12 in 12 – Das Leben auf dem Spielfeld lassen

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Das alte Olympiastadion in Mexico City bebt. Immer wieder dieser Gesang: “GOOOOOOYA, GOOOOOOYA, CACHUN CACHUN RARA, CACHUN CACHUN RARA, GOOOOOOYA UNIVERSIDAD¡¡¡¡” Unverkennbar. Hier spielen die Unam Pumas, das Team der Universidad Nacional Autónoma de México.

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Mir läuft ein kalter Schauer den Rücken runter. Richtiges Gänsehautfeeling. Ich habe schon viele Fussballspiele gesehen, manche würden gar sagen, zu viele. Doch das hier ist etwas ganz Besonderes. Hört Euch an, wie der Schlachtruf durchs Stadion hallt:

Fussball ist in Mexiko eine Religion, genauso wie in Brasilien und Argentinien. Hier in Mexiko City ist man entweder ein Puma oder ein America. Die beiden erfolgreichsten Clubs der Stadt sind Erzrivalen. Geht es nach den Puma-Fans, mit denen ich spreche, ist Club America der Teufel. Der Verein gehört dem mächtigen Medienkonzern Televisa, der auch das legendäre Aztekenstadion besitzt. Jedes Jahr werden teure Spieler, vor allem aus Brasilien verpflichtet.  “So wollen wir nicht sein”, sagt Miguel, der eine Reihe vor mir sitzt. “Da gewinne ich lieber ein oder zwei Meisterschaften weniger.” Die Pumas haben keinen Financier, sondern werden von der grössten Universität Lateinamerikas unterstützt. Das wird auch so bleiben.

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Zurück zum Spiel. Unam spielt übrigens gegen die Monarchas und liegt 0:1 zurück. Doch das ist Nebensache. Die Sonne scheint, die Stimmung ist ausgelassen und überall rasen Verkäufer rum, die irgend was interessantes anbieten. Eine Kugel Eis mit Chili, Cueritos (eingelegte Schweineschwarte mit Limettensaft), scharfe Geflügelsuppe, mit viel Schlagsahne gefülltes Gebäck, frische Tacos, Tortilla-Chips mit Salsa Verde, und natürlich Bier.

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Hier werden immer gleich zwei Corona-Flaschen gleichzeitig in den Becher geleert. Ich genehmige mir auch ein bzw. zwei Coronas. Jetzt macht das Spiel gleich noch ein bisschen mehr Spass. Dann wieder dieser Gesang:

“GOOOOOOYA, GOOOOOOYA, CACHUN CACHUN RARA, CACHUN CACHUN RARA, GOOOOOOOYA UNIVERSIDAD¡¡¡¡”

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Was heisst das überhaupt, frage ich meinen Sitznachbarn. Das sei kompliziert. Eine direkte Übersetzung gebe es nicht. Der Schlachtruf geht auf Luis Rodrigez zurück, der in den 40er Jahren an der Universität studierte und der beliebteste Student war. Ihm gelang es durch seinen Charme und Überzeugungskraft mit den grossen Kinos in der Stadt zu vereinbaren, dass Studenten umsonst reindurften. Das berühmteste Kino war das Goya, das Studenten bis dahin nicht mal einen Rabatt gewährt hatte…bis Luis Rodriguez kam.

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So bürgerte sich ein, dass die Studenten an grossen Veranstaltungen, Demonstrationen und Abschlussfeiern immer Goya, Goya riefen. Über die Jahre kamen immer mehr Worte dazu, die gemäss meinem Sitznachbarn nicht wirklich etwas bedeuten. Doch gemeint sei, dass die Spieler ihr Leben auf dem Spielfeld lassen und mit allem was sie haben für den Sieg der Pumas kämpfen sollen. Nicht schlecht… Beim der nächsten Gelegenheit  stimme ich lautstark in den Gesang mit ein. Es ist einfach ansteckend.

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Das Spiel geht vor rund 60 000 Zuschauern übrigens trotz hoher Überlegenheit der Pumas 1:1 aus. Unam beendet die Saison auf Platz sieben und steht in den Play-Offs. Wer da gewinnt, ist noch völlig offen. “Solange es nicht America ist, ist mir egal wer gewinnt” sagt Miguel.

Ich hatte Spass von der ersten bis zur letzten Minute. Ja, ich bin jetzt auch ein Puma.

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P.S. Noch einige Fakten zu den UNAM Pumas:

Sieben Meistertitel, den Letzten 2011.

Die goldene und blaue Farbe des Trikots und des Emblems wurde in  Anlehnung an die US-Universität Notre Dame gewählt, deren Coaches damals die Organisation aufgebaut hatten.

Bei den Pumas spielten unter anderem Bernd Schuster, Hugo Sanchez, Manuel Negrete, Jorge Campos und als Trainer der legendäre Bora Milutinovic.

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