Scharfschützen auf den Dächern, Secret Service Agenten überall und ein ganzer Haufen geladene Gäste aus der Pariser High Society. Ich stehe mitten im Innenhof des Elysée Palastes und wundere mich, wie ich nur hierher gekommen bin.
Im Prinzip wollte ich mir ja nur kurz von aussen anschauen, wie der französische Präsident Emmanuel Macron und seine Gattin Brigitte an der Rue du Faubourg Saint-Honoré im Elysée-Palast wohnen. Schon nur vor die Tore des Palastes zu kommen, ist ein Spiessrutenlauf um unzählige Sicherheitsschranken und Absperrungen. Immer wieder muss ich meine Einkaufstüte vorzeigen und werde von bewaffneten Polizisten kontrolliert.
Doch dann stehe ich plötzlich und unverhofft auf der gegenüberliegenden Strassenseite der Residenz. Rüber kann ich nicht. Dafür sorgen weitere Absperrungen und zwei Polizisten. Na, macht ja auch nichts. Ist ja von hier aus schon sehr beeindruckend. Schnell ein Photo gemacht und dann weiter. Aus der Gegenrichtung kommt eine Schulklasse, die direkt auf den Polizisten zusteuert. Der öffnet die Absperrung. Die Klasse geht durch. Ich werfe dem Polizisten einen erstaunten Blick zu. “Allez-y” sagt der und winkt mich durch.
Was war das denn? Plötzlich stehe ich vor dem grossen Tor des Palastes. Eine weitere Sicherheitskontrolle steht mir bevor. Ich habe weder eine Einladung, noch sonst was. Wenigstens habe ich meine Identitätskarte dabei. Jetzt komme ich dran. Keinen Ausweis wollen die bis an die Zähne bewaffneten Polizisten sehen. Nur meine Flasche Wasser schauen sie interessiert an und werfen sie in ein Testgerät. Keine Bombe. Glück gehabt. “Guten Abend und viel Spass” sagt der Gendarme und drin bin ich.
Im Innenhof spielt ein Orchester. Dutzende von Fernsehkamera sind aufgestellt. Die Stimmung ist festlich. Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht. Mittlerweile stehe ich direkt vor dem Eingang des Palsates. Überall Secret Service Agenten. Auf den Dächern des gegenüber liegenden Hauses kann ich Scharfschützen sehen. Was wird denn hier gespielt?
Kommt etwa Emmanuel Macron bald höchstpersönlich aus dem Haus? Kann doch nicht sein. Mal abwarten. Ich komme mir vor, wie in einem James-Bond-Film. Inmitten der Pariser Elite stehe ich und das in einem weissen T-Shirt, kurzer Hose und Sandalen. Wie schräg. Gleich tritt ein kolumbianisches Jugendorchester auf. Sollte hier etwa der kolumbianische Präsident zum Staatsbesuch erwartet werden?
“Da ist Brigitte” schreit die Dame neben mir ganz entzückt. Tatsächlich. Brigitte Macron, die Gattin des Präsidenten, die nicht zuletzt wegen ihres grossen Altersunterschieds zu ihrem Emmanuel in aller Munde ist, steht in einem schwarzen Kleid vor dem Eingang des Elysée. Sie begrüsst die Gäste und steht einen halben Meter vor mir. Jetzt kommt auch Emmanuel. Die grosse neue Hoffnung Europas sieht unglaublich jung aus. Fast wie ein kleiner Schuljunge. Doch genau das macht ihn wohl so sympathisch.
Seine Frau und er gehen zum Eingang des Palastes und holen Juan Manuel Santos, den kolumbianischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger samt Gattin ab. Sie hören sich das Orchester an, schwatzen, bleiben stehen, reden mit den Gästen und das alles bei 36 Grad im Schatten. Brigitte und Emmanuel sind ein schönes Paar. Frankreich kann sich glücklich schätzen. Ich finde es toll, dass sie 24 Jahre älter ist als er. Die Frau an seiner Seite verleiht dem jugendlich wirkenden Politiker Macron die Reife und Erfahrung, die ihm fehlt. Gleichzeitig lässt sie den ewigen Musterschüler wie einen Rebellen wirken, der keine Angst hat, Konventionen zu brechen. Bravo.
Doch halt, ich schweife ab. Die Ehrengäste sind mittlerweile auch da. Die Sicherheitsagenten in ihren grauen Anzügen schwitzen, was das Zeug hält. Das Bankett ist angerichtet. Brigitte schüttelt Hände und streckt ihre Hand auch in meine Richtung. “Bonsoir” sage ich und sowas wie “bien fait” oder so. Keine Ahnung mehr, ehrlich gesagt. Dann ist der Spuk vorbei. Ich trete wieder auf die Strasse und kann immer noch nicht fassen, was gerade passiert ist.
Ein ganz gewöhnlicher Tag in Paris.