12 in 12 – Wir lassen uns das nicht länger gefallen

Wir wohnen mitten in Kreuzberg und zwar Kreuzberg 36, dem wohl verrufensten und gleichzeitig angesagtesten Kiez in ganz Deutschland. Hier gibt es die kreativsten Restaurants und coolsten Läden der Stadt, gleichzeitig aber auch Bewohner, die sich nichts gefallen lassen und für ihr Recht kämpfen.

Randgruppen aller Art sind hier zu Hause. Demonstriert wird gegen Alles und Jedes und das mit vollem Einsatz. Als hier in der Nähe vor rund einer Woche der Kiezladen Friedel 54 von 500 Polizisten gestürmt wurde, war aber auch für die bis zuletzt ausharrenden Ladenbsitzer (oder waren es Besetzer?) nicht mehr viel auszurichten. Die Räumung war gesetzlich beschlossen und das war (zumindest vorerst) das Ende des Kiezladens.

Wie der Mix aus Interessen, Rassen und Meinungen in Kreuzberg entstanden ist, darauf gehe ich ein anderes Mal ein. Doch auf jeden Fall ist Kreuzberg ein einmaliges Quartier. Hipster und Hippies, Türken und Deutsche, Linke und Konservative, LGBT und Macker – alle leben hier Tür an Tür.

Leben und leben lassen ist das Motto in Kreuzberg. Das ist erfrischend und das habe ich in diesem Ausmass noch nirgends so gesehen. Den schlechten Ruf der ewig angetrunkenen Randalemacher hat Kreuzberg nicht verdient, auch wenn hier und da mal etwas über die Stränge geschlagen wird.

30 Jahre ist es her, seit die Randale am 1. Mai ausser Kontrolle geraten war. Damals hatten sich am Lausitzer Platz linke Autonome spontan versammelt und es kam zu blutigen Strassenschlachten gegen die Polizei – eine der härtesten in der Geschichte Deutschlands. 36 geplünderte Geschäfte, 35 Brände, Hunderte Verletzte.

Seither ist es verhältnismässig ruhig geworden am 1. Mai. Dazu hat auch das friedliche “Mayfest as Myfest”, organisiert von Friedensstiftern aus dem Kiez, von Geschäftsleuten und Bürgerinitiativen, beigetragen.

Ehrlich gesagt bin ich dennoch froh, dass wir am 1. Mai nicht hier waren, auch wenn das alles dies Mal äusserst friedlich verlaufen sein soll. Man soll das Schicksal ja auch nicht herausfordern.

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