12 in 12 – Schnauze Berliner Schnauze

“Wenn Du nicht gleich los fährst, dann hau ich dir eine in die Fresse!” Keine zwei Sekunden war es grün an der Ampel – keine zwei Sekunden und schon drängelt sich der Fahrradfahrer hinter mir an mir vorbei, touchiert mich dabei und schreit mich an wie ein Bekloppter.

Kein Einzelfall in Berlin. Von den Einheimischen wird das immer verniedlichend mit der Berliner Schnauze gerechtfertigt. Man sei hier eben direkt und “no bullshit” und so. Daran müsse man sich gewöhnen. Naja, “dann hau ich dir einn in die Fresse” find ich gar nicht so niedlich und Charme hat das überhaupt keinen.

Anderer Tag, andere Situation. Ich bin im Kaufhaus des Westens, dem Luxus-Shoppingtempel Berlins am Kuhdamm schlechthin. In der wunderschönen Lebensmittelabteilung will ich mir was zu trinken kaufen. Gleich neben der Flasche Mezzo Mix, die ich mir schnappen will, steht ein Angestellter, der gerade das Regal auffüllt. Er rollt erstmal mit den Augen, als ich versuche, mir die Flasche zu nehmen und brummt sich etwas äusserst unfreundliches in den Bart. Wie konnte ich nur wagen, ihn beim Einräumen des Regals zu stören? So eine Unverfrorenheit von mir. Ich bin ja hier nur der Kunde und er arbeitet nicht bei Aldi, sondern im Vorzeigetempel Berlins, dem Kaufhaus des Westens. Am liebsten hätte er mir wohl auch eine in die Fresse gehauen.

Und weil alle guten Dinge drei sind, hier noch ein Beispiel der ach so entzückenden Berliner Schnauze. Ort des Geschehens: Der Supermarkt. Problem: Ich frage, wo denn die Cola steht. “Dahinten” sagt der Verkäufer total genervt. Na das ist ja eine genaue Angabe. Ich nehme doch an, dass es dahinten ist, wenn ich an der Kasse frage, und es sozusagen nur dahinten gibt. Ich gehe nach rechts und werde sofort gestoppt. “Na wie doof biste eigentlich. Nicht rechts, sondern links du Arsch.” Na klar. Berliner Schnauze. Das ist alles nicht so gemeint, sondern gehört zum Charakter.

In allen zehn bisherigen Städten von 12 in 12 zusammen habe ich nicht so aggressive Reaktionen erlebt. Auch nicht in den notorisch als unfreundlich bekannten Städten wie New York und Paris. Was ist denn bloss los, ihr Berliner?

Ja, OK. Jetzt hab ich mir meinen Frust von der Seele geschrieben und muss der Gerechtigkeit halber auch noch sagen, dass die Leute hier auch sehr nett sein können. Die grosse Mehrheit ist total freundlich und nimmt sich im Zeit für dich. Doch einige haben es nicht verstanden, dass wir hier alle zusammen leben und Aggression nicht der Weg ist, durch den Tag zu gehen und die Berliner Schnauze keine Entschuldigung für ungehobeltes Benehmen ist.

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