich aus. Im Jahr 2000 schaffte sie das Undenkbare und wurde ins  American Ballett Theater aufgenommen. 2007 avancierte sie zur Solistin und wurde 2015 als erste schwarze Tänzerin zur Prima Ballerina des American Ballett Theater ernannt.

Der Weg dahin war mehr als nur steinig.  Mittlerweile ist Misty Copeland ein Superstar, der nicht nur auf der klassischen Ballettbühne, sondern auch im der Popkultur und dem modernen Tanz eine der ganz Grossen ist. Den Erfolg hat sie verdient. Was ich an diesem Abend im Lincoln Center gespürt habe, als ich Misty Copeland in Don Quixote auf der Bühne sah, werde ich nie mehr vergessen.

Schaut euch an, was Misty kann. Erst traditionell. dann modern:

https://www.youtube.com/watch?v=PTdeXwZY_sI

P.S. Diese Mal sind die Fotos leider nicht von mir.

12 in 12 – Für immer auf Reisen?

Neun Monate bin ich nun auf Reisen. Ich kann mich noch gut an die Fragen meiner Freunde erinnern.

Wird dir da nicht irgendwann langweilig?

Ist es nicht schwierig, so lange von zu Hause weg zu sein?

Fühlt man sich in diesen Städten nicht einfach nur fremd?

Ist es zu Hause denn nicht einfach am Schönsten?

Hast Du keine Angst, dass Du danach keinen Job mehr findest?

Die Antwort auf alle diese Fragen ist ein klares NEIN.  Mir wird nicht langweilig, von zu Hause  weg zu sein macht mir nichts aus, denn ich habe mich bisher in allen Städten pudelwohl gefühlt und Angst, dass ich keinen Job mehr finde, habe ich auch nicht.

Wenn man sich immer nur darum Sorgen macht, was sein könnte, wenn alles schlecht läuft, dann macht man in seinem Leben nie was, bleibt zu Hause sitzen, sieht das Glas immer als halb leer, erweitert nie seinen Horizont, riskiert nie was und versauert. Irgendwann denkt man dann: Ach hätte ich nur…

Ich habe in diesem Jahr gelernt, dass man im Leben nur glücklich sein kann, wenn man sich nicht immer Sorgen um alles macht. Deshalb verfahre ich nach folgendem Prinzip (oder versuche es zumindest):

Ich mache mir Sorgen. Kann ich das, worüber ich mir Sorgen mache, ändern? Nein? Dann mache ich mir auch keine Sorgen.

Klar kann man nicht die Augen vor den wirklichen Problemen des Lebens verschliessen. Doch ich bin davon überzeugt, dass 90% aller Sorgen, die dann oft zu Konflikten, Streitereien, Diskussionen, Flaschen Entscheiden und Unglück führen, völlig unnötig sind.

Neun Monate – neun Städte. Drei Städte liegen noch vor mir. Ehrlich gesagt: Ich könnte nochmals 12 dranhängen und dann nochmals 12. Oder noch besser: 12 Städte in 12 Wochen; pro Stadt versteht sich. So intensiv wie auf dieser Reise habe ich noch nie gelebt. All die Eindrücke, die Begegnungen, die Erfahrungen und vor allem die Gewissheit, dass ich mich fast überall zurecht finden und wohl fühlen kann. Solange es nette Menschen gibt, bin ich zufrieden.

Doch es ist auch OK für mich, nach einem Jahr wieder nach Hause zu kommen; und damit meine ich Zürich. Ich mag es, gewisse Automatismen zu entwickeln, Vertrautheit und Geborgenheit zu spüren, bekannte Gesichter um mich zu haben und alles schon zu kennen. Mache ich mir auch ein bisschen Sorgen? fragt ihr jetzt bestimmt. Klar mach ich mir die. Wer weiss schon genau, wie man dann reagiert, wenn es so weit ist. Fragt mich in drei Monaten noch mal. Doch kann ich das jetzt ändern? Kann ich das beeinflussen?  Nein. Also, warum dann Sorgen machen?

 

 

 

12 in 12 – Wo sich wie lebt