Anfang 1883 kam der deutsche Philosoph und Philologe Friedrich Nietzsche (Gott ist tot) das erste Mal nach Nizza, wo er den 3. Teil des Zarathustra vollendete. Er blieb fünf Monate, verliebte sich in die Stadt und kam die nächsten vier Winter zurück. Nie sei er seinem Ziel, die Welt zu verändern, so nahe gekommen, wie in Nizza, soll er gesagt haben. Hier dachte er schon über Antisimetismus und die Erstarkung des Deutschnationalismus nach.
An der Rue Catherine Segurane 38, ganz in der Nähe des Hafens, mietete er ein einfaches Zimmer. Er spazierte oft durch die engen Gassen der Stadt und wanderte gerne den Chemin de Nietzsche (damals hiess er natürlich noch nicht so) von Eze Bord de Mer nach Eze Village den Berg hinauf. In der Sommerhitze ist das kein Zuckerschlecken. Doch in den Wintertagen, in denen Nietzsche hier war, kann ich mir so richtig vorstellen, wie gedankenöffnend so ein Spaziergang den steilen Bergweg hinauf gewesen sein dürfte.
Nietzsche widmete sich in Nizza seiner Lieblingsfrage und zwar der Frage des Werts von moralischen Systemen. Oft wird er als der Atheist und Nihilist schlechthin bezeichnet.Das wird allerdings von einigen seiner Kenner vehement bestritten. Doch genug über Nietzsche.
Warum erzähle ich das überhaupt? Was ist die Relevanz dieser kleinen Anekdote und gibt es etwa Parallelen zu meiner eigenen Reise?
Auch ich habe Nizza, wie Nietzsche, ins Herz geschlossen. Seit über zehn Jahren besuche ich die Stadt an der Côte d’Azur mehrere Male im Jahr (take that Mr. Nietzsche). Zwar wurde hier noch kein Weg nach mir benannt und wird das auch nie geschehen. Doch egal. Die Stadt strahlt so eine beruhigende Ruhe aus, die mir gut tut. OK, Nietzsche hat gesagt, dass er nirgends so nahe dran war, die Welt zu verändern, wie in Nizza. Da kann ich nicht mithalten. Doch immerhin kann ich von mir und meiner Beziehung zu Nizza behaupten, dass ich nirgends so nahe dran war, mich selber zu finden, wie in Nizza. Das ist doch auch schon mal was, oder?