Von mir gibt es eine Fotoserie, wie ich als Baby auf dem “Töpfchen” sitze und so tue, als ob ich eine grosse Rede schwinge. Damals muss ich mich in dem Moment wie ein kleiner König gefühlt haben.
In Japan bin ich jeden Tag ein König, wenn ich aufs “Töpfchen” gehe. Wie so vieles im Land der aufgehenden Sonne ist auch die Toilette perfektioniert. Das fängt damit an, dass der Klodeckel automatisch nach oben klappt, sobald man sich der Toilette nähert. Der Sitz ist bereits vorgeheizt. Besonders an kalten Wintertagen ist das willkommen. Alles ist supersauber. Meist spielt beruhigende Musik, die einen so richtig entspannen lässt.
Wer zum ersten Mal eine japanische Toilette besucht, ist total überfordert. Schwer zu verstehende Zeichen und dutzende von Knöpfen weisen darauf hin, was das Klo alles kann. Man hat Angst überhaupt einen Knopf zu drücken. Doch wenn man sich etwas Zeit nimmt, dann wird schnell klar, wie es funktioniert.
Wer das Geschäft verrichtet hat, der greift nicht zum WC-Papier, sondern drückt auf den Knopf, der einen sanften Wasserstrahl auslöst, der alles fein säuberlich und automatisch putzt. Die Stärke wird individuell angepasst und die Temperatur ist genau die Richtige. Japanische Forscher haben herausgefunden, dass die bevorzugte Strahltemperatur knapp über der Körpertemperatur liegt – etwa bei 38 °C. Die Düsenposition lässt sich ebenfalls manuell ändern. Spitzenmodelle bieten sogar vibrierende und pulsierende Wasserstrahlen, die nach Angaben der Hersteller gegen Verstopfung und Hämorrhoiden wirksam sein sollen. Die neuesten Typen können sogar Seife in den Wasserstrahl mischen, um bessere Reinigungsergebnisse zu erreichen. Eine andere weitverbreitete Funktion ist das Warmluftgebläse, meist zwischen 40 und 60 °C variierbar, um die mit dem Wasserstrahl gereinigten Körperregionen zu trocknen.
Zum Schluss wird das ganze WC automatisch geputzt und desinfiziert. Auch der Geruch verschwindet einfach so und völlig magisch. Topmodelle sind gar in der Lage, den Stuhl und Urin zu analysieren und vor sich anbahnenden Krankheiten zu warnen.
Ich hatte solche Toiletten zwar auch schon mal gesehen, doch ich dachte immer, das wäre nur ein Gimmick, den kaum ein Japaner wirklich benutzt. Doch eine Statistik zeigt, dass 78% der Japaner so ein Ding zu Hause haben. In Restaurants und öffentlichen Toiletten sind die Alleskönner sogar die absolute Regel.
Mit den Toiletten ist es mit so vielem im Leben. So lange man es nicht kennt, vermisst man es auch nicht. Doch wenn man es einmal erlebt hat, dann kann man nur schwer zurück – oder könnt ihr Euch vorstellen ohne Internet, Geschirrspüler oder, um eine extremes Beispiel zu wählen, Strom zu leben?
Und noch was. In Japan begann das Zeitalter der High-Tech-Klos im 1980 mit der Einführung der Washlet G-Serie durch Toto. Das Washlet basierte ursprünglich auf einer Erfindung des Schweizers Hans Maurer, der 1957 das Dusch-WC unter dem Namen Closomat erfand und im europäischen Markt ohne grossen Erfolg einführte.
Ach ja und einen Vorteil hab ich fast vergessen. Einen Vorteil, der viele Beziehungskrisen verhindert und für Harmonie sorgt. Der WC-Deckel schliess am Ende des Besuchs automatisch!